Beliebte Freizeitaktivität:Gerangel um die Kleingärten

Beliebte Freizeitaktivität: Die Sehnsucht nach einem Idyll im Grünen ist während der Pandemie bei vielen Münchnerinnen und Münchnern enorm gestiegen.

Die Sehnsucht nach einem Idyll im Grünen ist während der Pandemie bei vielen Münchnerinnen und Münchnern enorm gestiegen.

(Foto: Robert Haas)

Die Pandemie hat die Sehnsucht nach einer eigenen Parzelle derart gesteigert, dass selbst die Wartelisten inzwischen geschlossen sind. Derweil nimmt die Stadt Abstand von einer geplanten Pachterhöhung.

Von Heiner Effern

Zu Kleingärten gehören bisher traditionell auch kleine Pachten, schließlich sollten es sich alle Münchnerinnen und Münchner leisten können, eine grüne Scholle in der Stadt zu genießen. Eine drohende Erhöhung der Gebühren um gut 80 Prozent ließ den Puls der etwa 8000 Mieter in den 79 städtischen Anlagen aber zuletzt höher schlagen. Die hat sich mittlerweile erledigt, die Stadt hat diese Überlegungen wieder eingestellt.

Das heißt aber nicht, dass nun alle Münchner, die es sich nun weiter leisten können und dies auch wollen, eine Parzelle pachten können. Das Coronavirus hat einen regelrechten Run auf die Gartenanteile ausgelöst, der die Kleingärtner zu einem drastischen Schritt zwang.

"Wir haben die Wartelisten geschlossen", sagt Friedrich Pils, Vorsitzender des Kleingartenverbands München. Mit der Pandemie sei die Zahl der Anfragen nochmals massiv gestiegen, man habe den vielen Interessenten keine realistische Perspektive auf einen Zuschlag mehr bieten können.

Schon jetzt müssen diejenigen, die es als Fördermitglieder des Verbands auf die Warteliste geschafft haben, viel Durchhaltevermögen beweisen: Vier bis sechs Jahre dauert es laut Verbandschef Pils, bis ein Parzelle frei wird. Dafür bleibt das grüne Vergnügen günstig. 42 Cent zahlen die Kleingärtner pro Quadratmeter im Jahr, dazu 10 Cent für die Unkosten drumherum. Das macht zum Beispiel bei einer durchaus üblichen Parzellengröße von 250 Quadratmeter etwa 130 Euro.

Eine geplante Gebührenerhöhung? Die CSU wirft der SPD "Taschenspielertricks" vor

"Geschockt" ist man laut Kleingärtner-Chef Pils deshalb gewesen, als das zuständige Kommunalreferat an den Verband herangetreten sei, um eine allmähliche Erhöhung auf 76 Cent bis zum Jahr 2024 anzukündigen. Pils nutzte seinen "guten Draht" zu Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), der umgehend öffentlich Partei ergriff.

"Kleingärten gehören zu München, sie sind wichtig, weil sie vielen Menschen, die sich in München keinen eigenen Garten leisten können, die Möglichkeit geben, mit hohem Engagement eine städtische Grünoase zu bewirtschaften", erklärte er. Eine Erhöhung der Pacht sei nicht sinnvoll, die SPD-Fraktion und auch er selbst würden sich dagegen aussprechen.

Das mussten sie letztlich aber nicht mehr tun. Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU) betont, dass sie die auf "Arbeitsebene" angekündigte Erhöhung "explizit" nur abstrakt und ohne konkrete Zahlen in die Haushaltsplanung für 2022 aufgenommen habe. Der Vorstoß ihres Hauses sei ja ohnehin nur auf Anweisung der grün-roten Koalition erfolgt.

Sie zitiert dazu die Aufforderung des Stadtrats an die Referate aus dem Sommer 2021, "eine signifikante Erhöhung bei den Einzahlungen anzustreben und zu prüfen, welche Einzahlungserhöhungen in welchen Bereichen möglich [...] sind". Hintergrund war die zu diesem Zeitpunkt noch als dramatisch eingestufte Haushaltslage der Stadt, die sich zum Jahresende hin aber deutlich verbessert hatte.

Kein Mensch habe deshalb Anfang 2022 noch die Pacht erhöhen wollen, sagte CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl. Die SPD und Reiter hätten sich eines "Taschenspielertricks" bedient, um trotzdem öffentlich zu glänzen. "Sie zünden ein Feuer an, löschen es - und lassen sich als Feuerwehrmann feiern." Den Kleingärtnern wird es am Ende egal sein, die Pacht bleibt, wie sie war.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusKaffee-Trend
:Espressomaschinen sind die neuen Autos

Siebträgerkaffee für zu Hause, das ist seit Jahrzehnten eine einzige steile Kurve, und zwar nach oben. Warum der Trend zum exquisiten Heimkaffee ungebrochen ist.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: