Ein heimischer Groß-Investor löst im Rathaus massive Unruhe und Misstrauen aus. Seit der Anwalt Erich Schwaiger wie aus dem Nichts eine Immobilie nach der anderen in Münchner Bestlage erwirbt, rätselt die Stadtpolitik, warum der Anwalt gerade wie bei einem Shoppingbummel links das Stammhaus von Sport Schuster kauft, dann rechts den Sitz des Modehauses Hirmer, gleich noch bei der Alten Akademie mitbietet und am liebsten auch das frühere Hertie-Kaufhaus am Hauptbahnhof kaufen will.
Vor allem aber fragt sich die Stadtpolitik: Hat Schwaiger das nötige Geld dafür? Und woher kommt es?
Seit Freitagnachmittag gibt es zumindest eine Antwort, woher es nicht stammen soll. Schwaiger ließ in einer Mitteilung klarstellen, dass es sich „weder um Gelder aus dem arabischen Raum noch um Gelder aus Staaten handelt, die von der Europäischen Union sanktioniert sind“. Die Mitteilung wurde von Malte Platzek verschickt, der den Titel „Leiter Investment“ trägt. Zum ersten Mal überhaupt äußert sich der Investor damit zumindest indirekt zu seinen Käufen und Erwerbsabsichten.

Exklusiv Immobilien in der Fußgängerzone:Ein Phantom kauft die Münchner Innenstadt auf
Hirmer, Sport Schuster, Kaut-Bullinger – der Münchner Investor Erich Schwaiger erwirbt binnen weniger Tage Top-Immobilien in bester Lage. Zudem wirft er ein Auge auf die Alte Akademie und das Tietz-Haus am Bahnhof. Die Branche rätselt: Was steckt hinter den Plänen?
Zudem bestätigte Platzek, dass Schwaiger die Geschäfts- und Kaufhäuser im Wert von Hunderten Millionen Euro nicht selbst bezahlt. Von „üblichen Fremdfinanzierungen“ ist in der Mitteilung die Rede. Schwaiger fühlt sich dabei zu Unrecht angegriffen. „Die Falschmeldungen über obskure Geldgeber wurden offenbar bewusst gestreut, um den einwandfreien Leumund und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Herrn Schwaiger zu diskreditieren und ihn in ein negatives Licht zu rücken“, schrieb sein Mitarbeiter Platzek.
Wenn die Stadtpolitik nun darauf hoffen sollte, dass der Investor seine Motive und seine Hinterleute in naher Zukunft vorstellen wollte, dürfte sie allerdings enttäuscht werden. „Herr Schwaiger wird sich zu seinen wirtschaftlichen Aktivitäten weiterhin nicht persönlich äußern“, heißt es am Ende der Mitteilung.
Diese Haltung dürfte nicht dazu führen, dass das Vertrauen der Stadtpolitik in den Investor schlagartig wächst. Noch ist die Erinnerung frisch, dass ein ähnlicher Kaufrausch in der Innenstadt vor Kurzem schiefging. Die Pleite der Signa-Gruppe von René Benko machte die Alte Akademie und das riesige Kaufhaus zwischen Stachus und Hauptbahnhof, früher Tietz und dann Hertie, zu Brachflächen. Seither will die Stadtpolitik sehr genau wissen, wie zuverlässig und krisenfest Investoren sind, die wichtige Immobilien im Herzen der Stadt erwerben.
„Mit Geheimniskrämerei lädt man nur zu Spekulationen ein“, sagt Bürgermeister Dominik Krause (Grüne). Nur zu erklären, woher das Geld nicht kommt, dürfte nicht nur für ihn zu wenig sein. „Ich erwarte, dass ein Investor in so einem Fall transparent macht, was er mit diesen Immobilien vorhat und wer mögliche Finanziers im Hintergrund sind.“

Dabei stellt Krause klar, dass die Stadt offenbar keine schlechten Erfahrungen mit dem Anwalt gemacht hat, der bisher hauptsächlich im Wohnungsbau aktiv war. „Herr Schwaiger ist als seriöser Akteur auf dem Münchner Immobilienmarkt bekannt und grundsätzlich sind Immobiliengeschäfte auch Privatsache“, sagt Krause. Zu den aktuellen Geschäften gebe es wegen der herausragenden Bedeutung der betroffenen Immobilien aber ein hohes Interesse der Öffentlichkeit.
Während Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) erklärt, sich grundsätzlich nicht an Spekulationen über Immobiliengeschäfte zu beteiligen, fordert auch die CSU mehr Transparenz gegenüber der Stadt. Wenn jemand immer mehr Gebäude in der Innenstadt kaufe, müsse er auch die Finanzierung erklären, sagt die CSU-Planungsexpertin Heike Kainz. Nur so könne ein Investor einer aufkommenden Sorge entgegenwirken.
Die CSU-Stadträtin will aber auch nicht vorschnell urteilen. „Wir halten es grundsätzlich für begrüßenswert, wenn ein Investor aus der Region kommt“, sagt die Stadträtin. Doch die Stadt müsse auch sicherstellen, dass nicht wieder ein Stillstand wie nach der Signa-Pleite drohe. „Wir wollen, dass etwas vorangeht und gut funktioniert und keine Dauerbaustellen.“
Das Unbehagen über Schwaigers rasante Aufkäufe und seine Verschlossenheit ist auch in der Immobilienwirtschaft groß. Erstmals öffentlich artikuliert hat das nun der Maklerverband IVD Süd. „Grundsätzlich wirft die neue Situation erhebliche Fragen und Bedenken auf“, sagt der Verbandssprecher Stephan Kippes.
Auch er verweist auf das Beispiel von René Benko und dessen Signa-Gruppe, die „eine beachtliche Anzahl von Großprojekten in Spitzenlagen zusammengekauft hat und dann krachend scheiterte“. Umso wichtiger, so Kippes, sei es, dass Schwaiger sich öffne: „Transparenz ist notwendig und angebracht, und sie sollte auch im Interesse des Investors und der hinter ihm stehenden Kapitalgeber sein.“

