Mobilitätsmesse:Wie der "Sommer in der Stadt", nur mit Autos

Clemens Baumgärtner über den Dächern von München, 2019

Münchens Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner glaubt fest daran, dass die IAA trotz Corona-Pandemie in München stattfinden kann.

Von Andreas Schubert

"Die IAA wird stattfinden, da bin ich mir sicher." Münchens Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) lässt keinen Zweifel aufkommen, dass die Automesse, die nun eine Mobilitätsmesse wird, nicht wegen Corona abgesagt wird. Erst am vergangenen Mittwoch hatte das Handelsblatt berichtet, die Veranstaltung stehe auf der Kippe. Doch Baumgärtner hält den Skeptikern entgegen, dass München schließlich im vergangenen Jahr den "Sommer in der Stadt" organisiert habe, bei dem zum Beispiel der Königsplatz mit Buden und einem Riesenrad bespielt wurde und auf dem Tollwood-Gelände im Olympiapark eine Art Mini-Wiesn aufgebaut war. Die sogenannten Open Spaces der IAA mobility auf mehreren öffentlichen Plätzen mitten in der Stadt seien aus seiner Sicht sicher - schon allein deshalb, weil bis zum September nach Einschätzung Baumgärtners ein Großteil der Bevölkerung geimpft sein werde.

Die Open Spaces sollen Orte sein, auf denen verschiedene Aussteller zukunftsweisende Formen der Mobilität vorstellen sollen. Darunter werden unter anderem auch viele Hersteller von Fahrrädern sein. Auf dem Königsplatz ist eine Bühne geplant, auf der sich Präsentationen und Konzerte abwechseln, "Mobilitätsvisionen" sollen gezeigt werden und "Mikromobilitätslösungen." Ob es sich dabei um neuartige E-Scooter oder Sonstiges in der Richtung handelt, ist noch offen.

Über konkrete Aussteller gibt die Messe noch keine Auskunft. Es müssten noch Verträge unterschrieben werden, sagt Christine von Breitenbuch, die IAA-Projektleiterin bei der Messe München. Der Königsplatz ist zudem Start- und Ankunftspunkt der sogenannten Blue Lane, die Umweltspur, die das Zentrum mit dem Messegelände in Riem verbinden soll. Auf dieser sollen nur emissionsarme Fahrzeuge fahren dürfen, öffentlicher Nahverkehr und Fahrzeuge, die mit mindestens drei Personen besetzt sind. Eine wichtige Bedeutung soll auch die Brienner Straße bekommen, auf der Besucher "Mikomobilitätslösungen" ausprobieren können und die von der hiesigen Kulturszene bespielt werden soll. Auch hier ist noch offen, welche Künstler sich eventuell beteiligen.

Die Hofgartenstraße wird eine Bike Area, auf dem Odeonsplatz sollen "Mikromobilität und Individualverkehr" platziert werden. Auf dem Marienplatz ist laut Breitenbuch eine Speaker's Corner vorgesehen, wie eine Bühne im modernen Messe-Sprech heute heißt, sowie eine Workshop Area. Der Marienplatz soll eine "Dialogfläche zum Austausch über gesellschafts- und umweltpolitische Themen" werden, dazu seien alle eingeladen, sagt Tobias Gröber, der Geschäftsbereichsleiter Konsumgütermessen der Messe München. Damit meint Gröber auch die Kritiker der IAA, die sich durchaus zu Wort melden dürften. "Unsere Tür ist offen", sagt er.

Und die Autos? Natürlich werden in den Open Spaces auch Autos zu sehen sein, sagt Jan Heckmann vom Verband der Automobilindustrie (VDA), "aber vorrangig emissionsfreie Fahrzeuge". Der Messe München und dem VDA geht es darum, Exponate der IAA für die Besucher erlebbar zu machen. Am 11. und 12. September soll auch der Summit, also das Messegelände, für Besucher geöffnet werden.

Dass vorab anhaltende Kritik laut geworden ist, kann Baumgärtner nicht nachvollziehen. Unter anderem wirft der Bund Naturschutz der IAA "Greenwashing" vor. Umweltaktivisten vom Bündnis "noIAA" haben am Mittwoch am Marienplatz mit eben jenem Vorwurf gegen die Ausstellung demonstriert und ein altes Auto mit grüner Farbe bemalt. "Irgendwann reicht's mal mit dem Draufhauen", sagt Baumgärtner. In München hingen 140 000 Arbeitsplätze von der Autoindustrie ab. "Wir müssen uns für diese Schlüsselindustrie nicht schämen."

Die Menschen, die am liebsten Autos generell abschaffen wollten, hätten eine sehr "lokale Brille" auf, und blickten nur auf das Leben in der Stadt, wo man mit einem gut funktionierenden ÖPNV tatsächlich gut ohne Auto auskommt. "Man wird doch die Frage stellen dürfen, wie sieht das Auto der Zukunft aus", sagt Baumgärtner. "Was ist mit den Leuten auf dem Land oder in Schwellenländern?" Dort gebe es zum Teil nur wenig bis gar keinen öffentlichen Nahverkehr, die Leute seien auch weiterhin aufs Auto angewiesen. "Es reicht nicht, nur auf der Welle zu surfen, man rettet das Klima, indem man das Auto verbietet", so Baumgärtner. Die IAA habe sich "beweisfähig" von einer reinen Automesse zur Mobilitätsmesse gewandelt. "Und jetzt passt's auch wieder nicht."

Die IAA soll die erste Messe sein, die seit dem Ausbruch der Pandemie wieder in München stattfindet. Für den Wirtschaftsreferenten hat sie eine branchenübergreifende hohe wirtschaftliche Bedeutung für die Stadt. Für die Hotellerie und Gastronomie genauso wie für Zulieferer der Autoindustrie. "Und dann muss man sich entschuldigen, dass man eine Messe macht", so Baumgärtner.

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