Süddeutsche Zeitung

Japanisches Restaurant Isarvorstadt "J-Bar":Entdecker fernöstlicher Esskultur

Die "Chowhounds" setzen auf simple Gerichte und schlichte Lokale mit hohem Maß an Essensqualität. In der asiatischen J-Bar wählt der Gast daher lediglich zwischen drei Vor- und fünf Hauptspeisen.

Matthias Weitz

Die Bewegung der Chowhounds besetzt ein neues Feld der Gastrokritik. Nach den Regeln der Chowhounds (deren Name sich aus den englischen Worten für Futter und Spürhund zusammensetzt) geht es darum, in Einwanderervierteln und an abgelegenen Orten simple Gerichte und schlichte Lokale zu finden, die gleichzeitig ein hohes Maß an Genuss und ein authentisches Kulturerlebnis garantieren.

In New York formierte sich die Bewegung 1997 auf der Webseite Chowhound.com. In München ist die Ausbeute für einheimische Chowhounds traditionell mager, weil die Stadt kaum Nischen für Einwandererkulturen zulässt. Da ist die J-BAR eine verwegene Spitze.

Die J-BAR ist ein japanisches Lokal in der Isarvorstadt, das über lediglich drei Tische und einen Tresen mit sieben Sitzplätzen verfügt. Auch die Speisekarte ist mit einer Auswahl von drei Vor- und fünf Hauptspeisen spartanisch. Auf einem Schild an der Türe steht eine schüchterne Entschuldigung, dass es hier kein Sushi gibt.

Die J-Bar präsentiert auch keineswegs jene Sorte japanischer Gourmetkultur, die gerade dazu geführt hat, dass Tokio mit 191 Sternen in seinem ersten Guide Michelin die Feinschmeckerstädte Paris, New York und London abhängen konnte. Vielmehr ist die J-Bar das perfekte Beispiel für die Sorte Lokal, nach der die Chowhounds suchen.

Als Vorspeise wählten wir zunächst eine Portion Edamame (4 Euro), eine Schale gedünsteter und gesalzener Sojabohnen, die in japanischen Bars eigentlich als Snack zu Bier gereicht werden. Dazu bestellten wir Gyoza (10 Euro), die japanische Version der chinesischen Teigtaschen, die in Europa den Ravioli Pate standen.

Aus den Hauptgerichten wählten wir Unadon (15 Euro), einen gebratenen Aal in Sukiyakisoße auf Reis, sowie Gyudon (10 Euro), den klassischen Rinderreistopf, dem sich in Japan ganze Imbissketten verschrieben haben. Alle vier Gerichte erfüllten die strengen Vorgaben der Chowhound-Bewegung. Was nicht heißt, dass sie jedermanns Geschmack sein müssen. Aber gerade das ist ja der Punkt.

Dass es sich um ein Lokal für Chowhounds handelt, sieht man schon am Publikum. Vor allem japanische Besucher frequentieren das Lokal, dazu ein paar Vertreter der Münchner Modejugend. Es sind aber die Japaner, die hier bei Sapporo-Bier vom Fass, Sake und den ausgewählten Klassikern der heimischen Hausmannskost ihr Heimweh vergessen können.

Das Interieur besteht stilecht aus schlichten Hellholzmöbeln und der Bar mit ihren Regalen voller Talisman-Tiere, Nippes und Sakeflaschen. Und weil hier eben das Heimweh der Japaner und nicht die Neugier Münchner Lokalgäste gestillt werden soll, schmeckten alle gestesteten Gerichte wirklich authentisch.

Es kam nicht einmal das Gefühl auf, dass lokale Zutaten den Charakter veränderten. Das klingt banaler, als es ist, denn gerade in der Diaspora eines fremden Kontinents kann es schwierig sein, den Geschmack der Heimat genau zu treffen. Das dünn geschnittene Rindfleisch der Portion Gyudon in der J-Bar hatte jedoch die perfekt gewellte, feste Konsistenz, die Rind in einem japanischen Reisgericht haben sollte.

Auch der Reis war nicht trocken und flockig, wie in Europa üblich, sondern mit Salzlake und Fleischsaft vollgesogen, was ihm eine Schwere verleiht, die man hierzulande höchstens vom Risotto kennt.

Für westliche Gaumen ungewohnt waren die Katsuoboshi-Flocken, mit denen das Gyudon bestreut war. Getrockneter Fisch hat seinen Platz in der westlichen Küche längst verloren, doch gerade der Gegensatz zwischen dem eindringlichen Fischaroma und dem angenehm würzigen Geschmack des Rindfleischs in Sojasoßen, Zwiebeln und Kräutern erzeugt eines dieser authentischen Geschmackserlebnisse, nach denen die Chowhounds suchen.

Auch die Gyoza-Teigtaschen - in Europa sonst oft eher fade zubereitet - hatten hier eine besondere Schärfe mitbekommen, die aus der Füllung mit Schweinefleisch, Gemüse und Knoblauch herausstach und ihr den für sie typischen Charakter verlieh.

Auch der gebratene Aal, in gut japanischer Tradition in einer tiefbraunen Teriyakisoße erst eingelegt, dann gebraten und schließlich in einer traditionellen Lackschachtel serviert, überzeugte. Unterdessen machten sich die Gäste an den Nachbartischen über den Oden-Teller her: Drapiert mit Fleisch-, Fisch- und Gemüsehappen, Thunfisch mit Sesammantel sowie Hähnchen mit Aubergine in Misosoße machte seine Fülle Lust auf einen nächsten Besuch.

J-BAR, Maistraße 28, Telefon: 51469983. Geöffnet tMo - Fr 12.30 bis 14.30 Uhr, Mo - So von 18.30 - 23.30 Uhr. Mittwoch Ruhetag. www.j-bar.jimdo.com

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Quelle:
SZ vom 18.02.2008/ngh
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