Bilanz der Proteste:Viele Verfahren gegen IAA-Demonstranten eingestellt

Bilanz der Proteste: Die Polizei versucht, einen Aktivsten während einer IAA-Demo vom Baum zu holen.

Die Polizei versucht, einen Aktivsten während einer IAA-Demo vom Baum zu holen.

(Foto: Tim Wagner/imago images)

Die Anzeigen gegen Klimaaktivisten, die gegen die Automesse protestierten, führen nur selten zu Strafen. Auch die Beleidigung eines Polizisten gegen einen Fotografen bleibt ungeahndet.

Von Bernd Kastner

Die Nervosität war groß vor der ersten Automobilausstellung IAA in München, vor allem bei Polizei und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Er warnte vor einer "europaweiten Mobilisierung aus dem linksextremen und linksautonomen Spektrum". Tausende Polizisten waren im September 2021 im Einsatz. Nun zeigt sich, dass es längst nicht so schlimm kam, gemessen an den bisher verhängten Strafen.

Die Grünen im Landtag wollten von der Staatsregierung wissen, was strafrechtlich bei den Anzeigen herauskam. So genau wisse das niemand, antwortet das im IAA-Vorfeld so alarmierte Innenministerium. Man habe keine geeigneten "Rechercheparameter", um Polizeistatistiken zu durchsuchen, es seien "keine validen Aussagen" möglich. Um Genaues herauszufinden, wäre ein so großer manueller Aufwand nötig, dass dies den "Schutzauftrag des Staates" gegenüber seinen Bürgern gefährden" würde.

Der erbetenen Antwort nähert sich das Ministerium zumindest an und präsentiert eine Tabelle mit 91 Zeilen. Die Liste beziehe sich allein auf Vorkommnisse während der angemeldeten Demos. Eine Auswahl: 41 Mal steht da Hausfriedensbruch, 39 Mal wurde eingestellt von der Staatsanwaltschaft, einmal gab es Verwarnung und geringe Geldstrafe, einmal eine richterliche Weisung. Von 14 Anzeigen wegen Nötigung wurden acht eingestellt und fünf mit Geldstrafen gerichtlich geahndet. Wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr wurde 15 Mal Anklage erhoben, Entscheidungen stehen aus. Von fünf Verfahren wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte wurden vier eingestellt. Zwei Beleidigungen wurden mit Geldstrafen von 30 und 50 Tagessätzen geahndet. Um welche Vorfälle es jeweils geht, ist nicht angegeben.

Hinzu kommt eine weitere, ganz spezielle Beleidigung: Auf einem Video sei ein Polizist zu hören, der im Gespräch mit einem Kollegen einen Pressevertreter "Fotowichser" nenne. Weil man keinen Geschädigten gefunden habe, habe die Staatsanwaltschaft gar kein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Auch wenn das Bild unscharf bleibt, ist sich der Münchner Grünen-Abgeordnete Florian Siekmann sicher: "Die Panikmache der CSU vor Randale und Krawall war völlig überzogen." Der Protest sei weitgehend friedlich geblieben. Im Hinblick auf die nächste IAA lobt die Münchner Grünen-Vorsitzende Svenja Jarchow, deren Partei der Münchner Stadtregierung angehört, die geringfügigen Einschränkungen: "Es ist gut, dass der Stadtrat weniger des knappen öffentlichen Raums in der Innenstadt für die IAA bereitstellt."

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