Süddeutsche Zeitung

Betreuungsplätze:Was Kinder und Eltern brauchen

Im Kita-Finder soll es künftig nicht nur um die Arbeitszeiten von Müttern und Vätern gehen, sondern auch um Bedürfnisse und Wünsche der Familien. Und die E-Mails der Stadt zur Platzvergabe sollen verständlicher werden.

Von Kathrin Aldenhoff

Besonders beliebt ist er bei den Münchner Eltern nicht, der Kita-Finder. Dabei soll die Online-Plattform seit 2014 die Vergabe der Betreuungsplätze in München bündeln und so vereinfachen. SPD und Grüne haben nun einen Antrag gestellt, um den Kita-Finder zu verbessern. In Zukunft sollen bei der Platzvergabe individuelle Familiensituationen besser berücksichtigt werden. "Unser Ziel ist klar: Immer mehr Familien sollen den Kitaplatz bekommen, der am besten zu ihnen passt", sagt Lena Odell, die kinder- und jugendpolitische Sprecherin der SPD/Volt-Fraktion. Den Kita-Finder zu verbessern, ist auch ein Punkt im Koalitionsvertrag.

SPD und Grüne formulieren drei Änderungswünsche: In Zukunft soll nicht mehr nur die Arbeitszeit der Eltern bestimmen, welche Familie dringend einen Kitaplatz braucht; auch individuelle Gründe wie lange Fahrtwege, alleinerziehend zu sein oder Schichtarbeit sollen in Zukunft berücksichtigt werden. Die E-Mails, die Eltern im Laufe des Vergabeprozesses bekommen, sollen besser verständlich sein. Und in Zukunft sollen Eltern nicht mehr nur eine, sondern drei Wunscheinrichtungen angeben können.

Dass Eltern überhaupt eine Wunsch-Kita angeben können, war für das vergangene Kindergartenjahr neu. Die Leiterin der Stabstelle Strategie und Grundsatz im Bereich Kita der Stadt hatte der SZ im Sommer gesagt, der Vergabeprozess sei so gut gelaufen wie noch nie. Auch weil die Vergabe mit den Wunsch-Kitas gut geklappt hat. Geht es nach den Wünschen von SPD und Grünen, werden Eltern in Zukunft auch die zweite und dritte Wahl direkt bei der Anmeldung im Kita-Finder angeben können. "Für die Kitas macht es das einfacher", sagt Lena Odell. "Sie wissen dann, welche Eltern wirklich zu ihnen wollen."

Bislang haben die Eltern die besten Chancen, die beide in Vollzeit arbeiten

Etwas komplizierter ist es mit der individuellen Situation der Familien. Bisher haben jene Familien eine hohe Dringlichkeit bei der Platzvergabe, in denen beide Elternteile in Vollzeit arbeiten. Wenn jemand nicht Vollzeit arbeiten kann, weil er Angehörige pflegt, alleinerziehend ist oder besonders lange Fahrtwege hat, wird das nicht berücksichtigt. Diese Familien haben deshalb eine niedrigere Dringlichkeit bei der Platzvergabe. Das soll sich nun ändern.

"Es geht darum, die Faktoren zu berücksichtigen, die Familien jenseits von der Erwerbstätigkeit zeitlich binden", sagt Lena Odell. Sie könne sich vorstellen, dass Familien bei der Anmeldung im Kita-Finder diese Extra-Stunden angeben. "Wir müssen als Gesellschaft aufhören, nur Erwerbsarbeit als Arbeit zu sehen." Damit sich das ändert, werde das Referat für Bildung und Sport prüfen, wo im Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz Spielraum dafür ist.

Nötig ist das alles, weil es in München immer noch zu wenige Kitaplätze gibt - auch wenn die Zahl der Betreuungsplätze steigt. In München gibt es rund 1450 Häuser, zum Oktober vergangenen Jahres gab es für unter Dreijährige 23 850 Betreuungsplätze, der Versorgungsgrad bei den Ein- bis Dreijährigen lag bei 68 Prozent. Für die Drei- bis Sechsjährigen gab es zum gleichen Stichtag insgesamt 47 750 Betreuungsplätze, der Versorgungsgrad lag bei 94 Prozent. Ein Problem beim Ausbau der Betreuungsplätze ist der Fachkräftemangel in den Kitas.

Stichtag ist der 16. März

Ein dritter Änderungswunsch von Grünen und SPD: Die schriftliche Kommunikation im Laufe des Vergabeprozesses soll kritisch überprüft werden, so heißt es im Antrag. Die Eltern erhielten viele E-Mails, sagt Lena Odell. Manche seien so formuliert, dass sie für Unruhe sorgten: zum Beispiel wenn da steht, dass die erste Runde der Platzvergabe abgeschlossen ist, die Eltern für ihr Kind aber keinen Kitaplatz bekommen haben. "Das jagt vielen Eltern einen Schrecken ein", sagt Lena Odell. "Uns ist es wichtig, dass in dieser E-Mail klar wird, dass noch nicht alle Plätze vergeben sind."

Stichtag für die erste Vergaberunde im Kita-Finder für das kommende Kindergartenjahr 2022/2023 ist der 16. März. Bis dahin müssen Eltern ihre Kinder auf der Online-Plattform angemeldet haben, wenn sie in der ersten Runde bei der Vergabe eines Betreuungsplatzes berücksichtigt werden möchten. Weil die Anmeldungen für das kommende Kindergartenjahr schon laufen, sei es vermutlich schwierig, die Änderungen zum Beispiel zu den Wunsch-Kitas dieses Jahr umzusetzen, sagt Odell. In Kraft treten könnte die Änderung für das Kindergartenjahr 2023/2024. Nun prüft aber erst einmal das Bildungsreferat den Antrag.

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