Kinderbetreuung in München:Private Kitas klagen gegen neues Gebühren-Modell

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Wenn die Klage Erfolg hat, könnten ohne eine städtische Förderung die Preise für die Kinderbetreuung flächendeckend in die Höhe schnellen. (Foto: Stephan Rumpf)

Die allermeisten Eltern sollen dank der städtischen Förderung von günstigen Preisen profitieren. Doch die privaten Einrichtungen fürchten die Insolvenz. Müssen nun alle mehr zahlen?

Von Kathrin Aldenhoff und Heiner Effern

Das neue Fördermodell der Stadt für die Kitas ist noch nicht gestartet, da klagen die Träger von vier privaten Münchner Einrichtungen schon dagegen. Sie versuchen mit einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht durchzusetzen, dass das sogenannte Defizitausgleichsverfahren erst gar nicht angewandt wird. Dieses soll am 1. September starten und nach Aussage der Stadt etwa 90 Prozent der Eltern günstige Gebühren in Krippen, Kindergärten und Horten garantieren. Wenn die Klage Erfolg hat, könnten ohne eine städtische Förderung die Preise für die Kinderbetreuung flächendeckend in die Höhe schnellen.

Der Stadtrat hat das neue Förderverfahren erst im Februar 2024 beschlossen, weil private Kitas das jetzige System, die Münchner Förderformel, bereits vor Gericht gekippt hatten. "Mit der Münchner Kitaförderung haben wir einen neuen Weg gefunden, den Vorgaben des Urteils gerecht zu werden und weiterhin günstige Gebühren bei hoher Betreuungsqualität zu ermöglichen", sagte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD). "Ob die neuerlichen Klagen die Situation verbessern, bezweifle ich stark." Grünen-Fraktionschef Sebastian Weisenburger sieht keinen akuten Handlungsbedarf. "Ich gehe davon aus, dass das System wie geplant am 1. September starten kann. Da muss sich niemand Gedanken machen", sagte er. Die Regierung von Oberbayern habe das System als Aufsichtsbehörde bereits genau geprüft.

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Die Reform der Kitaförderung stieß bei privaten Trägern von Anfang an auf massiven Widerstand. Sie sehen sich faktisch davon ausgeschlossen, heißt es in einer Mitteilung des Dachverbands der privaten Kitas (DBTK). Privaten Trägern, die dem neuen Fördermodell beitreten, entstehe wegen der von der Stadt gewünschten niedrigen Elternbeiträgen ein Defizit, das nur zum Teil durch die Förderung ausgeglichen werde. "Private Träger riskieren somit eine Insolvenz", kritisiert Benjamin Tajedini, Vorsitzender des DBTK. Außerdem werde der Gestaltungsspielraum in der pädagogischen Arbeit durch die Kostendeckelungen zu stark eingeschränkt. Neben der Klage im Eilverfahren laufen noch zwei weitere mit ähnlichem Inhalt. Die Kläger selbst wollen sich nicht öffentlich äußern, das übernimmt für sie ihr Dachverband.

Man werde den Sachverhalt prüfen und zur Klage Stellung nehmen, teilte Stadtschulrat Florian Kraus (Grüne) mit. Und man werde weiterhin bei den Trägern dafür werben, sich mit ihren Kitas dem neuen Fördermodell anzuschließen. Der Großteil beabsichtige dies: Rund 600 Münchner Kitas hätten in einer unverbindlichen Abfrage gegenüber dem Bildungsreferat angegeben, am neuen Fördermodell teilzunehmen, im Vergleich zu rund 625 Einrichtungen, die Teil der Münchner Förderformel waren. Insgesamt gibt es rund 1500 Kitas in München, rund 460 werden von der Stadt selbst betrieben. Die Zahlen der Kitas, die am neuen Fördermodell teilnehmen, könnten sich bis September weiter verändern, heißt es aus dem Bildungsreferat; die Stadt biete Schulungen für Träger an, um offene Fragen zu klären.

Zwei Möglichkeiten hätten die Kita-Träger nun, heißt es im Eilantrag. Entweder sie beteiligten sich von September an am neuen Fördermodell; das würde bedeuten, dass sie in ihrer inhaltlich-konzeptionellen und wirtschaftlichen Existenz massiv bedroht seien. Oder sie verzichten auf die städtische Förderung und erhöhen ihre Elternbeiträge auf etwa 1000 Euro, "um zumindest kostendeckend arbeiten zu können". Schon jetzt zeichne sich eine deutlich geringere Belegung der Betreuungsplätze ab, damit steige die Gefahr, finanzielle Verpflichtungen gegenüber Mitarbeitern und Banken nicht mehr erfüllen zu können.

Mit der Klage erhofften sich die Kita-Träger ein Umdenken der Stadtpolitik, teilt der DBTK mit. Und nennt auch gleich seine Vorschläge: Die Stadt soll die Förderung des Freistaats um einen Eigenanteil erhöhen oder einen Bildungsgutschein für alle Kinder ausgeben.

Ein Gutscheinsystem lehnt die Koalition aus Grünen/Rosa Liste und SPD/Volt ab. "Die Träger könnten die von der Stadt gezahlten Beträge einfach mitnehmen ohne jede Gegenleistung", sagte SPD-Fraktionschefin Anne Hübner. "Bildungsgutscheine bedeuten deshalb nicht, dass damit bezahlbare Gebühren für die Eltern gesichert wären." Wenn auch das neue Fördersystem scheitert, dann müsse der Freistaat endlich im Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz Verantwortung dafür übernehmen oder zumindest vernünftige Rahmenbedingungen für kommunale Zuschüsse schaffen, fordern Grüne und SPD. "Das könnte man problemlos beschließen. Die Kosten würden sich Freistaat und Kommunen auch da teilen", sagte Weisenburger.

Hinweis: Wir haben den Beitrag um die Gesamtzahl der Kitas in München und um die der städtischen Kitas ergänzt, damit die Zahlen zu den teilnehmenden Kitas besser eingeordnet werden können.

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