Hochschule:Vom Münchner Kindl bis zum ersten Laptop

Hochschule: 22 rote Würfel sind aktuell in der Stadt München zu sehen. Jeder Würfel erzählt eine Geschichte über die Hochschule München - über Absolventen und über Erfindungen.

22 rote Würfel sind aktuell in der Stadt München zu sehen. Jeder Würfel erzählt eine Geschichte über die Hochschule München - über Absolventen und über Erfindungen.

(Foto: Johanna Weber)

Für Studentinnen und Studenten ist es ein großes Glück, an der Hochschule München angenommen zu werden. Dieses Jahr feiert sie 50-jähriges Bestehen. Ein Rückblick auf herausragende Arbeiten, die an der Hochschule begannen.

Von Sabine Buchwald, Lea Mohr, Martina Scherf und Julia Schriever, München

An vielen Orten in der Stadt begegnet man derzeit roten Würfeln. Sie sind ein Hingucker, und wer die Hochschule München kennt, wird sie wieder erkennen: Der rote Würfel ist das Markenzeichen der Hochschule an der Lothstraße. Sie feiert in diesem Jahr gleich ein doppeltes Jubiläum: Vor 50 Jahren wurde die Bildungsstätte aus sieben Münchner Ingenieurschulen und höheren Fachschulen als Fachhochschule München gegründet. Die heutige Fakultät für Architektur, Bauingenieurwesen und Geoinformation blickt sogar auf eine 200-jährige Geschichte zurück. Sie hieß damals noch Baugewerkschule - und der Unterricht fand sieben Tage die Woche statt.

Die 22 roten Würfel in der Stadt tragen einen QR-Code, mit dem sich Informationen über den Ort und seine Verbindung zur HM abrufen lassen. Am Marienplatz liest man über Eduard Ege, dem Gestalter des Münchner Kindls, wie es auf dem Rathaus, dem Stadtsiegel und vielen Kanaldeckeln zu sehen ist. Er lehrte an der Gestaltungsschule, der Vorgängerin der Designfakultät. Am Nockherberg lässt sich etwas über die Lichtgestaltung im Gastraum erfahren. In Schwabing lernt man, dass der Absolvent der Staatsbauschule Peter Lanz nicht nur den Mathäser Filmpalast sondern auch die blauen Bushäuschen der Stadt entwarf. Dazu gibt es noch interaktive Stadtspaziergänge und eine Stadtrallye.

Als 1971 die ersten Fachhochschulen gegründet wurden, war dies Ergebnis der Bildungsoffensive der späten Sechzigerjahre und ein Zugeständnis an die wachsende Zahl von Abiturienten mit Studienwunsch. Die Ausbildung war praxisorientiert. An der Fachhochschule München schrieben sich im Gründungsjahr knapp 6000 Studierende ein, die meisten im Bereich Technik, dazu ein paar Hundert in Wirtschaft, Sozialwesen und Gestaltung.

Heute heißt die HM Hochschule München und ist mit rund 500 Professorinnen und Professoren, fast 19 000 Studierenden an 14 Fakultäten und vier interdisziplinären Instituten eine der größten Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Deutschland. Und die Expansion schreitet stetig voran. Jüngst kam das Munich Center for Digital Sciences and Artificial Intelligence dazu, das Fachwissen aus allen Disziplinen mit Digitalisierungskenntnissen verbindet.

In den großen Hochschulrankings - etwa in der Wirtschaftswoche, der Zeit, im Gründungsradar des Stifterverbands oder in der U-Multirank-Initiative schneidet sie regelmäßig sehr gut ab. Durch Kooperationen mit den Münchner Universitäten und der Industrie ist sie auch immer stärker in Forschungsprojekte eingebunden. Und erfolgreich sind auch viele Abgänger der Hochschule: Zahlreiche Start-ups gingen in den vergangenen Jahren aus der HM und ihrem Gründerzentrum hervor.

Im Folgenden erzählen drei Absolventen, wie die HM sie geprägt hat.

