Süddeutsche Zeitung

Lieblingsdings:Ein Bundeswehrrucksack als bester Freund

Der Sänger und Gitarrist Rainer Gärtner, alias Impala Ray, hat seinen alten Rucksack aus Bundeswehrzeiten immer dabei - nicht nur wegen des besonderen Rückenpolsters. Die Geschichte einer Freundschaft, die mit einer Notlüge begann.

Von Katharina Federl, München

Der Sommer 2003 war außergewöhnlich heiß. Hitzesommer wurde er genannt, Rekordsommer, oder die Superlative: Jahrhundertsommer! Das Hochdruckgebiet "Michaela" brachte ganz Deutschland zum Schwitzen, die Werte kletterten immer weiter, überstiegen bald sogar die 40-Grad-Marke. "Schweineheiß war's, von Mai bis September ohne Pause", erinnert sich der Sänger und Gitarrist Rainer Gärtner, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Impala Ray.

Er war in jenem Jahr gerade mit der Schule fertig geworden und musste über die Sommermonate Wehrdienst bei der Bundeswehr leisten. Vor dem täglichen Drill habe er keine Angst gehabt und seine körperliche Fitness, da war er sich ziemlich sicher, würde schon ausreichen, trotz der Hitze. Angst hatte er schon eher vor den "Typen", auf die er dort treffen würde. Schnell stellte sich aber für ihn heraus: "Das sind ja alles super coole Jungs." Jeder seiner Zimmergenossen hatte seine Stärken. Gärtner war der Langstreckenläufer, ein Kumpel war super schlau und immer fürs Navigieren in der Wildnis zuständig, andere haben ihm dafür sein Gewehr und seinen Rucksack abgenommen. "Wir haben uns gut ergänzt", erzählt Gärtner. Und so wurde der Jahrhundertsommer einer, an den er bis heute immer wieder gerne denkt, zumal er ein Erinnerungsstück daran behalten hat.

Denn seinen eigenen Rucksack hat Rainer Gärtner nie hergegeben. Stundenlange Märsche habe er damals mit ihm bestritten und sich währenddessen geschworen: "Wenn das alles vorbei ist, dann nimmst du den Rucksack als Andenken mit." Und das tat er - wenn auch mithilfe einer kleinen Notlüge. Nach seiner Zeit beim Bund gab er vor, ihn verloren zu haben. Daraufhin musste er zehn Euro zahlen - und die Sache war erledigt. Damals wusste er noch nicht, wie wertvoll der Rucksack eines Tages für ihn sein würde. Heute behauptet Gärtner: "Der kennt mich besser als mein bester Freund."

Egal ob Gärtner sich gerade in einem Matatu, einem Sammeltaxi, in Kenia oder im Dschungel von Malaysia befindet, in den Alpen wandern geht oder Gigs mit seiner Band spielt: Der Bundeswehrrucksack begleitet ihn "wirklich auf jeder verdammten Reise" und hat schon einiges von dieser Welt gesehen. "Schöne und nicht so schöne Dinge. In diesem Teil steckt irgendwie mein Leben", sagt Gärtner. Schlicht und robust ist er, und bis heute sehe er so aus wie damals im Sommer 2003. Das Praktischste an ihm: seine integrierte faltbare Isomatte, die zugleich als Rückenpolster dient. Damit könne er überall schlafen oder eine spontane Yoga-Runde einlegen. Ein Schlafsack lasse sich auch auf ihm transportieren, wie damals auf der Reise durch Kenia.

Der Rucksack ist nur knapp einen halben Meter hoch, hat ein großes und zwei kleine Seitenfächer; durch seine grün-braune Tarnfarbe ist er nicht besonders auffällig. Mithilfe des "Rollverfahrens" passt eine ganze Menge rein. Wenn er etwa übers Wochenende mit seiner Band auf Festivals unterwegs ist, dann lege er ein Butterbrotpapier in seine Hemden und packe sie anschließend zusammengerollt in den Rucksack. So blieben sie faltenfrei. Diesen praktischen Kniff hat er bei einem Auftritt im ZDF-Fernsehgarten gelernt.

Einmal hatte Gärtner den Rucksack nach einem Auftritt liegen gelassen und erst am nächsten Morgen den Verlust bemerkt. Unversehrt, aber mit Lebensmitteln aus dem Backstage-Bereich befüllt, schickte der Veranstalter das Stück zurück. Der Rucksack überlebte die Reise, nur der Geruch der vergorenen Milch, die Gärtner für seinen Auftritt bestellt hatte, minderte die Freude beim Wiedersehen. Bis heute heißt es in seiner Band: "Ray, hast du wieder deine Milch im Gepäck?"

In seinem Münchner Studio, das gleichzeitig seine Wohnung ist, nimmt Gärtner aka Impala Ray gerade "rund um die Uhr" neue Songs auf. Man könne sich auf viele Überraschungen freuen, sagt er, "es wird abgefreakt". Er wünscht sich, dass die Zuhörer sich fühlen, wie auf einem Roadtrip mit den besten Freunden zu den schönsten Plätzen der Welt. Nächstes Jahr wird er wieder auf Konzerttour gehen - ein Begleiter ist ihm sicher.

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