Kritik an Kardinal Marx:"Wir sind entsetzt ob dieser Untätigkeit"

Kritik an Kardinal Marx: Kardinal Reinhard Marx wird vorgeworfen, auch nach Veröffentlichung des Missbrauchsgutachens nicht genügend zu tun.

Kardinal Reinhard Marx wird vorgeworfen, auch nach Veröffentlichung des Missbrauchsgutachens nicht genügend zu tun.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Betroffenenbeirat der Erzdiözese kritisiert, dass Kardinal Marx seit der Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens "keinerlei Aktivitäten" zur Aufarbeitung des Skandals habe erkennen lassen. Das Gremium fordert ihn auf, schnell zu handeln.

Von Bernd Kastner

Erneut wird Kardinal Reinhard Marx scharf vom Betroffenenbeirat seiner Erzdiözese kritisiert. Richard Kick, der als Betroffener von sexuellem Missbrauch dem vor einem Jahr gegründeten Beirat angehört, wirft Marx vor, dass dieser seit der Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens im Januar "keinerlei Aktivitäten" im Rahmen der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals habe erkennen lassen. "Wir als Betroffene sind entsetzt ob dieser Untätigkeit", schreibt Kick ergänzend zu einem offenen Brief an Marx.

Darin stellt Kick fest, dass man auf Basis des Gutachtens und persönlicher Akteneinsicht nun "Klarheit über das institutionelle Versagen, die Fehler und die Versäumnisse" in der Münchner Erzdiözese habe. Der Beirat fordert Marx auf, nun "aktiv, zielführend und sehr zeitnah zu handeln". Um das Leid vieler Betroffener sexualisierter Gewalt nicht weiter zu vergrößern, müsse Marx diese Menschen "endlich empathisch" wahrnehmen. Kick berichtet, dass an den Beirat Unmut herangetragen werde von Gläubigen, aus kirchlichen Gremien und von kirchlich Beschäftigten angesichts des bisherigen Agierens der Diözesanspitze bei der Missbrauchsaufarbeitung.

Kritik an Kardinal Marx: Beiratsmitglied Richard Kick wünscht sich mehr Empathie für die Betroffenen von Kardinal Marx.

Beiratsmitglied Richard Kick wünscht sich mehr Empathie für die Betroffenen von Kardinal Marx.

(Foto: Thomas Marufke)

Bereits im Januar hatte Kick Marx öffentlich heftig attackiert. Nun richtet der Beirat mehrere Forderungen an Marx, beginnend damit, dass dieser "in persönlichen Kontakt" mit Betroffenen treten solle. Zudem solle die Erzdiözese eine unabhängige Ombudsstelle einrichten als "parteiische Interessenvertretung" für Geschädigte. Marx solle auch "eine ernsthafte und angemessene" finanzielle Entschädigung veranlassen, das bisherige System mit Zahlungen bis maximal 50 000 Euro sei nicht ausreichend. "Stärken Sie den Betroffenenbeirat", lautet eine Forderung. Das Gremium benötige mehr personelle und finanzielle Mittel.

Der Beirat mit seinen vier Mitgliedern, darunter ein Priester, ist ehrenamtlich tätig. Richard Kick berichtet, dass sich seit Vorstellung des Gutachtens knapp 30 Betroffene bei ihm gemeldet hätten. Dieser Kontakt sei zeitaufwändig und belastend, gleichwohl sehr wichtig. Dafür sei mehr Unterstützung seitens der Kirche nötig.

Ein Sprecher des Ordinariats teilte mit, dass Marx den Kick-Brief bereits beantwortet habe. Marx sei der Kontakt zu Betroffenen "ein wichtiges Anliegen", er führe "immer wieder Gespräche" mit ihnen. Zur geforderten Ombudsstelle äußerte sich Marx nicht konkret, betont aber, dass es inzwischen Kooperationen der Diözese mit Fachstellen wie dem Verein Wildwasser gebe. Das bundesweite Verfahren zur Entschädigung Betroffener habe man bereits verbessert, so Marx, und den Betroffenenbeirat unterstütze die Diözese bereits "in vielfältiger Weise". Wenn mehr benötigt werde, könne man darüber sprechen.

Am 21. März werden sich Kick und Marx öffentlich begegnen. Unter dem Titel "Betroffene hören" wird Kick eine Diskussion moderieren, in der es um die zerstörerische Wirkung von Missbrauch auf den Glauben der Betroffenen gehen soll. Marx will an der Veranstaltung im Künstlerhaus am Lenbachplatz teilnehmen. Eine Anmeldung ist erforderlich, online wird die Diskussion live übertragen.

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