Stadtrat über IAA:Weniger Show

Stadtrat über IAA: Die Stadträte tagten drinnen, draußen in Fröttmaning protestierten Kritiker gegen die Internationale Automobilausstellung.

Die Stadträte tagten drinnen, draußen in Fröttmaning protestierten Kritiker gegen die Internationale Automobilausstellung.

(Foto: Stephan Rumpf)

Auch 2023 möchte die Stadt die IAA ausrichten, allerdings mit deutlich regulierten Vorgaben. Die Grünen wollen Einblick in Verträge notfalls per Gericht erzwingen.

Von Heiner Effern

Die Stadt will wie geplant auch 2023 und 2025 wieder Gastgeber für die Internationale Automobilausstellung (IAA) sein, doch sollen die Showflächen in der Innenstadt deutlich stärker reguliert und kontrolliert werden. In diesem Sinne äußerte sich eine breite Mehrheit des Wirtschafts-, des Kreisverwaltungs- und des Mobilitätsausschusses, die in einer gemeinsamen Sitzung die diesjährige IAA politisch aufarbeiteten. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) zeigte sich offen "für generelle Höhenbeschränkungen und andere Quadratmeterzahlen" bei den Ständen. Einig waren sich die Stadträte zudem weitgehend, dass Verbesserungen beim Auf- und Abbau nötig seien und Wege für Radfahrer und Fußgänger freigehalten werden müssen. Zäune um die Stände soll es nach der Pandemie nicht mehr geben.

Um diese Änderungen zu erreichen, soll OB Reiter auf Initiative der Rathauskoalition aus Grünen und SPD einen runden Tisch mit allen Beteiligten einberufen. Davor soll die Verwaltung prüfen, ob die Messe die Vorgaben des Stadtrats für die Innenstadt eingehalten hat. Die Grünen wollen zudem Einblick in den dafür entscheidenden Vertrag, notfalls wollen sie ihn vor Gericht erzwingen.

Scharfe Kritik an der Rathauskoalition von Grünen und SPD sowie an der CSU kam von der ÖDP. Die drei großen Fraktionen hätten mit ihrem Grundsatzbeschluss im Jahr 2019 der Automobilmesse "einen Freifahrtschein" ausgestellt. Es sei immer klar gewesen, dass die Messe München den Zuschlag des Verbands der Automobilindustrie für die IAA nur bekommen habe, weil sie ihre Plätze in der Innenstadt angeboten habe. Letzteres bestätigte auch deren Geschäftsführer Klaus Dittrich. Wenn die Messe nicht mehr auf die Plätze dürfte, sei das "das Ende der IAA in München", sagte er. Wer sich jetzt über die starke Präsenz dort erstaunt gebe, der erzähle "Märchen", erklärte ÖDP-Stadtrat Ruff.

Was nun beschlossen wurde, werde nur Geschwurbel erzeugen. Die Grünen würden innerlich "zerrissen": Auf der einen Seite müssten sie Verantwortung für die Wirtschaft einer Großstadt tragen, auf der anderen Seite ihre Basis und den Umweltverbänden gerecht werden. Was dann politisch herauskomme, sei "Wegducken". Stefan Jagel von der Linken griff Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) scharf an. Dieser habe mit seiner undifferenziert positiven Darstellung der Messe "den Bogen überspannt", seine Bilanz sei dem Neutralitätsgebot der Verwaltung "unwürdig". Baumgärtner nannte das "unterirdisch" und menschlich "verletzend".

Die Grünen wiesen die Kritik der ÖDP zurück und unterstellten ihrerseits Baumgärtner, dass er den Stadtrat mit seinen Sitzungsvorlagen unter Druck setzen wolle. Im nicht-öffentlichen Papier hatte der Wirtschaftsreferent erklärt, dass auf die Stadt Schadenersatzforderungen zukämen, wenn sie die öffentlichen Plätze nicht mehr zur Verfügung stelle. Der entscheidende Passus im Vertrag der Messe mit dem VDA müsse offengelegt werden, um den Spielraum für Veränderung zu erkennen, erklärte Fraktionsvize Dominik Krause. Wenn das nicht geschehe, stimme ihn das "misstrauisch".

SPD-Fraktionschefin Anne Hübner bekannte sich zur IAA in München, sie sei für den Industriestandort München ein wichtiger Faktor. "80 000 Menschen und ihre Familien hängen an der Autobranche und deren Zulieferern." Sie verstehe und respektiere die Kritik an der Messe, ärgere sich aber über das überzogene Ausmaß. Es gehe nun darum, 2023 und 2025 eine bessere IAA hinzubekommen. Auch sie sehe die Probleme der Premiere, doch müsse der Stadtrat Fehler auch bei sich suchen. Die Politik habe sich viel zu wenig mit der Ausgestaltung der Messe und insbesondere mit dem Auftritt in der Innenstadt beschäftigt. "Was haben wir getan, um mitzugestalten?", fragte Hübner, um die Antwort gleich selbst zu geben. "Fast nichts. Drei ganze Anträge, keiner hat sich mit den Open Spaces beschäftigt."

Mit dieser Selbstkritik traf sie auf Zustimmung auch in anderen Parteien. Unter anderem bei CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl, der viele kleine Verbesserungsmöglichkeiten sieht, aber im Grundsatz begeistert ist von der IAA. Sie sei bereits ein Wirtschaftsfaktor in der Stadt geworden und solle es auch bleiben.

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