Zwei Jahre Haft:240 000 Euro in der Tiefkühltruhe

Ein 60-jähriger Mitarbeiter soll das Geld aus dem Tresor einer Immobilienfirma genommen haben. Angeblich habe er es als "Sicherheit" für seine Altersversorgung behalten sollen. Der Richter sieht die Sache anders.

Von Andreas Salch

Gelegenheit macht Diebe - so mutmaßlich auch einen Industriekaufmann aus München, der die Immobilienfirma, für die er als freier Mitarbeiter tätig war, um 240 000 Euro erleichtert haben soll. Ein Schöffengericht am Münchner Amtsgericht verurteilte den Mann jetzt dafür wegen Unterschlagung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Rechtskräftig ist das Urteil (Az. 824 Ls 252 Js 151990/20) allerdings noch nicht. Denn sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft haben Berufung gegen die Entscheidung vor dem Landgericht München I eingelegt.

In dem Strafverfahren vor dem Amtsgericht beteuerte der 60-jährige Angeklagte bis zuletzt, dass er das Geld mit Einverständnis der Immobilienfirma entnommen habe. Schon 2017 sei ihm als "Dank" für seine "jahrelang geleisteten Dienste in der Verwaltung" eine monatliche Altersrente in Höhe von 5000 Euro versprochen worden. Doch daraus sei nichts geworden. Stattdessen habe ihm die Immobilienfirma in Aussicht gestellt, dass ihm statt der stattlichen monatlichen Rente eine 90 Quadratmeter große Wohnung übertragen werde. Dieses Versprechen sei jedoch später wieder in Frage gestellt worden. Aus diesem Grund, so der Angeklagte, habe er von dem Unternehmen Sicherheiten verlangt. Im April 2020 sei er von der Immobilienfirma im Zuge eines Gesprächs via Skype "aufgefordert" worden, einen Betrag in Höhe von 240 000 Euro als "Sicherheit" aus einem Tresor zu nehmen.

Der Mitarbeiter sollte zuvor eine Viertelmillion abheben und im Safe deponieren

Vier Wochen vor dieser ominösen Aufforderung hatte der Angeklagte den Betrag auf Anweisung der Firma selbst in dem Safe hinterlegt. Ein Verantwortlicher der Immobilienfirma hatte den Industriekaufmann im März 2020 von den USA aus telefonisch Vollmacht erteilt, vom Geschäftskonto 250 000 Euro abzuheben und im Firmentresor zu deponieren. Anschließend sollte der Industriekaufmann die Kombination ändern. Irgendwann zwischen Ende März und Anfang April soll der Angeklagte jedoch den gesamten Betrag bis auf 10 000 Euro an sich genommen haben.

Für den mysteriösen Deal, wonach der Industriekaufmann angeblich 240 000 Euro als "Sicherheit" für sich aus dem Tresor nehmen durfte, existiert keine schriftliche Vereinbarung. Auch wurde der Betrag von dem 60-Jährigen nicht quittiert. Nachdem er das Geld an sich genommen hatte, war der Industriekaufmann in ein anderes Bundesland gezogen. An seiner neuen Adresse kam es zu einer Hausdurchsuchung. Dort entdeckten die Fahnder der Polizei einen Großteil des Geldes in einer Tiefkühltruhe - versteckt unter Kaffeepulver.

Vor Gericht erklärte ein Vertreter der Immobilienfirma, der Betrag über 250 000 Euro sei tatsächlich zur Begleichung von Rechnungen und für Gehälter bestimmt gewesen sei, da die Banken wegen der Corona-Pandemie teilweise geschlossen gewesen seien. Der Angeklagte habe vom Unternehmen "definitiv keinerlei Zusagen oder Schenkungen erhalten".

Der Vorsitzende Richter des Schöffengerichts glaubte dem Industriekaufmann nicht. Dessen Einlassung sei "nicht glaubhaft und lediglich als Schutzbehauptung zu werten". Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Unternehmen, nachdem es von seinem angeblichen Versprechen einer Rentenzahlung von monatlich 5000 Euro abgerückt war, ihm dann aber plötzlich gestatte, sich 240 000 Euro aus dem Firmensafe zu nehmen.

Zugunsten des Industriekaufmanns ging das Gericht davon aus, dass es sich um eine Gelegenheitstat handelte und der Angeklagte "eventuell frustriert" war, weil er dachte, ihm stehe mehr Geld zu. Zu Lasten des 60-Jährigen wertete das Schöffengericht eine Vorstrafe wegen Steuerhinterziehung aus dem Jahr 2014.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusOmikron-Variante
:"Eine richtige Herdenimmunität kriegen wir nicht mehr hin"

Wie gut schützt die Impfung bei Omikron? Und wie häufig wird in Zukunft ein Booster nötig sein? Ein Gespräch mit Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie an der München Klinik Schwabing, über eine Impfpflicht und eine Neudefinition der Grundimmunisierung.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: