Stadtrat:Der Ärger nach dem Kaufhof-Aus

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Die Beschäftigten von Galeria Karstadt Kaufhof haben schon einmal vergeblich Hilfe vom österreichischen Milliardär und Galeria-Eigentümer René Benko gefordert: Als es 2020 um den Erhalt des Kaufhauses am Stachus ging, das inzwischen geschlossen wurde. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Nach den gescheiterten Verhandlungen über die Rettung des Kaufhofs am Stachus wird Kritik laut am Verhalten des Eigentümers. Direkte politische Folgen wird es für ihn aber nicht haben.

Von Heiner Effern und Sebastian Krass

Das Scheitern der Rettung des Kaufhofs am Stachus wird für die Signa-Gruppe als Eigner der Kette keine direkten politischen Folgen haben. Die ÖDP scheiterte im Stadtrat mit dem Vorstoß, dem Investor bei einer anderen Immobilie das Leben schwer zu machen. Sie wollte den Freistaat als Eigner der Alten Akademie in der Fußgängerzone dazu bewegen, den Erbbaurechtsvertrag mit der Signa-Gruppe zu kündigen und eine andere Nutzung für das Gebäude zu suchen.

SPD-Fraktionschef Christian Müller sagte am Rande der Sitzung, dass man nicht die gescheiterte Rettung eines Kaufhauses mit anderen Projekten gegenrechnen könne. Sein Kollege von der CSU, Manuel Pretzl, äußerte sich ähnlich. Natürlich seien die gescheiterten Verhandlungen eine Enttäuschung, aber diese mit anderen Investitionen zu verknüpfen, sei unredlich. Die Grünen ließen sich ihren Unmut deutlicher anmerken. Der Signa-Gruppe gehörten viele Immobilien im Zentrum, bei der Alten Akademie sei ihr die Stadt sehr entgegengekommen, sagte Fraktionschefin Anna Hanusch. Man müsse sich bei künftigen Planungen "sehr kritisch anschauen", ob der Investor auch der Stadt entgegenkomme.

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Am Dienstagabend hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bekanntgegeben, dass die Verhandlungen über eine Fortführung des Betriebs zwischen den Verantwortlichen von Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) und dem Hauptvermieter der Immobilie, Michael Zechbauer, gescheitert seien. Zechbauer erwartet nun noch diesen Monat die Kündigung des Mietvertrags, die zu Ende Oktober wirksam würde.

Zechbauer hatte einen neuen Mietvertrag mit einer um drei Viertel reduzierten Miete angeboten. Als Laufzeit schlug er zunächst ein Jahr vor, um den Beschäftigten mehr Zeit zu geben, einen neuen Job zu finden - und sich selbst wenigstens noch gewisse Mieteinnahmen zu sichern. Während der Verhandlungen, in die sich der OB eingeschaltet hatte, erhöhte er auf zweieinhalb Jahre. Doch GKK forderte vier Jahre. Die damit verbundenen Mietausfälle könne seine Familie aber nicht schultern, sagt Zechbauer.

Damit schließt GKK in München vier seiner neun Häuser: Neben dem Kaufhof am Stachus noch die Filialen am Nordbad und im Olympia-Einkaufszentrum sowie den Karstadt Sport an der Neuhauser Straße. Für letzteren hat GKK das Aus zwar noch nicht verkündet, laut OB Reiter ist es aber besiegelt. Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi hatten die vier Häuser zuletzt noch etwa 400 Beschäftigte.

Der Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz, der als Generalbevollmächtigter für GKK auftritt, hatte am Dienstagabend betont, man habe eine Verlängerung des Mietvertrags um 20 Jahre "zu einer marktgerechten, vernünftigen Miete" angeboten. Darauf sei Zechbauer nicht eingegangen. "Es ist ein Unding, uns die Schuld zuzuschieben", erklärt Zechbauer nun. "Das Angebot hätte bedeutet, dass die Miete bei fünf Euro pro Quadratmeter gelegen hätte. Das ist so weltfremd, als würde man in ein Sternerestaurant gehen und sagen, man habe nur 3,60 Euro dabei, aber wolle ein ganzes Menü." Der Marktpreis liege "bei einem Vielfachen von fünf Euro pro Quadratmeter".

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Aus Unternehmenskreisen von GKK verlautete wiederum, man könne die Zahl von fünf Euro nicht nachvollziehen. Man habe bei dem 20-Jahre-Vorschlag die höchstmögliche Miete angeboten. Mehr wäre nicht gegangen, wenn das Kaufhaus über die Dauer der Zeit profitabel hätte sein sollen. Derzeit sei das Kaufhaus "tief in den roten Zahlen und nicht wettbewerbsfähig", erklärt Geiwitz. Das, so heißt es unter der Hand, liege auch an der Mietbelastung.

Zechbauer sagt, in seinem Gebäudeteil liege die Miete unter Marktwert. Allerdings gehören Teile des Kaufhauses anderen Vermietern. Einer davon sind die Stadtwerke. OB Reiter hatte angeboten, sich bei dem städtischen Unternehmen für einen Mietverzicht in Millionenhöhe einzusetzen, aber auch das stimmte GKK nicht um.

Derweil zeichnet sich für einen Teil der Beschäftigten eine Chance ab. "Wir haben vernommen, dass 30 bis 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Versetzung in München angeboten wurde", berichtet der zuständige Verdi-Sekretär Dominik Datz.

Michael Zechbauer wird sich nun schneller als gedacht daran machen, das von seinem Großvater für Kaufhof errichtete, denkmalgeschützte Gebäude umzubauen. Klar sei, dass es künftig nicht mehr nur einen Mieter geben wird, sondern dass das Haus für verschiedene Nutzungen geplant werden müsse, so Zechbauer. Er hofft, Ende nächsten Jahres mit den Bauarbeiten beginnen zu können.

© SZ vom 23.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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