Jan Delay in München:"Seid ihr auch alle so feucht?"

Jan Delay in München: Schwitzen für die Party: Jan Delay in diesem Sommer bei "Rock im Park".

Schwitzen für die Party: Jan Delay in diesem Sommer bei "Rock im Park".

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Funk, Soul, und ein bisschen Hip-Hop: Jan Delay und "Disko No.1" bringen im Zenith "den Scheiß zum Kochen".

Von Anna Weiß

Jan Delay ist mit seiner Funkband Disko No. 1 auf Tour, und dass er heiß auf die Show ist, wird bei den ersten Takten des Konzerts klar, als er mit dem "Intro" von seinem aktuellen Album "Earth, Wind & Feiern" den Abend im Zenith fulminant eröffnet. Dass ihm heiß ist auch, schon jetzt zieht er das Jackett aus.

Jan Philip Eißfeldt aka Jan Delay ist in den Neunzigerjahren als Teil der Beginner berühmt geworden, Hip-Hop aus Hamburg, pointiert und markant. Auch wegen Delays näselnd-nestelnder Stimme. Später hat er sich Funk und Soul verschrieben, sein zweites Soloalbum "Mercedes-Dance" ging 2006 durch die Decke, darauf die Hitsingle "Klar". Die trägt Delay auch an diesem Abend gewohnt posh vor und bewirkt mit der Zeile "Wir bringen den Scheiß hier zum Kochen und das geht so" genau das, was er besingt - läuft die gut gefüllte Halle doch zu Höchstformen auf. Die fantastisch aufspielende Band heißt nicht umsonst Disko No. 1: Die Show ist eine Party, angeheizt von Delay und seinen drei grandiosen Sängerinnen, die auch als Tänzerinnen fungieren.

Ist das noch ein Konzert oder schon ein Kindergeburtstag?

Bei manchen Songs vom neuen Album hapert es; der Song "Spaß" beschreibt fremdenfeindliche "besorgte Bürger", die voller Hass seien, weil sie noch nie richtig Spaß hatten. Dass das arg unterkomplex ist, scheint hier niemanden zu stören. Spaß jedenfalls hat Jan Delays Publikum, das alles mitmacht, sei es bei der tänzerischen Späterziehung ("Das sind Dance Moves aus den Neunzigerjahren"), beim Mitsingen oder Lachen über Witze, die man auch in den Neunzigerjahren hätte zurücklassen können. "Seid ihr auch alle so feucht?", fragt Delay. Er presst sein nasses Shirt aus und sagt mit verstellter Stimme "und wo das herkommt, ist noch viel mehr davon" und haut damit in eine durchaus fragwürdige Humorkerbe.

Je später der Abend, umso wilder die Party. Einen Höhepunkt erreicht die zweistündige Show bei der ersten von drei Zugaben. Wurden im Verlauf des Konzerts bereits bekannte Songs zitiert, ist die erste Zugabe ein Disko-Medley: Zu "Show me love" von Robin S und Daft Punks "One More Time" sollen alle Stopptanz machen. Ist das noch ein Konzert oder schon ein Kindergeburtstag? Ein Tanzabend im Cluburlaub?

Heißgeliebte Rituale und Motive können nicht mehr passen, wenn sie ihrer Zeit entwachsen. Manch ein Konzertgast kommt aus der Hocke schwer wieder hochgesprungen, Gesellschaftskritik entsteht nicht durch in Hedonismus verpackte Schlagworte, Zeilen wie "Und immer wenn der Mond scheint, dann ist Showtime" machen keinen gehaltvollen Diskotrack. Es ist wie ein zu heiß gewaschenes Lieblingsstück, das einläuft und nicht mehr passt. Jan Delay in seinem überlangen Shirt scheint davon nicht tangiert.

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