Amtsgericht München:Prozess gegen Journalisten nach IAA-Protesten

Amtsgericht München: Aus dem besetzten Haus in der Karlstraße hatten Aktivisten Banner gehängt, um gegen die Automesse IAA-Mobility zu demonstrieren.

Aus dem besetzten Haus in der Karlstraße hatten Aktivisten Banner gehängt, um gegen die Automesse IAA-Mobility zu demonstrieren.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Weil er für eine Zeitung aus einem besetzten Haus berichtete, muss sich ein Reporter vor Gericht verantworten. Die Gewerkschaft Verdi wertet das als Versuch des Freistaats Bayern, "unerwünschte Berichterstattung" nachträglich zu bestrafen.

Von Martin Bernstein

Weil er für die in Berlin erscheinende Zeitung taz am 10. September über eine Hausbesetzung in München berichtet hat, muss sich ein Journalist aus Hannover am kommenden Donnerstag vor dem Münchner Amtsgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, gemeinsame Sache mit den Aktivisten gemacht zu haben, die gegen die Internationale Automobilausstellung (IAA) protestierten. Das kurzfristig besetzte Haus in der Karlstraße gehört dem Freistaat Bayern. Dieser hatte über eine Immobilientochter Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs gestellt. Weil der Journalist einen Strafbefehl über 1600 Euro nicht akzeptierte, kommt es nun zum Prozess.

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in der Gewerkschaft Verdi hat im Vorfeld des Prozesses den Freistaat aufgefordert, den Strafantrag zurückzunehmen. Der Journalist habe das Gebäude betreten, um einen unmittelbaren Eindruck vom Geschehen zu gewinnen. Die Bundesgeschäftsführerin der dju, Monique Hofmann, wertet die Anzeige als Versuch des Freistaats Bayern, "unerwünschte Berichterstattung" durch Strafverfahren nachträglich zu bestrafen: "Journalistinnen und Journalisten müssen ungehindert über Vorgänge berichten können, die für die Öffentlichkeit relevant sind", schreibt sie in einer am Donnerstag veröffentlichten Pressemitteilung.

"Wenn ich über ein besetztes Haus informieren möchte, muss ich es auch betreten", so der Betroffene. Gerade bei Gebäuden, die in öffentlicher Hand stehen, müsse journalistische Arbeit ermöglicht werden. Der Journalist hatte am 10. September auch auf Twitter in Wort und Bild von den Ereignissen während der Hausbesetzung und von der Räumung des Gebäudes berichtet. So schrieb er unter anderem: "Ich bin nach wie vor im Gebäude und werde weiter von den Entwicklungen berichten."

Ein von der Polizei eskortierter Demonstrationszug der Gruppierung "No future for IAA" hatte am 10. September vor dem Haus in der Karlstraße Halt gemacht. Demonstranten versuchten, auf Bäume zu klettern. Andere hatten das leer stehende Haus bereits in der Nacht besetzt: Aus den oberen Stockwerken wurden Banner entrollt mit der Aufschrift "Block IAA", außerdem wurden Bengalos gezündet. Gegen 13.30 Uhr räumte die Polizei das Haus und nahm mehrere Personen fest, unter ihnen den Journalisten.

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