Kita-Statistik für München:"Die größte Katastrophe ist, wenn eine Erzieherin allein in einer Gruppe ist"

Kita-Statistik für München: Die oft so begehrten freien Kitaplätze können nicht komplett besetzt werden, weil Personal fehlt.

Die oft so begehrten freien Kitaplätze können nicht komplett besetzt werden, weil Personal fehlt.

(Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Gut jede vierte Betreuungseinrichtung in der Stadt kann nicht so viele Kinder aufnehmen, wie sie Plätze hat - weil Hunderte Erzieher und Erzieherinnen fehlen. Helfen könnten Quereinsteiger, doch das ist nicht so einfach.

Von Kathrin Aldenhoff

Die Zahl der Betreuungsplätze in München steigt, das zeigt die aktuelle Kita-Statistik der Stadt, die am Dienstag im Kinder- und Jugendhilfeausschuss vorgestellt wurde. Sie zeigt aber auch: Der Personalmangel in den Kitas hat sich noch einmal verschärft. Mehr als jede vierte Münchner Kita, nämlich 27,1 Prozent, konnte nicht so viele Kinder aufnehmen, wie sie eigentlich Plätze hat - weil Erzieherinnen fehlen. Im vergangenen Jahr lag der Anteil noch bei 25,1 Prozent der Einrichtungen. Allein in den städtischen Kitas fehlen derzeit 411 Erzieherinnen. Freie Träger sprechen sich unter anderem dafür aus, ausländische Bildungsabschlüsse einfacher anzuerkennen.

"Wir brauchen mehr Quereinsteiger in den Kitas, ausländische Bildungsabschlüsse müssen noch kulanter anerkannt werden. Und wir müssen die Möglichkeit bekommen, Personal einzustellen und währenddessen weiter zu qualifizieren", sagt Günther Hanel, Vorstandsmitglied des Dachverbands DBTK für private Kitas. Noch gebe es zu viele Regularien, die beim Einstellen von Personal einschränken. Werden die Vorgaben nicht eingehalten, droht der Verlust von Fördergeld. Es sei wichtig, die Qualität der Kitas zu sichern, sagt Hanel, aber das sei nur mit mehr Personal möglich. "Die größte Katastrophe ist, wenn eine Erzieherin allein in einer Gruppe ist." Dann bekämen die Kinder nicht die Förderung, die sie brauchten, und die Erzieherin werde sich über kurz oder lang einen neuen Job suchen.

Eine Grenze zieht Christian Müller, Fachbereichsleiter für die Kitas der Caritas München und Stadtrat der SPD, bei den Deutschkenntnissen. "Eine wesentliche Voraussetzung für neue Fachkräfte ist das sprachliche Niveau", sagt er. Eine Möglichkeit, Fachkräfte in den Kitas zu entlasten, wäre seiner Ansicht nach der Einsatz von Hilfskräften, die zum Beispiel Essen ausgeben, Kinder auf die Toilette begleiten oder ihnen beim Anziehen der Matschhose helfen.

"Abschlüsse aus anderen Ländern müssen anerkannt werden."

Dann gibt es aber auch Fälle wie jenen von der ungarischen Hochschullehrerin: Sie spreche perfekt Deutsch und habe während der Lockdowns als einzige Pädagogin einer Einrichtung mit den Kindern zu Hause Kontakt gehalten, berichtet Chris Hollmann vom Gemeinsamen Kindergartenbeirat der Stadt. Sie habe sich Dinge einfallen lassen, um die Kinder zu beschäftigen und zu fördern. Bezahlt werde sie aber nicht als Erzieherin, sondern als Kinderpflegerin - beim städtischen Träger ein Unterschied im Einstiegsgehalt von rund 500 Euro brutto. Dabei sei ihre Qualifikation besser als die der in Deutschland ausgebildeten Erzieher. "Fachpersonal wie diese Hochschullehrerin gilt es zu fördern. Abschlüsse aus anderen Ländern müssen anerkannt werden, damit gut ausgebildetes Fachpersonal eingestellt werden kann und alle Kinder Zugang zu einem Betreuungsplatz haben", fordert Hollmann.

Die Kita-Statistik zählt für München, Stand 1. Januar 2022, 91 955 Betreuungsplätze - das sind 2,7 Prozent mehr als bei der vergangenen Zählung im Oktober 2020. Allerdings waren zum Stichtag nur 90 Prozent der Betreuungsplätze auch belegt, vor allem weil Erzieherinnen fehlen. Der größte Anteil der Eltern buchte für Krippen- und Kindergartenkinder eine Betreuungszeit von sieben bis acht Stunden, bei Schulkindern zwischen vier und fünf Stunden.

Etwas mehr als jedes dritte Kind in den Betreuungseinrichtungen (38,2 Prozent) hat einen Migrationshintergrund. Nach der Definition des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes sind das Kinder, deren Eltern beide nicht-deutschsprachiger Herkunft sind. Der Anteil der Kinder, denen ein Vorkurs Deutsch empfohlen wird, stieg auf 5,6 Prozent. Allerdings gibt es nicht für alle diese Kinder auch einen Platz im Vorkurs. Das sei regelmäßig Thema im Austausch mit dem Staatlichen Schulamt, heißt es in der Vorlage für den Ausschuss.

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