"Du bist die Aufgabe", schrieb Franz Kafka, und man könnte meinen, er spricht die Münchner mit diesen Worten direkt an. Im Gasteig HP8 wurde am Donnerstag die Ausstellung "Kafka in Zitaten" eröffnet, die anlässlich des 100. Todestages des Schriftstellers Franz Kafka und im Rahmen der Plattform "Kafka 2024" ins Leben gerufen wurde.

Kafka lässt sich auf vielfältige Weise beschreiben. Neben seiner Bekanntheit als berühmter Schriftsteller ist er auch als Visionär der Moderne und Meister des Absurden bekannt. In den vergangenen vier Wochen hatten Münchnerinnen und Münchner die Möglichkeit, als "Publikumskurateure" aktiv an der Gestaltung der Ausstellung mitzuwirken. An Orten wie der Volkshochschule und der Stadtbibliothek konnten sie ihre Lieblingszitate aus Kafkas Werken auswählen und bewerten. Dabei standen 60 verschiedene Zitate zur Auswahl, auf die die Teilnehmer Punkte kleben konnten, um die Texte hervorzuheben, die sie am meisten ansprachen. Insgesamt wurden mehr als 2000 Punkte verteilt. Am Ende wurden 22 Zitate ausgewählt, die besonders viele Stimmen erhielten. Der Künstler Eugen Korda hat daraufhin die Zitate auf kunstvolle Weise inszeniert und der Ausstellung damit eine zusätzliche visuelle Dimension verliehen.
Bei der Vernissage am Donnerstag betonte Susanne May, Programmdirektorin der Münchner Volkshochschule, dass man sich von den ausgewählten Zitaten, sowohl von den kurzen als auch längeren Textpassagen, "inspirieren und irritieren" lassen solle. Da Kafka in seinen Texten oft die existenziellen Fragen des Menschseins und die Suche nach Sinn und Identität behandelt, laden seine Zitate dazu ein, über die eigenen Herausforderungen und Aufgaben im Leben nachzudenken.

Unter den ausgewählten Zitaten finden sich Zeilen wie "Es gibt ein Ziel, aber keinen Weg; was wir Weg nennen ist Zögern" aus Kafkas Tagebüchern von 1914 bis 1923. Aus seinen Aphorismen wurde unter anderem folgendes Zitat gewählt: "Theoretisch gibt es eine vollkommene Glücksmöglichkeit: An das Unzerstörbare in sich glauben und nicht zu ihm streben." Ein Zitat erhielt hingegen von den Münchnerinnen und Münchnern keine einzige Stimme: "Die Schuld ist immer zweifellos." Warum nicht? Vielleicht liegt es daran, dass die Münchner ein grundsätzlich optimistisches Volk sind und das düstere Thema der unvermeidlichen Schuld lieber vermeiden möchten. Wie auch immer, es scheint, dass Kafka selbst über diese Ironie gelacht hätte - schließlich war auch er ein Meister des absurden Humors.
Natürlich kann eine Ausstellung wie "Kafka in Zitaten" nicht ausreichen, um die gesamte Komplexität und Tiefe von Franz Kafkas Gedankenwelt zu erfassen. Seine Werke erfordern ein tiefes Eintauchen in das Werk, ein häufiges Lesen, um die Vielschichtigkeit seiner Botschaften in Ansätzen zu verstehen. Dennoch bietet diese Ausstellung eine wunderbare Möglichkeit, sich einen Überblick über Kafkas Ideen und Gedanken zu verschaffen. Besonders in der heutigen Zeit, 100 Jahre nach Kafkas Tod, ist es wichtig, sein Erbe zu würdigen und zu reflektieren, wie seine Beobachtungen über die menschliche Existenz und die Absurditäten des Lebens noch immer relevant sind. So gelingt es, Kafka nicht nur als literarisches Denkmal zu betrachten, sondern als lebendigen Teil unserer kulturellen Reflexion.
"Kafka in Zitaten", HP8, bis 12. Juli, Eintritt frei