Christoph Böninger, der Erfinder des Laptops

Christoph Böninger, 2021

Christoph Böninger hatte 1983 einen Traum: Er wollte ein Gerät entwickeln, mit dem man überall mobil arbeiten kann.

(Foto: Robert Haas)

Als Christoph Böninger seinem Professor das Thema seiner Abschlussarbeit bekannt gab, hörte er: "Können Sie nicht etwas Vernünftiges machen." Der Industrie-Design-Student hätte eine windschnittige Autokarosserie entwerfen können oder eine umweltschonende Waschmaschine. Aber er dachte an etwas, was seinerzeit als Idee tatsächlich viel innovativer war: Er überlegte sich, wie ein Gerät aussehen könnte, das unabhängig machen sollte von der physischen Anwesenheit in einem Büro. Mit dem man überall mobil arbeiten können würde. So war seine Vorstellung damals 1983. Es sollte kaum größer als ein Bildband sein, aufklappbar mit einem flachen Screen und einer ebenso flachen Schreibmaschinentastatur. Damit sollten Daten bearbeitet, gespeichert - und damals noch über das Telefon - übertragen werden können.

Böninger ersann am Ende ein rotbraunes Gerät aus Acrylglas, das zwar klobiger daherkam, als alles, was heute auf Schreibtischen, Parkbänken oder Oberschenkeln zu Datenbearbeitung platziert wird. Doch es war der Vorreiter des Laptops, wie er inzwischen milliardenfach genutzt wird. Deshalb gilt der gebürtige Münchner als der Erfinder dieser inzwischen ungemein leistungsstarken und nicht mehr weg zu denkenden transportablen Rechner. Und sein Professor fand, so erinnert sich Böninger: Das Ding sehe ja irgendwie ganz gut aus.

Hochschule: Etwas klobiger als die Geräte heute: So sah das Gerät aus Acrylglas aus, das Christoph Böninger für seine Abschlussarbeit entwickelte.

Etwas klobiger als die Geräte heute: So sah das Gerät aus Acrylglas aus, das Christoph Böninger für seine Abschlussarbeit entwickelte.

(Foto: Hochschule München)

"Die Idee lag damals in der Luft", sagt der heute 64 Jahre alte Absolvent der ehemaligen Fachhochschule (FH) für Design, die inzwischen zur Hochschule München gehört. Ein Jahr zuvor war der Computer vom amerikanischen Nachrichtenmagazin Time zur "Person of the Year" gekürt worden - nach Lech Walesa (1981) und Ronald Reagan (1980). Böninger fand das bemerkenswert. Nach vier Jahren Studium in der Infanteriestraße, wo die Design-Abteilung der FH in der ehemaligen Offizierskantine untergebracht war, wollte er eine Diplomarbeit mit einer "gewissen Relevanz" vorlegen. Die hatte sie dann auch, jedenfalls für seinen Lebensweg.

Er erhielt für seinen Entwurf noch im selben Jahr den Deutschen Designpreis. Die ging mit dem stattlichen Preisgeld von 10 000 Mark einher. Beides holte sich Böninger in Berlin ab und finanzierte sich damit ein Semester am Pasadena Art Center in Kalifornien. Über Design habe er dort nicht mehr viel dazu gelernt, erzählt Böninger in einem Imagefilm der Hochschule. Aber viel über Präsentationstechniken und Zeitmanagement. Nicht zu unterschätzende Fähigkeiten, die er in seiner weiteren Karriere gut einsetzen konnte.

Nach seinem USA-Aufenthalt arbeitete er bis 1987 für das Büro Schlagheck und Schultes. Dann, Böninger war gerade 30 geworden, wurde er Chef-Designer bei Siemens in den USA. Von da an war er viele Jahre mehr mit Management beschäftigt als im Kreativbüro tätig. 1997 wurde Böninger Mitglied im Verwaltungsrat der Münchner Firma Designafairs, später ihr Geschäftsführer. Die Firma arbeitete in dieser Zeit für diverse Autofirmen und entwarf beispielsweise für den Siemens-Konzern die Mobiltelefone. Vor zehn Jahren gründete Böninger die Firma Auerberg mit Sitz im oberbayerischen Fischbachau und einem Showroom im Münchner Stadtteil Lehel. Böninger erklärt, Auerberg sei im Grunde eine Idee, hinter der ein Netzwerk von renommierten Gestaltern stehe. Über den Zusammenschluss werden zweckmäßige, überwiegend aus Holz gefertigte Gegenstände für den Alltag wie Hocker, Tische, Garderobenständer vertrieben.

