Städtische Kita in der Isarvorstadt:Wie das Plastik ins Meer und auf den Teller kommt

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Erzieherin Stefanie Bauernschmitt bastelt mit den Kindern Wachstücher, in die man zum Beispiel das Pausenbrot einwickeln kann. (Foto: Robert Haas)

Das ist gerade ein großes Thema bei den Kindern in der Auenstraße. Sie lernen beim Basteln und im Wald

Von Jakob Wetzel

Valentin weiß bereits, was am Ende herauskommen soll. Der Fünfjährige habe im vergangenen Jahr schon mitgebastelt, erzählt Erzieherin Stefanie Bauernschmitt. Da hätten sie Wachstücher für den Weihnachtsbasar des Kindergartens hergestellt und für einen guten Zweck verkauft. Und jetzt hat Valentin keine Brotzeitbox aus Plastik dabei, sondern eine aus Metall; das Wurstbrot darin haben ihm seine Eltern in ein Wachstuch gewickelt - ein Wachstuch so wie diejenigen, die er und fünf weitere Kinder an diesem Tag im Kindergarten an der Auenstraße in der Isarvorstadt selber herstellen wollen. Die Kinder sitzen dazu im Kreis an einem Tisch, Bauernschmitt hat bunte, mit Sternen bedruckte Stofftücher ausgeteilt. Auf den Tüchern verteilen die Kinder jetzt kleine Wachskügelchen. Später werden die Tücher auf einem Backblech in den Ofen wandern. Das Projekt ist eines von mehreren, mit denen der Kindergarten die Kinder für Umweltschutz und Müllvermeidung sensibilisieren will.

Einmal die Woche würden die Kinder mit der Tram in den Wald fahren, erzählt Kita-Leiterin Bettina Schwegler. Der Kindergarten beherbergt außerdem zwei Karnickel im Garten; die Eltern können Salat- und Gemüseabfälle für die Tiere mitbringen, die Kinder sind abwechselnd zuständig für das Füttern und das Misten. Sogar während der Corona-Beschränkungen haben die Kinder Gartenabfälle für die Karnickel vorbeigebracht. Die Kita hatte dazu eine Kiste außen ans Tor gehängt.

Erst kommen Wachskügelchen auf die Stofftücher, dann kommt alles in den Backofen. (Foto: Robert Haas)

Ein großes Thema ist gerade der Plastikmüll im Meer: Den Raum, in dem die Kinder basteln, hat eine der Gruppen schon passend dekoriert. Auf den Tischen stehen Spielzeug-Piratenschiffe, von der Decke hängen aus Eierkartons gebastelte Fische und Stofftiere, die die Kinder von zu Hause mitgebracht haben: eine Robbe, ein Walfisch, mehrere Schildkröten, Clownfische und Kraken sowie ein Drache, vermutlich ein Seedrache. Plastik sei eigentlich ein toller Werkstoff, sagt Bauernschmitt den Kindern. Man könne daraus Einkaufstüten herstellen oder auch Neopren-Anzüge. Aber wenn es kaputt gehe, müsse man Plastik eben oft verbrennen - oder es lande im Meer, da fressen es dann Fische und sterben daran. Oder: "Die kleinen Fische fressen das Plastik, und die großen Fische fressen die Kleinen." Am Ende hätten dann die Menschen das Plastik auf dem Teller.

Ganz überzeugt sind die Kinder freilich noch nicht: "Wir können doch das Plastik rausholen aus den Fischen, wenn wir sie essen wollen", sagt der sechsjährige Henri - und erfährt daraufhin, dass das mit Mikroplastik nicht ganz so einfach ist. "Manche Wachstücher schwimmen auch im Meer herum!", wendet daraufhin der fünfjährige Tristan ein. Die aus der Kita aber nicht, beruhigt ihn die Erzieherin: Die könne man sogar auf den Kompost werfen. Und als die Tücher schließlich bei 80 bis 100 Grad Celsius im Backofen liegen und die Kinder durch die Tür dem Wachs beim Schmelzen zusehen, erklärt ihnen Bauernschmitt auch noch die drei Aggregatszustände fest, flüssig und gasförmig.

© SZ vom 21.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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