Sweet Monkeys in Pasing:Was kommt da noch im Leben? Eis!

Peter und Stephanie Kraft betreiben die Eisdiele "Sweet Monkeys" in Pasing

"Wollt ihr nicht eine Eisdiele eröffnen?", wurden Peter und Stephanie Kraft immer gefragt, wenn sie zu Grill-Partys statt Nudelsalat selbstgemachtes Eis mitbrachten.

(Foto: Catherina Hess)

Die Quereinsteiger Stephanie und Peter Kraft haben 2017 in Pasing ihre Eisdiele "Sweet Monkeys" eröffnet - und das an einem kalten Novembertag. Doch dahinter steckt ein Plan.

Von Jutta Czeguhn

Purer Zufall. Das T-Shirt habe er am Morgen einfach aus dem Schrank gezogen, wegen der Farbe, ein kräftiges korallenrot, sagt Peter Michael Kraft. Der Spruch "Reset Life" läuft ihm quer über die Brust. Zurück auf Anfang, und dann einen Kaltstart hinlegen - mit Gefrorenem. Kraft, 41, und seine Frau Stephanie, 36, haben sich keinesfalls mit einem Kopfsprung ins kalte Wasser gestürzt, als sie ihren Lebenstraum verwirklichten.

Am 10. November 2017 haben die Quereinsteiger die Eismanufaktur "Sweet Monkeys'" eröffnet. An einem grauen, ungemütlichen Tag mit Temperaturen um die sieben Grad Celsius. In einer Gegend, die man selbst in Pasing als "etwas ab vom Schuss" bezeichnen würde. Und doch, genau so wollten es die beiden haben, dem Zufall überlassen sie nämlich selten etwas.

"Viele haben uns für verrückt erklärt. Im November eine Eisdiele zu eröffnen, kann das gut gehen?" Am Ende, sagt Peter Kraft, sei es das Beste gewesen, was hätte passieren können. Gerade weil sie mit ihrem Geschäftsstart so offensichtlich außerhalb der Eissaison lagen, hatten die Krafts viel Zeit, sich peu à peu in ihr neues Metier einzuarbeiten. "Die Gerätschaften und wir konnten so ein gutes Verhältnis aufbauen", lacht Kraft und wirft einen Schulterblick zur 400 Kilogramm schweren Speiseeisvitrine.

Und auch die Nachbarn in der ruhigen Wohngegend im Pasinger Süden konnten die Neuen mit dem lustigen Namen, die "Süßen Affen", in Ruhe beschnuppern. Eisessen im Advent, das war doch mal was ganz anderes. "Hier gibt es viele Familien mit Kindern, die wir mittlerweile mit Namen kennen, so ein Verhältnis kann man nicht aufbauen, wenn der Laden voll ist."

Am Vormittag, an dem man die beiden trifft, ist der "Laden" - der helle, moderne Gastraum mit den alten Singer-Nähmaschinen als Tischsockel - noch leer. Geöffnet wird immer erst um 12 Uhr, jeden Tag außer Montag, auch an Feiertagen. Seit November hatten die beiden keinen richtigen Urlaub mehr, nur an den Weihnachtsfeiertagen und um den Jahreswechsel herum war das Eiscafé kurz mal geschlossen. Ob sich die Start-up-Unternehmer deshalb in ihr Angestelltendasein zurücksehnen, nach dem Urlaubsanspruch und den Regelarbeitszeiten? Entschiedenes Kopfschütteln von beiden. Obwohl es damals - im früheren Leben - noch freie Wochenenden gab, an denen es die sportlichen Krafts oft in die Berge zog.

Das frühere Leben, es liegt noch nicht einmal ein Jahr zurück, der Traum vom anderen Leben aber, den gab es schon viel länger: Stephanie Kraft arbeitet im Marketing in der Pharmaindustrie, Peter Kraft im Vertrieb, in der Online-Kundenbetreuung großer Marken der Consumer-Elektronik, im Spielzeugbereich, zuletzt ist er für ein bekanntes Matratzen-Unternehmen tätig. Alles könnte so weiterlaufen, doch ist da etwas, das gelebt werden will.

Sweet Monkeys in Pasing: Cremig muss es sein, dann schmeckt das selbstgemachte Eis am besten.

Cremig muss es sein, dann schmeckt das selbstgemachte Eis am besten.

(Foto: Catherina Hess)

"Wenn man sich mit Freunden unterhält, trifft man immer auf den einen oder anderen, der sagt, Mensch, ich muss etwas verändern, ich mach' mich selbständig". Bei den meisten sei das aber nur so dahingesagt, es passiere dann nicht viel. Auch er zieht mit 40 die berühmte Lebensbilanz, und Stephanie Kraft, die schon zehn Jahre im gleichen Betrieb arbeitet, fragt sich: "Was kommt da noch?" Eis.

"Immer wenn wir irgendwo gewohnt haben, gab es in der Nähe eine Eisdiele", erzählt Stephanie Kraft. Zwei- bis dreimal die Woche Eisessen zu gehen, sei da für sie ganz normal gewesen. Vor sieben Jahren dann der Umzug nach Untermenzing, in eine eisfreie Zone sozusagen. In der Not kauft sich Peter Kraft eine Eismaschine, wälzt Fachliteratur, experimentiert viel, und bringt sich so das Eismachen selbst bei, für den Hausgebrauch.

