München in den roten Zahlen:Gute Schulden, schlechte Schulden

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Nach Dresden hat sich nun auch Düsseldorf seiner Schulden entledigt - durch den Verkauf der Stadtwerke. Oberbürgermeister Ude zweifelt, ob dieses Modell auch für München geeignet ist

Berthold Neff

Freibier und Gratis-Würstchen vor dem Rathaus - so feierte die Landeshauptstadt am Mittwoch die Stunde, in der die Schulden-Uhr endlich die Null anzeigte.

Wenn die Münchner davon wenig mitbekommen haben, so liegt das daran, dass der denkwürdige Augenblick in Düsseldorf über die Bühne ging, der Hauptstadt von Nordrhein-Westfalen. Der dortige Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) hat es geschafft, die Last von 1,6 Milliarden Euro, die Düsseldorf noch 1999 drückte, loszuwerden und schuldenfrei zu sein.

Davon kann das fast drei Mal größere München nur träumen. Zwar reduziert man auch hier Schulden, anstatt den vorhandenen Berg von 3,3 Milliarden Euro weiter aufzuhäufen. Kämmerer Ernst Wolowicz (SPD) will in diesem Jahr 300 Millionen Euro davon abbauen - immerhin fast ein Zehntel der roten Zahlen.

Dennoch gehört der Begriff "schuldenfrei" im Rathaus nicht zum gängigen Vokabular. Selbst wenn der Aufschwung anhielte, rechnet Wolowicz allenfalls damit, Ende 2012 den Minusstand von 2001 erreicht zu haben - gut zwei Milliarden Euro.

Läuft also in München etwas falsch, müsste sich Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) Düsseldorf zum Vorbild nehmen? Am Dienstag hätte er in Mainz, wo er als Präsident die Sitzung des Deutschen Städtetags leitete, Gelegenheit dazu gehabt. Allerdings hält die Lust, die Düsseldorfer Rezepte zu befolgen, sehr in Grenzen.

Ude will Tafelsilber behalten

Ude rechnet es seinem Düsseldorfer Kollegen zwar als Verdienst an, dass der 500 Millionen Euro Schulden aus dem laufenden Haushalt zurückgezahlt hat. Davon jedoch, wie der schwarze OB die restliche Milliarde abgebaut hat, will der rote Kollege nichts hören - nämlich vom Verkauf des Tafelsilbers.

Düsseldorf hat seine Stadtwerke fast komplett an den ENBW-Konzern veräußert, das Schienennetz der Stadtbahn abgegeben und für 363 Millionen Euro RWE-Aktien verkauft. Dresden hatte, um schuldenfrei zu sein, die städtischen Wohnungen veräußert. In Düsseldorf war das nicht nötig, sonst "wären wir ja überliquide", so Erwin.

Überliquide wäre auch Ude, wenn er die Stadtwerke veräußerte - aber das kommt für ihn nicht in Frage. Das Motto in München: Wenn die Stadt solche Einrichtungen behält, ist sie auch handlungsfähiger und nicht den Konzernen ausgeliefert. In Hamburg zum Beispiel, so hörte Ude kürzlich, weine man den Elektrizitätswerken schon nach.

Der Preisvergleich für Strom, Wasser und Gas zeige, dass überall dort, wo Private übernommen hätten, die Preise nach oben gingen. Davon profitieren nur die Aktionäre. Die Stadtwerke München hingegen liefern einen Teil ihres Gewinns im Rathaus ab - und helfen so auch, Schulden abzubauen.

Freibier wird es vor dem Rathaus also vorerst nur geben, wenn die Bayern die Meisterschaft feiern oder die Löwen den Aufstieg. Davon kann Düsseldorf mit der Fortuna nur träumen.

© SZ vom 13.09.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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