Er galt als Kultautor, ewiger Geheimtipp und Vertreter der deutschen Untergrundliteratur. Weitere Bezeichnungen waren: ein Schriftsteller „für die wilden Kerle“, der „deutsche Bukowksi“ oder der „Burroughs aus dem Reihenhaus“. Dass diese Zuschreibungen zu seinen Texten, zu den Romanen und Reportagen von Jörg Fauser passten, aber dann vielleicht doch nicht so ganz zu Fauser als Mensch, als realer Figur – das kann man in der wunderbaren Fauser-Biografie „Rebell im Cola-Hinterland“ von Matthias Penzel und Ambros Waibel erfahren. Die erschien 2004 erstmals zu Fausers 60. Geburtstag. Jetzt, zu Fausers 80. Geburtstag, kam sie noch einmal erweitert heraus. Und sie ist sicherlich eine gute Vorbereitung für „Das Leben als Rohstoff“.
So nennt sich eine Veranstaltung in der Halle 50 in den Domagk-Ateliers in München, die sich vom 11. bis 22. September in Form einer Ausstellung und einer germanistischen Fachtagung nicht nur dem Schriftsteller Jörg Fauser widmet. Sondern die darüber hinaus die Künstlerfamilie Fauser in den Blick nimmt. Denn das Künstlerische lag bei den Fausers, wie man so sagt, im Blut. Vater Arthur Fauser (1911–1990) war ein unter den Nazis verfemter Maler. Mutter Maria Fauser (1917–2007) war Schauspielerin und Radiosprecherin. Der Sohn Jörg Fauser begann zunächst journalistisch, noch zu Schulzeiten, in Frankfurt. Weitere Stationen waren West-Berlin, Göttingen und von 1985 an München, wo er am 17. Juli 1987 bei einem mysteriösen Autounfall starb.
Der Grund für Fausers Umzug nach München war Gabriele Oßwald, die er 1985 geheiratet und die mit Monika Dobler später die Krimibuchhandlung „Glatteis“ gegründet hat. Um Fausers Bezug zu Detektiv-Romanen und „Fausers München-Topographie“ wird es unter anderem auch bei der von Lutz Hagestedt (Uni Rostock) geleiteten Tagung am 12. und 13. September gehen. Weitere Themen sind Fausers Marlon-Brando-Biografie „Der versilberte Rebell“, „Sucht und Rausch“ im Roman „Tophane“ und allgemein eine „literaturgeschichtliche Standortbestimmung“. Auch die erwähnten Matthias Penzel und Ambros Waibel werden zu Gast sein und über „Aspekte der Fauser-Biographik“ reden.
In der Ausstellung wiederum ist Arthur Fauser als ein vom Kubismus und Expressionismus beeinflusster, kompromissloser Künstler wiederzuentdecken, der sich um den Zeitgeist wenig scherte und deswegen oft durchs Raster fiel. Gezeigt werden Familienporträts, Stillleben und Landschaften, mythologische Bilder und Drucke aus der Reihe „Getto und KZ“.
Darüber hinaus gibt es Fotos, Zeitschriften und weitere Exponate aus dem Privatbesitz der Familie. Zwanzig Aquarelle und Druckgraphiken von Arthur Fauser werden am 15. September auch versteigert. Der Erlös dient zur Refinanzierung der Veranstaltung, ein Teil geht aber auch an „ArtArmor“, ein Benefiz-Projekt mit ukrainischer Kunst.
Kuratiert hat die Ausstellung der Künstler Bernhard Springer zusammen mit dem Nachlass-Verwalter der Familie, Uwe Beutler. Und was sonst das Format „Bildende Kunst & Literatur“ betrifft: Das hatte Springer schon 2023 erfolgreich mit Feridun Zaimoglu in der Halle 50 ausprobiert. Ob es zu einer weiteren Veranstaltung kommen wird, ist fraglich. Denn Springer, der seit 1996 in den Domagkateliers arbeitet, muss als einer der letzten Künstlersprecher infolge des von der Stadt eingeführten Rotationsverfahrens 2025 sein Atelier räumen. Insofern sei die Ausstellung „durchaus mein Abschiedsgeschenk an die Domagkateliers und mein jahrzehntelanges Engagement dort“. Trotzdem brenne in ihm „eine tiefe Wunde“, auch weil ihm „die Selbstverwaltung“ der Künstlerschaft „so ein großes Anliegen ist“.
Das Leben als Rohstoff. Familie Jörg Fauser – Eine Werkschau, 11. September, 19.30 Uhr (Vernissage), bis 22. September, Halle 50, Domagkateliers, Margarete-Schütte-Lihotsky-Straße 30, www.domagkateliers.com