Klärwerk Großlappen:Wo München sauber wird

Klärwerk Gut Großlappen, Freisinger Landstraße 187, Thema: Energieautarke Kläranlagen

Seit 1926 wird in dem Klärwerk das Abwasser der Stadt gereinigt.

(Foto: Florian Peljak)

Fast wie in einer Geisterstadt läuft der Betrieb in Gut Großlappen, alles funktioniert automatisch. Nun soll das Klärwerk energieeffizienter werden.

Von Kathrin Aldenhoff

Ihren Job machen sie eigentlich im Verborgenen, sagen Bernd Fuchs und Robert Schmidt. Was nicht bedeutet, dass er nicht wichtig wäre, das sagen sie gleich dazu, immerhin sichern sie die Lebensqualität in der Stadt mit sauberem Wasser und schützen die Isar. Die beiden kümmern sich darum, dass das Münchner Abwasser wieder sauber wird. Darum, dass aus grauem Wasser wieder klares wird.

Bernd Fuchs und Robert Schmidt sind Werkleiter der Münchner Stadtentwässerung, und an diesem Freitag arbeiten sie nicht im Verborgenen. Viele Besucher sind in das Klärwerk Gut Großlappen gekommen. Sie sind da, weil nach fünf Jahren Bauzeit die neue erste biologische Stufe des Klärwerks in Betrieb genommen wird. 167,5 Millionen Euro hat der Neubau gekostet, nun ist die Anlage moderner und energieeffizienter - das soll gefeiert werden.

Seit 1926 säubert die Kläranlage Gut Großlappen im Norden der Stadt das Abwasser. Seit 1989 gibt es ein zweites Klärwerk, nämlich das Gut Marienhof, zehn Kilometer nördlich der Stadtgrenze. Die größere Kläranlage ist Gut Großlappen, hier werden fast zwei Drittel der gesamten Abwassermenge der Stadt gereinigt. 17 Stunden dauert es, bis aus dem Münchner Abwasser wieder sauberes Wasser geworden ist. Stunden, in denen das Wasser zunächst über Rechen geleitet wird, durch den Sandfang und ein Vorklärbecken fließt. Das ist die mechanische Reinigung. Danach kommen die Bakterien ins Spiel - der wichtigste Teil der Abwasserreinigung.

Die Anlage der ersten biologischen Stufe mit ihren Belebungsbecken und Zwischenklärbecken war in den Jahren 1965 bis 1973 gebaut worden, sie war damit die älteste Anlage innerhalb des Klärwerks. Nach all den Jahren hatte sie bauliche Mängel, Maschinen- und Elektrotechnik mussten erneuert werden. Sie habe betriebstechnisch nicht mehr dem geforderten Stand entsprochen und auch die Energieeffizienz sei schlecht gewesen, erklären Vertreter der Münchner Stadtentwässerung. Eine Generalsanierung wurde erwogen, jedoch unter anderem aus finanziellen Gründen verworfen. Der Stadtrat genehmigte den Neubau der Anlage im April 2012.

Die Bauarbeiten begannen zwei Jahre später, im Herbst 2014. Seitdem sind sechs neue Belebungsbecken entstanden, sie sollen jene neun ersetzen, die bisher genutzt wurden. Die neuen Becken seien mit acht Metern tiefer als die alten, sagt Bauingenieur Franz Landes von der Münchner Stadtentwässerung. Dadurch bleibe der Sauerstoff, den sie zugeben, länger im Wasser. Ohne Sauerstoff könnten die Bakterien gar nicht arbeiten.

