Immobilienmarkt:Katholische Stiftung macht Kasse mit Mietwohnungen

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Ein Renditeobjekt: der Neubaukomplex der katholischen Kirche in Neuhausen. (Foto: Catherina Hess)

Die St.-Antonius-Stiftung lässt in Neuhausen einen Neubau errichten - und verlangt dafür stattliche Mietpreise. Es handle sich eben nicht um ein karitatives Projekt, sondern um eine Investition.

Von Ulrike Steinbacher

Eine Wohnung in Neuhausen und dann noch genug Geld zum Leben? Darauf hat inzwischen nur noch Chancen, wer einen alten Mietvertrag hat - oder richtig gut verdient. Die meisten Münchner sind daran gewöhnt, dass ihre Stadt fast unbezahlbar ist. Auf Quadratmeter-Kaltmieten für einen Erstbezug jenseits der 20 Euro reagieren sie längst mit resigniertem Schulterzucken - es sei denn, der Vermieter ist die katholische Kirche.

An der Klarastraße 10 in Neuhausen, direkt neben der Kirche St. Vinzenz, lässt die katholische St.-Antonius-Stiftung einen Neubau errichten, fünf Stockwerke plus Dachgeschoss, gängige Architektur. Das Grundstück übernahm sie 2015 in Erbpacht von einem Nonnen-Orden, der Erbbauzins beträgt derzeit 413 000 Euro im Jahr. Das verwahrloste Schwesternheim aus den Sechzigerjahren wurde 2019 abgerissen. Das Hinterhaus des Neubaus soll diesen April fertig werden, das Vorderhaus im Juni. Die 50 Mietwohnungen sind laut Bautafel zwischen 45 und 130 Quadratmeter groß, 20 werden barrierefrei ausgebaut, drei rollstuhlgerecht.

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Die Kaltmieten liegen nach der Maklerliste zwischen 21,70 und 24,70 Euro pro Quadratmeter. Die teuerste Vier-Zimmer-Wohnung kommt warm auf 3250 Euro, eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit knapp 60 Quadratmetern auf 1580 Euro. Dass ein kirchlicher Träger solche Preise verlangt, hat nicht nur im Viertel Empörung ausgelöst. Die Abendzeitung, die als erste über das Thema berichtete, zitiert Volker Rastätter vom Mieterverein mit der Frage, ob kirchliche Vermieter mit einem solchen Vorgehen "ihrer sozialen Verantwortung nachkommen".

Ende 2020 betrug die Bilanzsumme der Stiftung 709 Millionen Euro

Das nimmt die 1997 errichtete St.-Antonius-Stiftung, eine der drei großen Stiftungen der Erzdiözese München und Freising, durchaus für sich in Anspruch - allerdings "streng am Satzungszweck" orientiert. Und der besteht darin, Menschen zu unterstützen, "die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes auf die Hilfe anderer angewiesen sind", erklären die Geschäftsführer Stefan Fritz und Peter Willisch. Auf anderen Handlungsfeldern könne man nicht aktiv werden, möge der Bedarf auch noch so "nachvollziehbar und dringlich" sein.

Die Stiftung fördert unter anderem die mobile Kleiderkammer und die Beratungsstelle der Caritas, Seniorenwohnen in Perlach und Forstenried, die Krankenwohnung des katholischen Männerfürsorgevereins für Wohnungslose, die Essensausgaben für Wohnungslose und andere Bedürftige in der Kirche St. Anton und der Innenstadt sowie den Neubau eines Wohnheims des Jugendsozialwerks. Vergangenes Jahr stellte sie mehr als sechs Millionen Euro bereit, 2020 waren es knapp vier Millionen gewesen. Ende 2020 betrug ihre Bilanzsumme 709 Millionen Euro.

Gemeinsam mit der Bischof-Arbeo-Stiftung, die sich um kirchliche Schulen und Bildungshäuser kümmert, und der St.-Korbinian-Stiftung, die das Gemeindeleben fördert, verwaltet die St.-Antonius-Stiftung außerdem 444 Mietwohnungen. "Aus sozialen Gründen" habe man in den vergangenen drei Jahren auf Mieterhöhungen verzichtet, erklären die Geschäftsführer. Die Miete der 31 Wohnungen mit Sozialbindung in Obergiesing betrage 7,72 Euro pro Quadratmeter. Der durchschnittliche Erbpachtzins der 520 Wohnungen im Stadtbezirk Bogenhausen, die im Erbbaurecht vergeben würden, liege unter 300 Euro im Monat.

Der Neubau gilt nicht als karitatives Projekt, sondern als Investition

Den Neubau in Neuhausen dagegen sehen die Geschäftsführer der drei Stiftungen nicht als karitatives Projekt, sondern als Investition. Man will das Stiftungsvermögen langfristig erhalten, also mindestens die Inflation ausgleichen - und Geld für den Stiftungszweck hereinholen. Drei Prozent Rendite im Jahr müsse das Haus an der Klarastraße mindestens erwirtschaften. Die Baukosten seien aber wie überall in Deutschland gestiegen - von geplanten 17 auf 22,5 Millionen Euro. Und außerdem: "Wir haben uns bei der Miethöhe an vergleichbaren Neubauprojekten im Stadtteil orientiert."

Inzwischen sind die Wohnungen auf dem Markt, ein Drittel sei bereits reserviert, berichten Fritz und Willisch. "Es handelt sich bei den Mieterinnen und Mietern im Wesentlichen um Familien mit Kindern, die innerhalb von München umziehen wollen."

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