Quereinsteiger im Eis-Gewerbe

Doch will er mehr, sich "professionalisieren". In seinem Urlaub besucht er ein Seminar in der Eisfachschule im westfälischen Werl, das so etwas wie das Mekka von Freizeit-Gelatieri, aber auch Profi-Konditoren zu sein scheint, vor allem aber Quereinsteiger können dort das Handwerk lernen. Diese Absicht mit dem Quereinsteigen, die hat Kraft aber damals noch gar nicht. Doch weil aus dem Freundeskreis immer mehr Komplimente für seine Eis-Kreationen kommen, und so anspornende Sätze wie "willst du nicht irgendwann deine eigene Eisdiele aufmachen", nimmt der Traum nach und nach Formen an wie ein schön portionierter Eisbecher.

Vor dem Absprung ins neue Leben haben die Krafts - Marketingprofis und Vertriebler die sie nun mal sind - alles kühl durchgerechnet. Abläufe und Prozesse, Gedanken, Ideen, alles schreiben sie nieder, und mit Unterstützung einer Existenzgründungsberaterin von der IHK wird daraus schließlich ein richtiger Businessplan. Ein Jahr lang dauert diese Phase. "Da kommt tatsächlich ein Schritt nach dem anderen, den man abhakt. Check!", sagt Peter Kraft. Der Termin bei der Bank wird vereinbart, und die Suche nach einer Location läuft - eine der größten Herausforderungen für die beiden, denn sie haben ihre Ansprüche.

Sweet Monkeys in Pasing: Gurke-Ananas, Tonkabohne, aber auch ehrliches, schlichtes Erdbeer gibt es in der Eisdiele in Pasing.

Gurke-Ananas, Tonkabohne, aber auch ehrliches, schlichtes Erdbeer gibt es in der Eisdiele in Pasing.

(Foto: Catherina Hess)

Fündig werden sie nicht im Pasinger Zentrum, obwohl es dort genügend Leerstand gibt. Allerdings auch einen mächtigen Platzhirschen, das "Portofino", wo sich die Pasinger seit Jahrzehnten einen Eisbecher lang an die italienische Riviera träumen. Doch die Krafts haben andere Vorstellungen. "Wir wollten eine Terrasse im Grünen haben", sagt Stephanie Kraft. Der Zufall will es, sie finden genau das, am Haidelweg nahe dem Pasinger Friedhof hat eine Konditorei dichtgemacht. Alles passt, der Vermieter, die Konditionen, sie haben ihre Terrasse, sogar ein wenig Grün.

"Irgendwann muss man springen", sagt Stephanie Kraft. Sie tun es, unterzeichnen alle nötigen Papiere, auch ihre Kündigungen - und legen los. Die Nachbarschaft bekommt alles mit. Junge Leute gehen in der alten Konditorei ein und aus. Alles muss raus, aus drei, vier verschachtelten Räumen wird ein großer, mit Eistheke und Gastraum.

Stephanie Kraft hat die Vision von einem "gemütlichen Wohnzimmer" im Industrial Style, Alt und Neu nebeneinander, die Singer-Nähmaschinengestelle geben die Tischsockel. Wirtshausstühle, die sie in Odelzhausen auftreiben, werden abgeschliffen und weiß lackiert. Dann werden die Geräte geliefert, die hypermoderne, energiesparende Eisvitrine und das Allerheiligste, die Eismaschine. Und der Name, der musste natürlich gefunden werden. "Das verlief ganz unspektakulär, wie andere, die einen Namen fürs Kind suchen", sagt Stephanie Kraft. Wobei Abgenudeltes wie "Dolomiti", "Rialto" oder "Venezia" von vornherein ausschied. Die süßen Affen - Sweet Monkeys' - machten schließlich das Rennen und fanden Ausdruck in einem lustigen Logo.

Mittlerweile haben sich die beiden Eismanufakteure in ihrem neuen Leben eingetaktet. Peter Kraft produziert an zwei vollen Tagen in der Woche, verwendet regionale Produkte, verzichtet auf künstliche Aromen, Konservierungs- oder Farbstoffe, mischt Kreationen wie Gurke-Ananas, Tonkabohne, Salted Caramel oder ehrliches, schlichtes Erdbeer. Stephanie Kraft steht derweil hinter der Eistheke, serviert, backt belgische Waffeln, brüht Kaffee. Weil auch Buchhaltung, Marketing, Putzen und der Einkauf zu erledigen sind, gibt es mittlerweile auch Aushilfen. Und natürlich das "neueste Familienmitglied", Charlie, das Eisfahrrad, mit dem sie unterwegs sind.

Nach dem Kaltstart im Winter kam der Super-Sommer 2018, der Stephanie und Peter Kraft an manchen Tagen eine Schlange mit bis zu 30 Eishungrigen vor ihre Theke zauberte. Was aber, wenn es für nicht alle Jahre so gut läuft? "Wir sind lösungsorientiert", sagt Stephanie Kraft, und man hört die Marketing-Expertin raus. "Wir geben unser Bestes, wenn wir sehen, dass es nicht funktioniert, würde keiner von uns den Kopf in den Sand stecken." Dann gibt es einen Plan B für die süßen Affen.

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