Wie kam er dazu, Industrie-Design zu studieren? Der Vater war Architekt, der Sohn wollte etwas anderes machen. Eine Berufsberaterin hatte ihm das Fach BWL vorgeschlagen, das für ihn aber überhaupt nicht infrage kam. Es war also eine Protestentscheidung, die Böninger zum Designstudium brachte. Bereut habe er sie nicht. Der Hochschule München verdanke er ganz besonders die Begegnung mit dem von ihm hoch geschätzten Professor Norbert Schlagheck, für den er auch arbeiten konnte. Außerdem die Erkenntnis, "dass wir uns auch noch außerhalb des Studiums weiterbilden müssen." Das sei aber bitte nicht als Kritik aufzufassen, schiebt Böninger nach. Ebenso wenig das Weißbuch zur Design-Ausbildung, an dem er gerade mit Kollegen der Branche arbeite. Er wolle den Hochschulen Material zur Ausbildung an die Hand geben, weg von der industriellen Wertschöpfungskette, hin zu mehr "Public Value", also zum Gemeinwohl. Design sei eine Schnittstellendisziplin, sagt Böninger und betont, dass Designer eine besonders wichtige Fähigkeit haben: "Sie können eine Idee in einem frühen Stadium visualisieren." Je früher ein Bild von etwas vorhanden sei, das Ingenieure, Betriebswirtschaftler und Marketingleute sehen, desto schneller kommen alle zusammen zu einem Ergebnis.

Das rotbraune Laptop-Modell, für das Böninger sein Diplom bekam, ist übrigens in der Design-Abteilung der Pinakothek der Moderne ausgestellt. Die Abschlussarbeit darüber schrieb er auf einer elektrischen Schreibmaschine. Einen Computer hatte er damals als Student nicht.

Leonie Dauenhauer gestaltete das "Typisch München!"-Plakat für das Stadtmuseum

Hochschule: Leonie Dauenhauer studierte Kommunikationsdesign an der Hochschule München. Heute hat sie ihre eigene Agentur.

Leonie Dauenhauer studierte Kommunikationsdesign an der Hochschule München. Heute hat sie ihre eigene Agentur.

(Foto: Adrian Schätz/oh)

13 Jahre ist es her, dass Leonie Dauenhauer mit ihrem Plakat das Ausschreiben des Münchner Stadtmuseums gewann. Auf der Suche nach einem Ausstellungsobjekt, das die Dauerausstellung "Typisch München!" präsentieren soll, entschied sich das Museum 2008 für den Entwurf der damals 26-Jährigen.

Wenn Leonie Dauenhauer von ihrem Studium an der Hochschule München (HM) erzählt, kommt sie ins Schwärmen. Obwohl sie sich auch bei anderen Schulen beworben hatte, sei sie über die Zusage der HM besonders glücklich gewesen: "Es war meine absolute Wunschhochschule." Neben dem attraktiven Standort, sei es besonders der Ruf einer Praxis- und Wirtschaftsnähe gewesen, der in Dauenhauer den Wunsch evozierte, dort zu studieren. "Ich habe mich damals sehr gefreut, dort zu landen", sagt sie.

Sechs Semester studierte sie an der HM Kommunikationsdesign, machte 2009 ihren Bachelor. Es sei eine schöne Zeit gewesen, erinnert sie sich. "Da gab es unglaublich viele Personen, wie zum Beispiel mein Professor und Mentor Thomas Günther, die mich sehr geprägt haben." Er war es auch, der ihr und ihrer Klasse 2008 von der Ausschreibung des Münchner Stadtmuseums erzählte. München richtig zu präsentieren, ohne dabei vollständig ins Klischee zu rutschen, das sei nicht so einfach gewesen, sagt Dauenhauer rückblickend.

