Marktstudie:Immobilienpreise fallen erstmals seit Jahren

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Die Münchner Innenstadt soll für die Einwohnerinnen und Einwohner lebenswert sein. Das ist das Ziel des Stadtbaurats. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

"Das Geschehen hat sich gedreht": So lautet das Fazit des Immobilienverbands IVD. Denn Inflation und Zinsanstieg machten sich am Markt bemerkbar - gleichzeitig breche der Neubau ein.

Von Anna Hoben

Wenn Stephan Kippes vom Marktforschungsinstitut des Immobilienverbands Deutschland (IVD) eine seiner regelmäßigen Studien abhielt, dann stand danach an dieser Stelle in den vergangenen Jahren immer - in Variationen - folgender Satz geschrieben: Die Preise kennen nur eine Richtung, nämlich nach oben. So gleicht es einer kleinen Sensation, dass Kippes bei der Vorstellung des aktuellen Berichts zu Kaufobjekten in München und ganz Bayern diesen Satz sagte: "Das Geschehen hat sich gedreht." Es handle sich um einen "absolut spannenden Zeitpunkt".

In der Tat, bei den Kurven für München ist der ein oder andere leichte Knick nach unten festzustellen. Zum Beispiel bei den Eigentumswohnungen (Bestand, guter Wohnwert): Mussten Käufer im Frühjahr durchschnittlich 9500 Euro pro Quadratmeter bezahlen, sind es jetzt im Herbst 9450 Euro. Oder Reihenmittelhäuser (Neubau, guter Wohnwert): Kostete ein solches im Frühjahr 1,48 Millionen Euro, sind es jetzt 1,47 Millionen. Und dann wäre da noch die Doppelhaushälfte (Neubau, guter Wohnwert): 1,98 Millionen Euro im Frühjahr, jetzt 1,97 Millionen. Die Zwei-Millionen-Euro-Grenze ist also erst einmal nicht überschritten.

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Gleichzeitig steigt die Anzahl der angebotenen Objekte auf dem Markt: Von Januar bis August waren es in München fast so viele wie im kompletten Jahr 2021 - "weil mehr im Markt rumliegt", wie Kippes sagte. Ob das alles schon unter "Schlussverkauf" laufen kann, ist fraglich. Aber das Abknicken der Preise sei schon "sehr beachtlich", findet der Marktforscher. In anderen bayerischen Städten sei dieser Trend noch nicht so angekommen, mit der Betonung auf "noch nicht". Dort findet man in den meisten Segmenten noch Plus-Zeichen, die Preise steigen also weiterhin - anders als in der Landeshauptstadt.

Makler müssen zeigen, "dass sie auch die hohe Kunst des Verkaufens beherrschen"

In München seien in manchen Marktsegmenten die Ausschläge noch höher, sagte der Makler Ralf Heidemann. Vor allem bei Objekten mit "Lageproblemen" stelle er noch stärkere Einschnitte fest. Soll heißen: Es verkauft sich nicht mehr alles zu jedem Preis. Für das Umland berichtete Dagmar Hauser aus Puchheim, dass sogar Grundstücke im Einheimischen-Modell wegen der Zinsbelastung wieder zurückgegeben würden. "Ein schwieriger Gedanke", befand Kippes, "dass Einheimischen-Modelle nicht mehr funktionieren."

Die Makler Stefan Grandauer aus Rosenheim und Oliver Hold aus Kempten berichteten, dass während der Pandemie viele Münchner in ihre Regionen gezogen seien, wegen der besseren Home-Office-Möglichkeiten. Aber auch dort gebe es nun Immobilien, die "extrem schwer zu handeln" seien. Bislang habe die Schwierigkeit für Makler darin bestanden, Objekte zu akquirieren, fasste Kippes zusammen; das Verkaufen sei der leichtere Job gewesen. Jetzt müssten Makler zeigen, "dass sie auch die hohe Kunst des Verkaufens beherrschen".

Die Bauträger seien deutlich vorsichtiger geworden, führte er aus. Sie seien generell in einer schwierigen Situation: Die Kosten für Materialien seien stark gestiegen und schwer zu kalkulieren, teilweise komme noch das Problem dazu, Handwerksfirmen für die Arbeiten zu bekommen. Die Neubautätigkeit habe sich also "stark nach unten entwickelt". Das Ziel von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD), 400 000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen, erscheine unter diesen Vorzeichen "noch verwegener", so Kippes. Und angesichts des für München prognostizierten Bevölkerungswachstums stehe man vor einer "riesigen Aufgabe, die wir im Moment nicht annähernd lösen".

Wie es weitergeht mit den Preisen? "Wir sind im Blindflug-Bereich unterwegs", sagte Kippes. Vorhersagen seien schwierig; so viele verschiedene Faktoren wirkten gerade auf den Markt ein, Zinsentwicklung, Inflation, Krieg in der Ukraine - und auch die Corona-Pandemie sei ja noch nicht vorbei, sondern nur in den Hintergrund gerückt. Und was das alles für die Münchner Mieten bedeutet? "Da sind wir noch am Auswerten", so Kippes. Der nächste Marktbericht kommt bestimmt.

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