Süddeutsche Zeitung

Gastronom klagt über IAA:"Noch einmal möchten wir so etwas nicht erleben"

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Der Auf- und Abbau der Mobilitätsmesse lief am Odeonsplatz zum Teil recht chaotisch ab - auf Kosten der Lokale in der Residenzstraße. Auch für die Frank Weinbar war die IAA eher Fluch als Segen.

Von Franz Kotteder

Wenn Candy Calligaro und Felix Neuner-Duttenhofer an 2023 und 2025 denken, wird ihnen schon jetzt ein bisschen anders. Die beiden betreiben die Frank Weinbar in der Residenz und hatten in diesem Jahr, gleich ums Eck am Odeonsplatz, die IAA Mobility zu Gast. Zuerst dachten sie, das könne ja nicht schaden, da würde sicher auch der eine oder andere Besucher in der Weinbar hängen bleiben. Aber dann stellte sich heraus, dass die IAA eher Fluch als Segen war.

Alles begann am 3. August mit einem Infozettel von Mercedes. In zwei Tagen, so hieß es darin, werde der Aufbau für ein Kunstprojekt auf dem Odeonsplatz beginnen, das dann zwei Monate lang "den gegenwärtigen Zeitgeist mit kulturellen und nachhaltigen Werten im Urbanen verbindet". Dazu müsse der Platz mehrere Tage gesperrt werden, weitere Straßen würden leider folgen. Man müsse Kabel verlegen und tragende Säulen für das Kunstobjekt aufstellen.

Das geschah dann unter anderem auf der Freischankfläche der Weinbar: drei Meter hoch sowie zweieinhalb Meter im Quadrat, direkt an Ort und Stelle aus Beton gegossen. Per E-Mail wurden dann weitere Sperrungen angekündigt. Die Gäste blieben aus, die Kulisse aus herumkurvenden Gabelstaplern schreckte ab. Dann kam die Nachricht von der Stadt, dass die halbe Freischankfläche vor dem Lokal für drei Wochen gestrichen werde, wegen der IAA. Dafür stellte man auf den Gehweg vors Lokal eine Kabelbrücke, dadurch waren drei weitere Tische nicht mehr zu benutzen. Bauarbeiter rückten an, die den Odeonsplatz asphaltierten, mit dem entsprechenden Lärm zwischen morgens und 22 Uhr abends. Und im Wintergarten der Weinbar stand eines Tages ohne Vorankündigung ein großer Stromkasten.

Das setzte sich fort bis zum Abbauende Mitte Oktober. "Zeitweise staubte es so", erzählt Calligaro, "dass meine Bedienungen alle halbe Stunde die Tische wischen konnten. Leider war das fast ihre einzige Beschäftigung."

Normalerweise macht die Bar in schönen Sommerwochen einen fünfstelligen Umsatz, daran ist zumindest in den beiden Auf- und Abbauwochen nicht ansatzweise zu denken. Auch die Bedienungen verdienten deutlich weniger, an normalen Tagen kommen sie pro Schicht auf 80 bis 120 Euro Trinkgeld. Beschwerden blieben fruchtlos; IAA und Mercedes sprachen von einem "Lernprozess", in dem man sich befinde. Man bedauerte, fand aber zugleich auch, man sei gar nicht der richtige Ansprechpartner. Ähnlich antwortete der städtische Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU). Das Kreisverwaltungsreferat sagt heute zur SZ, Straßensperrung und die Verkleinerung von Freischankflächen seien "nicht unangekündigt" gewesen und man wolle bei zukünftigen Veranstaltungen "betroffene Betriebe so früh wie möglich über Einschränkungen informieren".

Immerhin outet sich das Kreisverwaltungsreferat damit als Ansprechpartner. Den werden die Weinbar und die anderen Gastronomen in der Umgebung die nächsten Male dann auch ansprechen, meinen Calligaro und Neuner-Duttenhofer: "Wir wollen 2023 vorher wissen, was auf uns zukommt", sagen sie, "noch einmal möchten wir so etwas nicht erleben."

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