Hochschule: "Wenn man sich mit der Stadtgeschichte beschäftigt, worum es ja auch in der Dauerausstellung geht, dann muss mehr Substanz rein", sagt Leonie Dauenhauer über ihr Plakat.

"Wenn man sich mit der Stadtgeschichte beschäftigt, worum es ja auch in der Dauerausstellung geht, dann muss mehr Substanz rein", sagt Leonie Dauenhauer über ihr Plakat.

(Foto: Hochschule München)

Auch eine ausschließlich konservative Darstellung der Stadt, wie es "die Vorstellung der Ausschreiber" damals war, wollte sie nicht bedienen. "Wenn man sich mit der Stadtgeschichte beschäftigt, worum es ja auch in der Dauerausstellung geht, dann muss mehr Substanz rein", sagt sie. Deshalb entschied sie sich für zwölf Piktogramme, die sie auf vier Reihen aufteilte. Neben einer Breze, der Frauenkirche und einem Dackel bildet Dauenhauer auch eine Moschee und SA-Springerstiefel ab. Denn sie findet, zu dem kulturellen Gedächtnis einer deutschen Stadt gehöre auch ihre politische Vergangenheit. "Mir ging es um eine authentische Darstellung der Stadtgeschichte. Das habe ich versucht, mit dem Stilmittel der Piktogramme umzusetzen, damit es für alle verständlich ist. Im Visuellen haben wir das dann auf diese Ausstellungsständer gestellt, damit wirklich klar ist, es geht um eine Präsentation Münchens, um eine Ausstellung." Eine gute Wahl, denn die HM entschied sich, Dauenhauers Plakat einzureichen, sie gewann den Wettbewerb: "Das fühlte sich damals an wie ein Ritterschlag. Das Schöne war natürlich auch, dass das in der Stadt ausgestellt wurde, in der ich studiert habe. Das hat mich noch mehr an München gebunden."

Man merkt der 39-Jährigen an, dass sie sehr stolz ist auf diesen Erfolg. Neben dem "reißenden Absatz" beim Verkauf der Plakate im Museumsshop erzählt sie auch von zahlreichen Radiosendern, die sie damals um ein Interview gebeten hatten. "Das war der Moment, an dem ich von einer reinen Studentin zu einer Unternehmerin wurde. Das war kein Plakat, das man einfach nur wahrgenommen hat, es hat polarisiert und dadurch war es im Gespräch." In der Folge gründet Leonie Dauenhauer ihre Agentur Studio Neo, die sie bis heute führt. Zu den Klienten ihrer Agentur zählen Firmen wie der Trachtenanbieter AlpenHerz oder die Fast-Food-Kette Mc Donalds.

Bushäuschen und Eisbärenanlage: Die Arbeiten von Architekt Peter Lanz prägen das Münchner Stadtbild

Peter Lanz erhält Medaille 'München leuchtet', 2010

Architekt Peter Lanz gestaltete das Mathäser-Kino am Hauptbahnhof und das Mercedes-Benz-Center an der Donnersberger Brücke. Das Foto zeigt ihn 2010 beim Kulturempfang der Stadt München.

(Foto: Robert Haas)

Der Architekt Peter Lanz ist ein Absolvent der Hochschule München, an dessen Werken im Alltag niemand vorbeikommt. Wenn man zur Fortbewegung den Bus nimmt, sind sie gar unumgänglich. Denn von ihm stammt der Entwurf für die in Blau eingerahmten Glashäuschen an den Haltestellen der MVG. Der eine oder andere wartende Fahrgast mag sich vielleicht das eine oder andere Mal geärgert haben, dass die überdachten Sitzgelegenheiten nicht durchgängig, also liegetauglich sind. Aber das gehört sicher zu den Vorgaben der französischen Firma, die für die Umsetzung der Wartehäuschen zuständig ist. "Das war eine fröhliche Geschichte", sagt der Architekt rückblickend über den von der Stadt München ausgeschriebenen Wettbewerb, der ihn mehrmals zu Besprechungen nach Paris führte.

