Noch keine vollen Taschen, aber ein sehr zufriedenes Lächeln. Sofia, die 19 Jahre alte Studentin, ist seit zwei Stunden unterwegs. Ein Einkaufsbummel mit ihrer Mutter. Sie sucht nach "Ski- und Snowboardsachen", wie sie erzählt. "Endlich", sagt sie, "wieder einkaufen ohne Maske." Ohne ein komisches Gefühl zu haben. Und endlich auch wieder der Christkindlmarkt am Marienplatz. "Da kommt doch mehr Weihnachtsstimmung auf als die zwei Jahre zuvor."
Viele Menschen haben sich am ersten Adventssamstag in die Innenstadt aufgemacht. 171 000 Passanten zählen die Lasermessgeräte, die an zahlreichen Gebäuden in der Kaufingerstraße hängen. Am vorherigen Samstag waren es noch 130 000. Schon die gesamte Woche sei "ganz gut gelaufen", freut sich Wolfgang Fischer, Geschäftsführer der Unternehmensinitiative Citypartner München. Im Vergleich zur Vorwoche gebe es ein Plus von 35 Prozent. Aber immer noch zehn Prozent weniger als 2019.
Nach zwei Corona-Jahren sei die Kauflaune trotz Energiekrise und Inflation "besser als erwartet", stellt Fischer fest. Zur Erinnerung: 2020 musste der Handel wegen der Pandemie die Geschäfte schließen, natürlich gab es auch keine Weihnachtsmärkte. 2021 dann Maskenpflicht, wieder kein Christkindlmarkt, die "Zehn-Quadratmeter-pro Kunde-Regel und die Sperrstunde der Gastro-Betriebe um 22 Uhr. "Erleichterung", das ist dann auch das erste Wort, das Fischer nennt, wenn man ihn nach der Stimmung im Einzelhandel fragt. "Zufriedenheit" das zweite. Zumindest in Maßen. Das durchgehende Fazit der Geschäfte für den ersten Samstag im Weihnachtsgeschäft ist laut Fischer: "Keine Euphorie, keine Rekorde".
Tobias Zipfer, Storemanager vom Sporthaus Schuster, betätigt Fischers Eindruck. Er steht am Samstagmittag an der Eingangstür, öffnet sie für Kunden. Manchmal steht er auch am Infostand und blickt über die Verkaufsfläche. Es ist viel los. Am Eingang hängt ein unscheinbares, weißes Kästchen an der Decke. Es zählt die Kunden, die reinkommen. "Es läuft gut", sagt Zipfer und schätzt, dass es an die 10 000 Kunden werden könnten. Das ist dann auf der Bewertungsskala von miserabel bis rekordverdächtig ein klares "gut". Die Warteschlange an der Kasse im Erdgeschoss ist lang. Die 100 Verkäuferinnen und Verkäufer, die an diesen Samstag arbeiten, haben alle Hände voll zu tun. Unter der Woche sind es 60 bis 70.
Noch im Oktober, erzählt Zipfer, sei eine "deutliche Kaufzurückhaltung" spürbar gewesen. Doch schon im November habe sich das geändert. Als einen Grund nennt er das erste Saisonspiel der NFL in München, und jetzt sei es der Black Friday gewesen und endlich auch wieder der Christkindlmarkt, der immer eine "Grundfrequenz in die Stadt" bringe. "Außerdem", sagt der 39-Jährige, "kommen endlich wieder Touristen."
Immer mehr Menschen sind am frühen Nachmittag in der Fußgängerzone unterwegs. Die Glühweinstände sind langsam voll. Das Durchkommen wird erheblich schwieriger. Viele Adventsbummler stärken sich, auch am Maroni-Stand in der Sendlinger Straße zum Beispiel. Chamaina Pichler packt der kleinen Leni 22 Maroni in eine große Tüte. Für den Bruder und die Mama, wie das Mädchen sagt. "Ich hab' dir noch ein paar mehr reingetan", sagt Pichler, die aus einer Schaustellerfamilie kommt und in der fünften Generation an verschiedenen Ständen Maroni und alle Arten von Mandeln verkauft. "Zum Glück ist heute das Wetter gut", freut sich Pichler. Denn die Tage vorher seien eher "furchtbar" gewesen. "Heute wird ein guter Tag." Das weiß Chamaina Pichler schon jetzt und ist nur glücklich, dass "wir endlich wieder dürfen".
Im edlen Ambiente des kernsanierten Juweliergeschäfts Fridrich an der Sendlinger Straße werden Ringe, Ketten und Uhren probiert. Leise geht es zu, obwohl sehr viele Kunden auf samtigen Tabletts Kleinode betrachten. Weihnachten ist das Kerngeschäft für Juweliere, "essentiell", wie Mitinhaber Stefan Lindner, 63, sagt. Auf diese Zeit "fiebere" man hin. Und er ist sehr zufrieden. "Wir haben ein gutes Gefühl", erklärt Lindner und ist zuversichtlich, dass dieses Weihnachtsgeschäft ein gutes wird. Die Kauflaune sei "nicht getrübt". Die Menschen wollen sich etwas gönnen, ihren Lieben etwas schenken und sich das auch "etwas kosten lassen", sagt Lindner. Uhren sind der Klassiker und Ringe, vor allem Verlobungsringe sehr gefragt. Tatsächlich entschlössen sich viele Männer vor Weihnachten, ihrer Liebsten einen Antrag zu machen, sagt der Juwelier.
Corona? An diesem Samstag ist von der Pandemie in der Fußgängerzone nichts mehr zu spüren. Kaum einer trägt Maske, kaum einer will mehr auf einen Einkaufsbummel verzichten. "Es ist absolut schön, das endlich wieder zu können", sagt eine Frau Anfang 60. Nun hofft Fischer, dass noch viele Menschen im Dezember den Weg in die Innenstadt finden und einkaufen. Einen Trend will er aus den Zahlen noch nicht ablesen. "Das ist am ersten Adventssamstag noch zu früh." Denn eine bittere Pille gibt es noch. Der 24. Dezember ist ein Samstag. Für den Einzelhandel ein verlorener Tag, weil die Geschäfte um 14 Uhr schließen.