Ungefähr ein Dutzend Klimaaktivisten sind am frühen Dienstagabend ins Rathaus eingedrungen, um dagegen zu protestieren, dass die Messe IAA Mobility bis 2031 weiter in München und auf den öffentlichen Plätzen in der Innenstadt stattfinden soll. Darüber entscheidet am Mittwoch der Münchner Stadtrat. Vor den Sitzungssälen im zweiten Stock, wo die Stadtgestaltungs-Kommission und von 18 Uhr an auch der Klimarat tagten, stellten die Protestierenden sich mit Transparenten auf und skandierten Sprüche wie „Klima schützen ist nicht schwer, kostenloser Nahverkehr“. Die Intervention des Sicherheitspersonals ignorierten sie dabei. Klimaaktivistin Lisa Poettinger sagte: „Wenn die IAA unsere öffentlichen Plätze besetzt, besetzen wir heute das Rathaus.“
Nach der Ankündigung, dass die Polizei verständigt sei, schwärmten die Aktivisten in das ganze Gebäude aus, vom ersten bis in den dritten Stock, um in den Fluren ihre Plakate aufzuhängen. Wenig später trafen die Beamten ein, etwa 40 von ihnen versammelten sich im Eingangsbereich des Rathauses. Zuschauer, die zu den öffentlichen Sitzungen wollten, wurden nicht mehr in das Rathaus hineingelassen mit dem Hinweis auf einen Polizeieinsatz.
Für die Beamten war es offensichtlich schwierig festzustellen, wer zu den Besuchern der Rathaussitzungen gehörte und wer zu den Aktivisten. Von diesen trugen einige, aber durchaus nicht alle gelbe Westen. Gegen 18.30 Uhr wurden die ersten von der Polizei abgeführt, darunter auch Poettinger, die laut protestierend von den Beamten aus dem Rathaus geführt wurde. Rathaus-Mitarbeiter berichteten später, die Polizei habe an alle Türen geklopft und gefordert aufzumachen.
Vor der „Besetzung“ des Rathauses hatte am Dienstagnachmittag schon der Münchner Bund Naturschutz (BN) mit einer Kundgebung am Odeonsplatz seine Ablehnung demonstriert. Dazu kamen etwa 50 Teilnehmer. Für Mittwochmorgen haben Klimaaktivisten von Extinction Rebellion eine Sitzblockade vor dem Rathaus angekündigt.
Die IAA Mobility wird von der Messe München und dem Verband der Automobilindustrie organisiert. Und auch wenn Elektroantriebe und Fahrräder eine Rolle auf der Messe spielen und deren Motto nun „It’s All About Mobility“ (alles dreht sich um Mobilität) lautet, lehnen die Kritiker die Veranstaltung ab, die ja auch immer noch eine Automesse ist. „Damit wird eine Mobilitätsform beworben, die wenig bis gar nichts zur sozial-ökologischen Transformation beiträgt“, kritisiert der BN und wirft den Veranstaltern „Greenwashing“ vor.
Greenpeace München teilt mit: „Anstatt der Autoindustrie die Innenstadt als billige Werbefläche für ihr klimaschädliches Geschäftsmodell anzubieten, sollte München ein Vorbild für zukunftsfähige und umweltfreundliche Mobilität werden.“ Zusammen mit 15 anderen Verbänden, darunter unter anderem dem Fahrradklub ADFC, dem Fußgängerverein Fuss e. V. und dem Verkehrsclub Deutschland, hat die Umweltorganisation einen offenen Brief unterzeichnet. Der Fuß- und Radverkehr im Zentrum werde wegen der Messe eingeschränkt, es bleibe kein angemessener Platz für kritische Proteste, heißt es in dem Schreiben. „Dies stellt eine nicht akzeptable Einschränkung der bürgerlichen Rechte dar.“
Die ÖDP fordert, die städtische Gebührensatzung anzupassen. Pro Stand würden bei der Ausstellung nur sechs Euro pro Quadratmeter (auf 20 Tage gerechnet) fällig, während die Veranstalter bis zu 593 Euro Standmiete pro Quadratmeter verlangten. „Wir könnten dem einen Riegel vorschieben und die horrenden Margen nutzen, die die IAA abgreift, um unsere Haushaltslage zu verbessern und notwendige Investitionen in Klimaschutz, Mobilitätswende und soziale Projekte zu finanzieren“, findet ÖDP-Stadträtin Sonja Haider.
Stadtrat vertagt Entscheidung
Zu einem Beschluss kam es am Mittwoch aber nicht. Der Stadtrat vertagte das Thema auf Antrag von Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) in den Wirtschaftsausschuss, da noch einige Fragen zum Max-Joseph-Platz zu klären seien. Dort wird voraussichtlich wieder BMW ausstellen. Das Problem: Der Platz wird vom Baureferat umgestaltet, davon ist auch die nächste IAA Mobility im Jahr 2025 betroffen. Die SPD hatte daraufhin beantragt, unter anderem den Umbau des Platzes rechtzeitig fertigzustellen und im Anschluss dem Stadtrat die genaue Ausgestaltung der Plätze während der Messe noch einmal vorzulegen. Zudem solle die Stadt prüfen, ob sich auch der Stachus als Ausstellungsfläche eignen könnte.
Was den Odeonsplatz betrifft, so soll laut SPD für die IAA von 2027 erst ein Konzept für die kulturelle Nutzung des Platzes vorgelegt werden, dann soll der Stadtrat entscheiden, ob der Platz wieder für die IAA zur Verfügung stehen soll. Mit diesem Antrag will sich das Wirtschaftsreferat nun befassen. Die Grünen haben ebenfalls einen Änderungsantrag gestellt: Sie wollen die Messe ganz aufs Messegelände in Riem verlegen. Eine Mehrheit für die IAA Mobility, auch im Zentrum, gilt dagegen mit den Stimmen von SPD und CSU als so gut wie sicher.
Vor der Sitzung am Mittwoch fand, wie angekündigt, erneut eine Protestaktion gegen die IAA Mobility statt. Klimaaktivisten postierten sich vor dem Haupteingang des Rathauses, wo sie auf dem Boden ein Transparent mit dem Slogan „Klimaschutz statt IAA, Geld für Öffis, nicht für Autobahnen“ ausgebreitet hatten.