Dass Lanz bis heute gerne reist und jahrzehntelang viel unterwegs war, mag mit seiner Lebensgeschichte zusammenhängen. Denn eigentlich stammt er aus Berlin, dort wurde er im Mai 1930 geboren. Weil der Vater, ein Notar und Rechtsanwalt, den Zweiten Weltkrieg nicht überlebte, kam Peter Lanz nach München. Auch er hätte eigentlich gern Jura studiert. Aber Anfang der Fünfzigerjahre war nicht nur Lanz darauf angewiesen, schnell durch eine Berufsausbildung zu kommen. Er hatte von der Möglichkeit gehört, in nur fünf Semestern an der Münchner Staatsbauschule einen Abschluss machen zu können. "Ich konnte gut zeichnen", sagt Lanz. Und so dachte er damals: "Eine ideale Sache, danach kann ich selbst für mich sorgen."

Hochschule: Wegen der Gestaltung der Münchner Bushäuschen musste Peter Lanz häufig nach Frankreich reisen.

Wegen der Gestaltung der Münchner Bushäuschen musste Peter Lanz häufig nach Frankreich reisen.

(Foto: Johanna Weber)

Er schloss 1954 als Jahrgangsbester ab und fand in Sep Ruf einen Förderer. Der riet ihm noch zu einem berufsbegleitenden Architektur-Studium an der Technischen Universität, was Lanz befolgte. "Doch eigentlich wäre das gar nicht nötig gewesen", sagt er heute. Der Unterricht an der Staatsbauschule, die vor 50 Jahren, in der Hochschule München aufging, habe ihm durchaus genügend Grundlagen für seinen Beruf mitgegeben.

Nicht nur Lanz' Bushäuschen prägen das Münchner Stadtbild. Es sind viele Bauten mehr, die nach seinen Entwürfen in der Stadt realisiert worden sind. Die Wertpapierdruckerei von Giesecke und Devrient etwa und die Hauptverwaltung inklusive Rechenzentrum des TÜV, die Hauptverwaltung der Allianz und schon seit den Siebzigern das Schulzentrum im Stadtteil Fürstenried. Ein großer Klotz aus Sichtbeton, den Lanz heute so nicht mehr bauen würde. "Ich würde das Gebäude heute wahrscheinlich mit Ziegel oder Naturstein verkleiden", sagt er. Aber es habe damals schnell gehen müssen und Beton war der Baustoff der Stunde. Den verwendete Lanz auch großzügig bei den Bauten für die Olympischen Spiele 1972, die er als noch junger Architekt entwerfen durfte. Sein damals viel beachtetes Olympia-Restaurant wurde allerdings schon bald nach den Spielen wieder abgerissen. Auch die Ringer- und Judohalle auf dem alten Messegelände an der Theresienhöhe steht nicht mehr. Sie musste der Wohnungsbebauung dort weichen. "Ein langes Leben ist für einen Architekten mit dem traurigen Erleben verbunden, dass einige seiner Arbeiten wieder verschwinden", sagt Lanz. Weil die Technik und die Anforderungen sich änderten.

Mit der farbenfrohen Gestaltung der U-Bahnhöfe Feldmoching (1990) und Dülferstraße (1994) ging Lanz auch in die Tiefe. Lieber aber, so scheint es, hat er zeitlebens komplex und auffällig in die Höhe gebaut. Besonders augenfällig sind sicher das Mathäser-Kino am Hauptbahnhof und das Mercedes-Benz-Center an der Donnersbergerbrücke. Wie ein überdimensioniertes Schaufenster gewährt es von der Brückenseite Einsicht auf die verschiedenen Typen der Automarke. Ein Statement der Stuttgarter in Richtung des Münchner Autobauers BMW, für den Lanz 2008 eine neue Niederlassung am Kaiserdamm in Berlin entwerfen durfte.

