Münchner Jugendfilmfestival „Flimmern & Rauschen“:Raum für Kreativität

Lesezeit: 3 Min.

In „Kristallkind“ beschäftigen sich die Nachwuchsfilmemacher mit der schmerzhaften und endgültigen Trennung durch den Tod. (Foto: Jasmin Dilshener / „Flimmern & Rauschen“)

Beim Jugendfilmfestival „Flimmern & Rauschen“ zeigen junge Menschen – von Einsteigern bis zu Filmhochschulabsolventen – im Gasteig HP8 an drei Tagen unterschiedliche Kurzfilme. Das Ergebnis ist eine große Vielfalt.

Von Ramona Höllerer

In einer Welt, in der Technologie die Menschen permanent miteinander verbindet, bleibt eine natürliche Grenze bestehen: der Tod. Die Trennung ist nicht mehr rückgängig zu machen. Wie schmerzhaft diese Realität ist, davon erzählt der Experimentalfilm „Kristallkind“. Es ist die Geschichte von Juno, einem Mädchen, das mit dem Tod ihrer Tante konfrontiert wird. Der Verlust ist endgültig und auch die ständige Erreichbarkeit durch moderne Technik kann das nicht ändern.

Regie, Drehbuch und Produktion hat Jasmin Dilshener übernommen. Der Film basiert auf einem persönlichen Erlebnis der 22-Jährigen und reflektiert in nur drei Minuten die Emotionen, die durch den Verlust eines geliebten Menschen entstehen. Dabei lädt der Film ein, die wahre Bedeutung von Verbindung und Trennung in einer digitalisierten Welt zu überdenken. Er ist einer von 80 Filmen, die vom 13. bis zum 15. März beim Jugendfilmfestival „Flimmern & Rauschen“ im Gasteig HP8 gezeigt werden.

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Während „Kristallkind“ die Grenzen moderner Technik auslotet, hat die technische Entwicklung gleichzeitig vielen Filmschaffenden die Anfangsphase der kreativen Arbeit erleichtert. Durch leistungsstarke Smartphone-Kameras hat sich ein spürbarer Wandel vollzogen. Vor zehn bis 15 Jahren war es für viele junge Filmemacher noch ein erheblicher Aufwand, einen Film zu realisieren, wie Linus Einsiedler, Mitglied der Festivalorganisation, erklärt. Heute ist der Zugang zur Filmproduktion durch die fortschreitende Technik erheblich vereinfacht worden.

Bei „Flimmern & Rauschen“ rückt daher zunehmend die Kreativität in den Vordergrund und weniger die technische Perfektion. Diese Ausrichtung ist einer der Erfolgsfaktoren des Münchener Nachwuchsfilmfestivals: Es bietet jungen, oft noch unerfahrenen Filmemacherinnen und Filmemachern den Raum, ihre Geschichten zu erzählen und zu experimentieren.

Zusätzlich hat „Flimmern & Rauschen“ ein Umfeld geschaffen, in dem jeder Film, auch wenn er noch nicht perfekt ist, gefeiert wird. Der Wettbewerb tritt in den Hintergrund, stattdessen steht die gegenseitige Unterstützung im Vordergrund: „Man pusht sich gegenseitig und feiert sich einfach dafür, dass man Filme macht“, sagt Einsiedler. Dieser kollaborative Geist hat dazu geführt, dass immer wieder neue Filmgruppen entstehen, die auch über das Festival hinaus weiter zusammenarbeiten und gemeinsam Projekte realisieren. Die Vernetzung ist daher nicht nur ein Nebeneffekt, sondern ein zentrales Element des Festivals.

Kinder hinterfragen in „Geld allein braucht kein Schwein / Salamander“ den wahren Wert von Geld und Familienzeit. (Foto: Feriengruppe Ostern Kinderkino München / "Flimmern & Rauschen")

Auch die Spannbreite der gezeigten Filme ist groß, insbesondere da so viele unterschiedliche Altersgruppen vertreten sind. Das zeigt der Kurzfilm „Geld allein braucht kein Schwein / Salamander“, den die Kinder der Feriengruppe Ostern Kinderkino München, zwischen neun und 13 Jahren alt, selbständig produziert haben. In dem Kurzfilm entdecken die jungen Protagonisten, während ihre Eltern in der Arbeit sind, ein magisches Brettspiel auf dem Dachboden. Dieses entführt sie in eine magische Welt, in der sie gemeinsam mit ihrer Mutter unvorstellbar viel Geld gewinnen können.

In vier Tagen erschufen die neun Kinder der Feriengruppe 1560 einzelne Bilder für den fünfminütigen Kurzfilm und haben sämtliche Geräusche und Musik selbst aufgenommen. Die Zuschauer können sich auf einen Film freuen, in dem der wahre Wert von Geld und Familienzeit hinterfragt wird – erzählt aus der Sicht von Kindern.

Die Protagonistin aus „Lost“ zeigt den entstehenden Schmerz durch gesellschaftlichen Druck und Erwartungen. (Foto: Veronika Havrykova / "Flimmern & Rauschen")

Ein faszinierendes Spannungsfeld wird auch in dem Kurzfilm „Lost“ aufgemacht: Soll man zu den eigenen wahren Gefühlen stehen oder sich der Meinung der Gesellschaft anpassen? In dem 17-minütigen Film wird eine Taxifahrt der Protagonistin aus der Ukraine nach Deutschland gezeigt – dabei erzählt der Film in Rückblenden von einer Liebesgeschichte. Die Beziehung der Protagonistin scheiterte an den Vorurteilen der Gesellschaft gegenüber Homosexualität und veranschaulicht dabei die Schwierigkeit und den Schmerz, sich dem gesellschaftlichen Urteil stellen zu müssen. Während der Fahrt offenbart zudem der Taxifahrer, die sexuelle Orientierung seines Sohnes nicht zu akzeptieren. Dies erzeugt eine spannende und vielschichtige Dynamik zwischen den beiden Charakteren.

Regisseurin, Drehbuchautorin und Editorin Veronika Havrykova, die in der Ukraine viele Freunde aus der LGBTQ+-Community hatte und deren Erfahrungen von Ablehnung und Verdrängung sie tief berührten, prägt mit ihren Erfahrungen und Beobachtungen den Kurzfilm.

Flimmern & Rauschen, Donnerstag, 13. März, bis Samstag, 15. März, Gasteig HP8, Saal X, Programm unter flimmernundrauschen.de

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