Süddeutsche Zeitung

Münchner Osten:Ein Hochhäuschen mit sechs Ecken

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Auf einer Park-and-Ride-Anlage beim Michaelibad entstehen Werkswohnungen der Stadtwerke. Ob der Siegerentwurf tatsächlich umgesetzt wird, ist noch unklar - bauen will das Unternehmen frühestens in sechs Jahren.

Von Sebastian Krass

Ein sechseckiger Hochpunkt mit zwölf Stockwerken, drumherum zwei schlangenartig gewundene Gebäude mit vier und sechs Geschossen und dazwischen Freiräume, die geschickt von einer riesigen Straßenkreuzung in die Parkanlage am - hier noch unterirdisch verlaufenden - Hachinger Bach führen: Mit diesem Entwurf hat das Münchner Büro 03 Architekten gemeinsam mit Verde Landschaftsarchitekten Stadtplaner aus Freising den Wettbewerb für den Bau eines Wohn- und Geschäftshauses auf dem Gelände der bisherigen Park-and-Ride-Anlage an der U-Bahn-Station Michaelibad gewonnen.

Die Stadtwerke München (SWM), denen das 1,2 Hektar große Grundstück zwischen Heinrich-Wieland-, St.-Michael- und Kampenwandstraße gehört, wollen dort 140 Wohnungen bauen, davon 40 Prozent gefördert oder preisgedämpft und 60 Prozent als Werkswohnungen. Zudem sollen dort, wo früher eine Buswendeanlage lag, Geschäfte, eine Kita und Büros für einige der insgesamt gut 9000 SWM-Beschäftigten entstehen.

Mit dem Bau von Werkswohnungen versucht das kommunale Unternehmen nicht nur, seine Position auf dem Arbeitsmarkt zu stärken. Die Stadtwerke kommen damit auch einem dringenden Wunsch der Politik nach. Insbesondere OB Dieter Reiter wird nicht müde, für neue Werkswohnungen zu werben. Bei privaten Unternehmen dringt er aber kaum durch. Die SWM haben bisher etwa 1000 Werkswohnungen, bis 2030 wollen sie den Bestand auf 3000 ausbauen, 340 neue Werkswohnungen entstehen etwa in den nächsten Jahren im Kreativquartier an der Dachauer Straße.

Dass auch die städtebaulich bisher verschenkte Fläche am Michaelibad bebaut wird, daran dürfte niemand etwas auszusetzen haben. Ob dort aber ein Hochpunkt, wie er nun vorgesehen ist, entstehen soll, das war in der Stadtpolitik strittig. Der Bezirksausschuss Berg am Laim lehnte die Vorgabe für den Architektenwettbewerb von maximal 15 Geschossen und einer Höhe von 45 Metern ab und forderte eine Obergrenze von 30 Metern, also Erdgeschoss plus acht Stockwerke.

Als der Stadtrat Ende 2019 das Bebauungsplanverfahren, mit dem das nötige Baurecht geschaffen wird, einleitete, forderten Linke und ÖDP, dass im Wettbewerb zumindest jeweils zwei Varianten, eine mit und eine ohne Hochpunkt, eingefordert werden. Eine große Mehrheit des Stadtrats lehnte das aber ab und machte den Weg frei für die Planung eines Gebäudes bis zu 45 Metern, das baurechtlich als Hochhaus gilt, in der allgemeinen Wahrnehmung aber eher als Hochhäuschen durchgehen dürfte.

Es ist noch nicht gesagt, dass der Siegerentwurf nun auch tatsächlich umgesetzt wird. Wie nach einem Wettbewerb üblich, werden die SWM mit den Preisträgern verhandeln, Nachbesserungen einfordern und dann einem der ersten drei Teams den Zuschlag geben. Den zweiten Platz im Wettbewerb erreichten die Stuttgarter Büros Wittfoht Architekten und AH Landschaftsarchitekten Anderson und Hinterkopf, der dritte Platz ging an die Berliner Büros Müller Reimann Architekten und Weidinger Landschaftsarchitekten. "Die drei Siegerentwürfe sind sehr unterschiedlich in ihrer Formensprache und im Umgang mit der vorhandenen Fläche", sagt Michael Hardi, der als Leiter der Stadtplanung im Planungsreferat Teil der Jury war. "Sie eint, dass sie die Herausforderungen, die das Grundstück, die Umgebung und die Nutzungsbedürfnisse an sie gestellt haben, gut meistern." Alle drei Beiträge stellten eine gute Grundlage für die weitere Entwicklung eines attraktiven Quartiers dar.

Angesichts der Münchner Wohnungsnot etwas ungewöhnlich ist der Zeitplan für das Projekt. Die Stadt plant den Abschluss des Bebauungsplanverfahrens für Ende 2021, danach kann ein Bauherr den Bauantrag stellen. Wenn dann alles glatt läuft, liegt einige Monate später die Baugenehmigung vor. Die SWM planen den Baubeginn aber erst für das Jahr 2026, mit einer Fertigstellung dürfte dann nicht vor 2028 zu rechnen sein. Ein Bauprojekt dieser Größenordnung bedürfe "einer umfangreichen Planung und Vorbereitung", erklärt eine SWM-Sprecherin dazu. Allerdings laufen die Planungen auch schon eine Weile, öffentlich bekannt sind sie seit Januar 2019. "Selbstverständlich werden mögliche Beschleunigungen durch Überschneidung einzelner Prozesse mit betrachtet", ergänzt die Sprecherin. "Ein Baubeginn vor 2026 wird aktuell jedoch nicht als realistisch angesehen."

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SZ vom 27.11.2020
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