Es ist eines seiner letzten großen Projekte, die er verwirklicht hatte, bevor er aus Altersgründen etwas ruhiger trat. Auch der Umbau und die Erweiterung der Eisbärenanlage des Münchner Tierparks gehört zu solchen letzten Großaufträgen. Anfang der Siebzigerjahre hatte er das Zuhause der Polarbewohner komplett neu gestaltet. Auch hier ist viel Beton, ebenso Panzerglas im Spiel. Er sei in seiner Kindheit oft mit der Mutter im Zoologischen Garten in Berlin gewesen, erzählt Lanz. Er erinnere sich noch gut an die Zäune und Gräben um die Gehege. Die haben ihm damals wohl nicht behagt, denn mit dem Polarium wollte er den Besuchern die Möglichkeit geben, näher an den Tieren dran zu sein, ohne sie zu gefährden.

Lanz war unter anderem bayerischer Landesvorsitzender und Präsidiumsmitglied im Bund Deutscher Architekten (BDA), Mitglied der Münchner Stadtgestaltungskommission sowie Vorstandsmitglied der Bayerischen Architektenkammer. Neben einigen BDA-Preisen wurden seine Bauten viermal mit dem Preis für guten Wohnungsbau der Stadt München ausgezeichnet. Auf die Frage, was für ihn gute Architektur sei, antwortet der 91-Jährige: Sie müsse gut für die Menschen sein, denn sie müssen sich darin wohlfühlen. Und Architektur sollte Inhalte und Bestand haben.

Eduard Ege gestaltete zwei der prominentesten Wappen Bayerns

Hochschule: Das von Eduard Ege entworfene Wappen mit dem Münchner Kindl ist bis heute am Rathaus, auf Kanaldeckeln, Stempeln und Kühlschrankmagneten zu sehen.

Das von Eduard Ege entworfene Wappen mit dem Münchner Kindl ist bis heute am Rathaus, auf Kanaldeckeln, Stempeln und Kühlschrankmagneten zu sehen.

(Foto: Hochschule München)

Wer Eduard Ege nicht kennt, hat sicher trotzdem schon oft seine Arbeiten gesehen. Ege, 1883 geboren, hat zwei der prominentesten Wappen Bayerns gestaltet. Das Bayerische Staatswappen: die beiden Löwen, die ein fünfgeteiltes Schild halten. Und das Münchner Wappen, bekannt als Münchner Kindl. Eduard Ege studierte an der Kunstgewerbeschule München, bevor er sich als Typograf und Grafiker einen Namen machte. Er gestaltete zwei eigene Schriftarten, er illustrierte Buchumschläge für verschiedene Münchner Verlage. Außerdem entwarf er die Schilder und Hausnummern für die Wohnsiedlung Borstei in München-Moosach.

Ab 1927 war er Dozent an der Städtischen Meisterschule für Deutschlands Buchdrucker, die später Teil der Hochschule München wurde. Zu dieser Zeit kamen einige der bedeutendsten Typografen an der Schule zusammen. Sie inspirierten und beeinflussten sich gegenseitig. Direktor war Paul Renner, der die "Futura" erfand: bis heute eine der populärsten Schriftarten, verwendet in der Volkswagen-Werbung, im Red-Bull-Logo und auf Ikea-Verpackungen. Einer der Lehrer war Jan Tschichold, treibende Kraft hinter der Stilrichtung "Neue Typografie", die den Nazis aber so suspekt war, dass er fliehen musste.

Eduard Ege gestaltete das Logo der Deutschen Bundesbahn, das zwar zur Wiedervereinigung überarbeitet wurde, allerdings weiterhin so ähnlich aussieht wie das Logo damals. Er entwarf jede Menge Briefmarken für die Deutsche Bundespost - zu einer Zeit, als Briefmarken-Sammeln noch cool war. Von 1950 an war er Art Director der Gebrauchsgraphik, einem Magazin für Typografie, das später in Novum - world of graphic design umbenannt wurde. Sein Wappen vom Münchner Kindl wurde schon im Jahr 1927 auf das Porzellan-Teeservice des Rathauses gedruckt. Eduard Ege ist 1978 in München gestorben, aber sein Wappen ist bis heute auf Kanaldeckeln, Stempeln, Sweatshirts, Schlüsselanhängern und Kühlschrankmagneten zu sehen.

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