Landes zeigt die neuen Belebungsbecken, zwei von ihnen sind bereits in Betrieb, die anderen sind noch leer. Zwei Zuflussrohre sind deshalb zu sehen, eines für das Abwasser, eines für den Schlamm mit den Bakterien. Die Becken sind nach oben offen, es riecht ein wenig, aber nicht so streng, wie man das erwartet hätte bei diesen Massen an Abwasser. Das Wasser, das durch die Becken fließt, ist braun, an manchen Stellen schäumt es, das ist dort, wo sie den Sauerstoff dazugeben. Landes erklärt, dass die braune Farbe des Wassers nicht vom Schmutz komme, sondern von dem Schlamm mit den Bakterien, dem Belebtschlamm. "Unbehandeltes Abwasser ist eher grau", sagt Landes.

Etwas vereinfacht gesagt, fressen die Bakterien die Fette, Eiweiße und Kohlenhydratverbindungen aus dem Abwasser. An manchen Stellen sieht man Flocken im Wasser. Das sind die Bakterien mit dem Dreck, also das, was sich später im Zwischenklärbecken nach unten absetzen wird. Diese Flocken werden gesammelt und dann abgepumpt.

"Wir versuchen, energieautark zu werden"

Jede Sekunde fließen 3,1 Kubikmeter Abwasser in die Kläranlage Gut Großlappen, hinzu kommt das Regenwasser, das in den beiden Münchner Klärwerken zusammen mit dem Abwasser gereinigt wird. Im Jahr 2018 hat das Klärwerk Gut Großlappen 108,6 Millionen Kubikmeter Wasser gereinigt, Gut Marienhof zusätzlich knapp 60 Millionen Kubikmeter. Und natürlich blieb es bei diesen Mengen an Abwasser und Regenwasser, die gereinigt werden mussten - auch während der fünfjährigen Umbauphase der Kläranlage im Münchner Norden.

Sie hätten deshalb Provisorien geschaffen, sagt Bauingenieur Landes. Ein Teil der alten Becken sei noch in Betrieb, nach und nach würden sie durch die neuen ersetzt und abgebaut. In den vergangenen fünf Jahren haben sie den Parkplatz verlegt und wieder an der alten Stelle aufgebaut, haben einen neuen Abflusskanal neben den alten gebaut, der saniert werden muss, haben 275 Kilometer Kabel verlegt und die Leitungen von den Belebungsbecken zu den Zwischenklärbecken 15 Meter tief unter die Erde verlegt, in ein unterirdisches Pumpen- und Verteilerbauwerk.

Durch diesen 150 Meter langen Gang führt Franz Landes jetzt. Riesige Rohrleitungen ziehen sich durch das Betongewölbe, Rohre für frisches Abwasser, wie Werkleiter Robert Schmidt es genannt hat, Rohre für Rücklaufschlamm und Pumpen. Menschen sind hier keine unterwegs, die ganze Anlage werde zentral gesteuert, sagt Landes. "Im Normalbetrieb soll hier keiner drin sein." Alles funktioniere automatisch, "fast wie in einer Geisterstadt". In der Zentralwarte können sie sehen, wie viel Wasser durch jedes einzelne Rohr läuft - das machen die elektrischen Durchlaufmesser möglich.

Weil die Bakterien sich vermehren, gibt es irgendwann zu viel Schlamm in den Becken. Der wird abgezogen und weiter behandelt. Das was übrig bleibt, landet im Faulturm. Aus dem Gas, das dann entsteht, wird Strom erzeugt. "Wir versuchen, energieautark zu werden", sagt Werkleiter Robert Schmidt. Das gelinge noch nicht ganz, aber bereits zu 80 Prozent.

Die neuen Belebungsbecken sollen dazu beitragen, dass das Klärwerk energieeffizienter arbeitet. Die Münchner Stadtentwässerung rechnet damit, jedes Jahr etwa 6,5 Millionen Kilowattstunden Energie einzusparen - rund zwölf Prozent des Gesamtverbrauchs des Klärwerks.

Das Wasser landet nach der ersten biologischen Stufe noch in einer zweiten. Danach durchläuft das Wasser den Sandfilter und dann, nach 17 Stunden, wird es als gereinigtes Abwasser in den Mittleren Isarkanal geleitet.

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