Ich weiß, dass ich hier über meine Lockdown-Erfahrungen als Künstlerin schreiben darf. Ich merke: Ich habe keine Lust. Keine Lust aufzuzählen: Was ich vorher Geiles gemacht habe; was ich dann nicht mehr machen durfte; schließlich, welche neuen Ufer, Häfen, Länder, Strategien, Ideen, Pläne, Neustarts, frische Winde, Achtsamkeiten mir daraufhin fatamorganaesk erschienen.
Ich schmeiße Farbe auf die Leinwand und denke: Nö, ich will nicht zur Herde der abertausend Phönixe gehören, die morgen angestrengt aus der Asche auferstehen. Sorry, ich muss mal kurz kotzen gehen. Das kommt nicht von meinem gesteigerten Weinkonsum. Ich trinke gutes Zeug. Egal wie. Schon immer. An manchen Dingen spare ich nicht.
Nach der täglichen Körperertüchtigung liege ich auf dem Boden im Atelier. Das fällt unter die Rubrik lethargische Zwanghaftigkeit. Beides. Die Bewegung und das Liegen. Assoziiere: Relevanz, Eleganz (Hoppla), Ignoranz, Veitstanz, Schwanz. Ok, genug. Ich ächze. Mache die Wende. Blicke jetzt auf die Stauraum-Bühne, die aus gelben Bauplatten gebaut ist. Das Licht fällt drauf. Sieht immer wie Sonne aus. Tröstlich. Ich will hier nie wieder raus.
Etwas glitzert im Gegenlicht. Klarsichtfolie. Von den Ziggies. Oder der Schokolade. Körper schnellt hoch, fahriger Pfeil, fängt Folie, sucht Ziel, das Klavier, in den nächsten Stunden Tasten-Töne-Diarrhö. Bisschen Knabbern zwischendurch. Rubrik Flow plus Zwanghaftigkeit.
Ich zeichne in mein Skizzenbuch. Meistens Mischwesen aus Mensch und Tier. Oder Alien. Die treffe ich in meinen Träumen. Ich träume jede Nacht intensiv. Mit dem Stoff könnte ich zehn Staffeln "American Horror Story" bedienen. Der mit dem zweiten Gebiss, das mir wuchs, wie bei einem Hai, war unerwartet aufbauend. Texte schreibe ich auch, und die Musik dazu. Manchmal eine Geschichte. Sitze am Klavier. Singe meine Songs. Die Zeit reicht nie. Dabei fühle ich mich inzwischen wie ein*e Astronaut*in so einem alten Science-Fiction-Film. Die Leine, die ihn*sie mit dem Mutterschiff verbindet, reißt und er*sie schwebt ins endlose Unbekannte. Die Anderswelt ist schon die meine. Aber ich kann sie noch nicht beschreiben.
Als kleines Mädchen stand ich mit meiner Patentante in Italien in einer großen, dunklen Basilika. Sie zeigte mir die Arbeit der Steinmetze, die Unterschiede in den Ausführungen, erklärte, dass es viele gewesen sein müssen, dass wir ihre Namen nicht kennen. Dass es große Künstler waren. Ich betrachtete die gute, feine Arbeit und es wurde ganz still in meinem Herz.
So, abschließend schlage ich vor, dass wir Künstler*innen mal den Korken aus dem Arsch nehmen und uns politisch organisieren. Und für das Gemüt und weil sich heute, da ich dies schreibe, Hanau jährt, noch etwas aus dem Liederkränzchen, zum Einschlafen und nicht zur Laute zu singen:
Die braune Raupe Nimmersatt
Die braune Raupe Nimmersatt,
die walzt die Republik nun platt.
Die Wirtschaft erhält ihren Cut,
die Kanzlerin folgt zicke-zack.
Die Presse macht nur Hicke -Hack
und kratzt an Tünche, braunem Lack.
Die Sozis haben alle satt
und keiner stoppt die braune Raupe
Nimmersatt.
Du braune Raupe Nimmersatt,
du braune Raupe Nimmersatt,
dir wird der Kopf jetzt abgehackt,
und auch dein Schwanz wird eingesackt,
sonst sind wir alle abgefuckt.
Schwanz, Kopf, Leber, hack!
Schlagt die Nazis, zicke-zack!
Zicke-zacke, zicke-zacke,
zicke-zacke, zicke-zacke,
zicke-zacke, zack.