Pläne für die Isar:Ein Wohnzimmer am Wasser

Ludwigsbrücke in München, 2019

Die Umgestaltung an der Isar geht voran.

(Foto: Robert Haas)

Balkone, Treppen, zusätzliche Querungen und Radl-Spuren: Die Isar soll "erlebbar" werden. Dafür hat sich nun drei Jahre lang eine "Flussrunde" getroffen und Ideen gesammelt.

Von Thomas Anlauf

Sie sind stolz auf ihren Fluss Ljubljanica, seine Ufer nennen sie "das Wohnzimmer der Stadt". Cafés säumen den Fluss, er ist der abendliche Treffpunkt Ljubljanas, im Sommer wie im Winter. Die slowenische Hauptstadt hat in den vergangenen Jahren geschafft, worüber in München seit vielen Jahren leidenschaftlich debattiert und was allzu oft wieder vertagt wird.

Seit der gelungenen Renaturierung der Isar zwischen Braunauer Eisenbahnbrücke und Museumsinsel ringen Politiker, Umweltschützer und Stadtplaner darum, wie der innerstädtische Flussabschnitt nun bis zur Maximiliansbrücke so umgestaltet werden kann, damit die Isar besser erlebbar wird. Drei Jahre lang traf sich regelmäßig die sogenannte Flussrunde, Ergebnisse liegen dem Stadtrat auch längst vor. Doch Stadtbaurätin Elisabeth Merk musste zum Abschluss der vorerst letzten Flussrunde einräumen: "Wir wären alle gerne schon viel weiter, aber es sind schon echt dicke Bretter zu bohren."

Da sind vor allem die verschiedenen Interessenlagen in der Politik. Grüne und SPD wollen den Verkehr auf der Isarparallele am Westufer und auf der Ludwigsbrücke reduzieren, CSU und FDP bremsen da deutlich. Obwohl es schon umfangreiche Verkehrsuntersuchungen im innerstädtischen Isarraum gegeben hat und sich der Stadtrat erst im Juni damit befasst hat, fordert etwa FDP-Stadtrat Jörg Hoffmann zunächst noch ein Verkehrskonzept: "Wir sollten nicht vergessen, dass es Leute gibt, die dort wohnen und aufs Auto angewiesen sind."

SPD-Stadträtin Bettina Messinger will nach der jahrelangen Diskussion nun nicht noch einmal zwei bis drei Jahre warten, bis es mit der Umgestaltung der innerstädtischen Isar losgeht. "Wir haben ja auch das Ziel der autoarmen Altstadt", sagt Messinger. Auch Stadtbaurätin Merk warnt, wenn der Verkehr am Westufer nicht reduziert werde und etwa eine Fahrspur zugunsten von Radstreifen, einer Promenade und auch Balkonen und Treppen zum Isarufer geopfert werde, seien die ganzen Überlegungen der vergangenen Jahre überflüssig.

Die Umgestaltung des Isarraums sei "ein Generationenwerk", dennoch hat Merk "beruhigende Nachrichten": Es geht langsam voran. Der Bau einer behindertengerechten Rampe zur Isar nördlich der Reichenbachbrücke beginnt gerade, auch die maroden Isarmauern am Westufer werden nun generalsaniert, die Machbarkeitsstudie für Balkone und Treppen zum Fluss soll im kommenden Jahr starten. Zudem beginnen 2020 die Bauarbeiten für die in die Jahre gekommene Ludwigsbrücke, die ja eigentlich aus zwei Teilen besteht. Das hat Folgen: Im Zuge der Sanierung wird pro Richtung eine Fahrspur für den Autoverkehr entfallen, der gewonnene Platz kommt Radfahrern und Fußgängern zugute. Untersuchungen haben ergeben, dass sich dadurch der Kfz-Verkehr auf der Brücke um 30 Prozent verringern wird.

"Was wir brauchen, ist Kontinuität - und wir dürfen nicht aufgeben"

Paul Bickelbacher (Grüne) ist "sehr froh über den Beschluss zur Ludwigsbrücke". Wenn sich wegen der Baustelle der Verkehr verlagere, könne man doch auch nach der Sanierung die Regelung mit jeweils nur einer Fahrspur sowie breiten Rad- und Fußwegen beibehalten. CSU-Stadträtin Eva Kainz dagegen kritisiert das Vorgehen, Fahrspuren zu sperren - vor allem auf der Isarparallele: "Indem ich Fahrspuren rausnehme, löse ich nicht das Verkehrsproblem", sagte sie in der Flussrunde.

Auch wenn es noch an vielen Enden der Umsetzung hakt, die Generalsanierung des Deutschen Museums spielt der Flussrunde in die Hände. Denn im Zuge des Umbaus wird die Insel besser zugänglich: 2021 wird der Haupteingang zum Museum zur Corneliusbrücke verlegt und der ehemalige Museumsgarten auf dieser Seite für die Münchner geöffnet. Dann wird ein Dachterrassen-Restaurant eröffnen, das auf dem Gebäude für die Abteilung Luft- und Raumfahrt entsteht und sogar außerhalb der Öffnungszeiten für alle zugänglich sein wird.

"Wir wollen die gesamte Insel für die Stadtgesellschaft öffnen - auch abends. Die Insel soll ein Treffpunkt werden", sagt Dieter Lang, Generalbevollmächtigter Bau des Deutschen Museums. Am dann neuen Eingangsbereich könnte die weltweit größte 3D-Fassade entstehen, die vom Westufer zu sehen sein soll. Entlang des künftigen Eingangs entsteht zudem ein Steg entlang der Isar.

Apropos Steg: In der letzten von acht Flussrunden brachte die Stadtbaurätin noch einen neuen Vorschlag ins Spiel: Sie könnte sich durchaus mehrere Querungen über die Isar für Fußgänger oder Radfahrer vorstellen, um den Verkehr zu entzerren. Bei der Frage nach mehr Ästhetik an der innerstädtischen Isar, wird Merk sehr deutlich: "Ich finde nicht, dass es für unsere Stadt richtig ist, dass wir dort Dixie-Klos haben - das nervt mich." Ansonsten glaubt sie, dass nicht jede Ecke an der Isar im klassischen Sinn verschönert werden müsse. Es dürften bei allen Ideen zur Aufwertung gerade in der Interimsphase durchaus noch Orte bleiben, die "kantig" seien.

Beispiele für Städte, die ihren Fluss wieder für sich entdecken und sich ihm städtebaulich nähern, gibt es viele. In Düsseldorf, wo derzeit mit dem Projekt "Blaugrüner Ring" eine Kunst- und Kulturlandschaft rund um den Rhein entstehen soll. Hannover gestaltet derzeit das Leine-Ufer um, damit die Hannoveraner ihren Fluss besser erleben können. Für Elisabeth Merk ist deshalb der Prozess für die innerstädtische Isar noch längst nicht abgeschlossen. Nach der Kommunalwahl hofft sie, die Flussrunde weiterführen zu können. "Was wir brauchen, ist Kontinuität - und wir dürfen nicht aufgeben", sagt sie.

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