Die vom Münchner Stadtrat beschlossene Absage des Mobilitätskongresses 2025 ist von verschiedenen Umwelt-Organisationen scharf kritisiert worden. Die Münchner Zivilgesellschaft sei "schockiert" über die Entscheidung, schrieben Bund Naturschutz, der Verein Isarlust und das Bündnis Münchner Initiative Nachhaltigkeit in einer gemeinsamen Stellungnahme: "Die Automobilindustrie regiert in München."
Der Kongress fand bislang zweimal im Rahmen der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) statt, die 2021 von Frankfurt nach München umgezogen war. Den Plänen des Mobilitätsreferats zufolge sollte der Kongress im nächsten Jahr zeitlich von der im September terminierten IAA getrennt und außerhalb der bayerischen Sommerferien verlegt werden, um mehr Aufmerksamkeit zu generieren. Als möglicher Zeitraum wurde der November vorgeschlagen. Auf Antrag der Regierungsfraktionen von Grünen/Rosa Liste und SPD/Volt wurde der Kongress jedoch für 2025 erst einmal ausgesetzt und der Zuschuss für ein geplantes großes Pilotprojekt zur Verkehrswende gestrichen.
Für 2027 soll sich der Stadtrat zumindest mit der Organisation des Kongresses erneut beschäftigen. "Es geht nicht darum, ihn für immer einzustampfen", versicherte die Grünen-Stadträtin Gudrun Lux. Als Hauptgrund für die am Mittwoch beschlossene Absage nannten beide Fraktionen die angespannte Haushaltslage der Stadt, die zu Einsparungen nötige. In diesem Fall geht es um knapp eine Million Euro, 300 000 Euro davon waren für das bisher nicht näher bestimmte Großprojekt budgetiert. Verschiedene kleinere und mittlere Verkehrsprojekte von privaten, zivilgesellschaftlichen Bündnissen sollen weiterhin unterstützt werden, jedoch in geringerem Umfang. Dafür soll es nun bloß noch 120 000 Euro geben.
Die Grünen hatten den Mobilitätskongress im März 2020 selbst initiiert. Die Absicht war, unter Federführung der Landeshauptstadt "einen kritischen und konstruktiven Dialog" zu führen und "urbane Mobilität ganz neu zu denken", wie es im damaligen Antrag hieß. Die IAA-Organisatoren hatten seinerzeit verkündet, ihre Veranstaltung von einer reinen Autoshow zu einer Mobilitätsmesse entwickeln zu wollen. Das sollte auch mit dem neuen Namen IAA Mobility verdeutlicht werden.
"Angesichts der Haushaltslage müssen wir Prioritäten setzen, und in diesem Fall war die Abwägung wirklich schmerzlich", sagte Gudrun Lux: "Der Mobilitätskongress ist ein grünes Baby. Aber wir wollen ein Signal setzen: Wir sparen auch da, wo es uns wehtut." Ihr Stadtratskollege Andreas Schuster von der SPD versicherte, dass das eingesparte Geld nicht irgendwo im städtischen Haushalt verschwinde, sondern im Verkehrssektor bleibe.
Dort könnte es zum Beispiel für eine bessere Ausstattung von Sommerstraßen oder Projekten wie der Fußgängerzone in der Weißenburger Straße eingesetzt werden: "Vor ihrer Haustüre merken die Leute viel mehr, was es mit der Verkehrswende auf sich hat." In diesem Sinn warb auch Lux für Verständnis: "Wenn wir uns entscheiden müssen, dann haben Maßnahmen, die direkt bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommen, immer Vorrang."
Theorie weglassen, aber Praxis ermöglichen und an konkreten Orten etwas verändern, so soll man das Motto der Rathaus-Koalition wohl verstehen. Thorsten Kellermann, der Vorstand der Münchner Kreisgruppe im Bund Naturschutz, sieht das anders: "Mit den eingesparten Euros kann kein Radweg finanziert werden." Für ihn bleibt als Botschaft: "Die Verkehrswende geht, die IAA bleibt."
Dieser Einschätzung widerspricht Andreas Schuster: "Mein Eindruck ist, dass die Mobilitätswende nicht von diesem Kongress abhängt." Seitens der Autoindustrie habe es jedenfalls keinen Druck gegeben, da sei spätestens 2023 akzeptiert gewesen, dass es beim Mobilitätskongress um ein Miteinander gehe, kein Gegeneinander. Der grün-rote Vorstoß zur Absage, dem im Ausschuss nur ÖDP/München-Liste und Linke/Die Partei nicht gefolgt sind, sei "nicht leichtgefallen", bekräftigte Schuster: "Wir haben das nicht mit Freude gemacht."