Süddeutsche Zeitung

Goldener Reiter:Zur Achtziger-Party in den Keller

Im Goldenen Reiter in der Isarvorstadt wird klar, was es braucht für einen guten, schnörkellosen Feierabend: Musik, Getränke - und Gäste im Wollpullover.

Von Philipp Crone

Mit so einer Treppe entsteht schon eine gewisse Erwartung. Normalerweise betritt man einen Club ja einfach durch eine Tür, aber im Fall des Goldenen Reiters an der Theklastraße geht es erst einmal eine nur minimal beleuchtete Treppe runter in den Keller. Ein wenig wie eine Showtreppe. Dementsprechend überraschend ist dann auch das Ergebnis unten.

Der neue Club des früheren P1-Türstehers und jetzigen Gastronomen Klaus Gunschmann ist so eingerichtet, als hätte der Designer mit Gunschmann gewettet, wie wenig Material er einsetzen kann. Die Betonwände sind ohnehin nackt, ansonsten gibt es an Einrichtungsgegenständen zwei Tresen und ein DJ-Pult, die Getränke sind auf Metallregalen aus dem Baumarkt gelagert. Zur Beleuchtung dienen einige wenige Neonröhren, die Tanzfläche ist großzügig mit einer Nebelmaschine und einem Stroboskop ausgestattet.

Lieblos? Könnte man so sehen. Auf der anderen Seite wird hier deutlich, was es braucht für einen guten Feierabend und was nur schmückendes Beiwerk ist. Man braucht: Musik, Getränke, Gäste. Man braucht nicht: ausgeklügelte Raumkonzepte mit indirekter Beleuchtung. Die einzigen beiden Auffälligkeiten in diesem Keller sind eine rot durchlaufende Leuchtschrift-Anzeige, auf der im Sekundentakt das Angebot an der Bar aufscheint. Whiskey-Cola 9,50 Euro steht da, Berliner Luft drei Euro, solche Sachen. Getränke sind also klar.

Pünktlich um halb eins füllt sich der Goldene Reiter, die Gästeschar ist von einer ungewöhnlichen Altersmischung geprägt. Es gibt kleinere Frauengrüppchen, die sehr wahrscheinlich ihren Ausweis am Eingang zeigen müssen, aber auch Ü 30 ist durchaus vertreten. Eigentlich kein Wunder, denn guter alter Funk ist noch immer altersübergreifend tanzfördernd. "Wordy Rappinghood" von Tom Tom Club oder "1-2-3" von The Chimes, die Clap-Snare auf zwei und vier lässt alle grooven, nicht nur den coolen Basecap-Buddy, dessen Cap nur auf dem Kopf abgelegt statt aufgesetzt ist. Genauso sind die Damen angetan, deren Modestatement eher als eines für Nachhaltigkeit wirkt. Wollpullover, die in Karottenjeans stecken, hochgezogene Hosen, die Waden in weißen Socken freilegen, die Achtziger sind lebendig, wenn man die Treppe runterkommt.

Adresse: Theklastraße 1, 80469 München, Öffnungszeiten: Freitag und Samstag von 23 bis 5 Uhr

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Quelle:
SZ vom 21.01.2020/vewo
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