Bekommt München Wolkenkratzer?:Showdown im Hochhaus-Streit im Sommer

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Im Münchner Westen könnten zwei 155 Meter hohe Türme entstehen. Diese Visualisierung des Projektes verbreitet der Investor. (Foto: Herzog de Meuron & Vogt Landschaftsarchitekten/Büschl-Unternehmensgruppe)

Die Gegner neuer Hochhäuser in München haben mehr als 40 000 Unterschriften gesammelt. Vor den Sommerferien soll es einen Bürgerentscheid über die zwei geplanten Türme an der Paketposthalle geben.

Von René Hofmann

Noch vor den Sommerferien sollen die Münchnerinnen und Münchner direkt über eine für die Entwicklung der Stadt zentrale Frage abstimmen: Sollen in dieser künftig mehr Hochhäuser entstehen?

Der Verein „Hochhausstopp“ erklärt, man habe genügend Unterschriften gesammelt, um einen Bürgerentscheid zu erzwingen. 40 000 Signaturen sind nötig. Diese Zahl wurde nach Angaben der Initiatoren nun erreicht, nachdem sie in den letzten Wochen des Jahres 2024 noch einmal einen deutlichen Zulauf erfahren hätten.

Der Verein setzt sich dafür ein, dass neben der denkmalgeschützten Paketposthalle im Stadtteil Neuhausen im Münchner Westen keine Häuser gebaut werden, die mehr als 60 Meter hoch sind. Die Unternehmensgruppe des in München beheimateten Ralf Büschl möchte an dieser Stelle zwei 155 Meter hohe Zwillingstürme errichten. Mit der Planung ist das Architekturbüro Herzog/de Meuron beauftragt.

Am 15. Januar will der Planungsausschuss des Münchner Stadtrats einen Billigungsbeschluss für das Projekt fällen, am 5. Februar soll sich die Vollversammlung des Stadtrats mit dem Thema befassen. Eine Zustimmung gilt als sicher, da die großen Fraktionen das Projekt alle unterstützen. Anschließend müssen die Pläne 30 Tage lang öffentlich ausgelegt werden.

In dieser Phase wollen die Hochhausgegner ihre Unterschriften beim Münchner Kreisverwaltungsreferat (KVR) einreichen, um den Prozess für den Bürgerentscheid zu starten, kündigt Robert Brannekämper an. Der CSU-Landtagsabgeordnete steht dem Verein vor, als weitere Vorstände firmieren der ehemalige SPD-Stadtrat Wolfgang Czisch und der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete Max von Heckel.

Das KVR hat dann drei Monate Zeit, um zu prüfen, ob die gesammelten Unterschriften den Bedingungen entsprechen. Notwendig ist ein Quorum von drei Prozent der Gemeindebürger. Das bedeutet, wenn jemand nach dem Unterschreiben aus München weggezogen oder gar verstorben ist, zählt seine Signatur nicht mehr. Um sicher über die erforderliche Marke zu kommen, will der Verein sein Werben um Unterstützer in den kommenden Wochen fortsetzen. Das Ziel seien 43 000 Unterschriften.

Vor der Bundestagswahl am 23. Februar wolle man das KVR nicht mit der Prüfaufgabe belasten, so Brannekämper auf SZ-Anfrage. Er rechne damit, dass die Abstimmung in den Monaten Mai, Juni, Juli stattfinden könnte – „sicher noch vor der Sommerpause“. Damit aus dem Bürgerbegehren ein gewonnener Bürgerentscheid wird, muss ein Zustimmungsquorum erreicht werden. In Großstädten liegt dieses bei mindestens zehn Prozent der Wahlberechtigten.

Die Frage, die die Hochhausgegner zur Abstimmung stellen wollen, bezieht sich ausschließlich auf das „Umfeld der Paketposthalle“. In der Begründung des Bürgerbegehrens aber heißt es, Türme an diesem Ort würden „den Investoren Tür und Tor“ öffnen: „Das wird den Charakter und die Stimmung unserer Stadt dauerhaft und einschneidend verändern.“ Von einem „Dammbruch“ ist die Rede, den es zu verhindern gelte.

Die Büschl-Gruppe spricht dagegen von einem Impuls für die Stadtentwicklung, den sie mit den Bauten setzen wolle, für die eine gemischte Nutzung (unter anderem 3000 Arbeitsplätze, Hotellerie, Kultur) vorgesehen ist. In der politischen Diskussionen wird häufig betont, dass auch Wohnungen entstehen sollen. Zuletzt war von mehr als 1000 neuen Wohnungen die Rede, die Hälfte davon gefördert.

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Der Abstimmung dürfte ein wegweisender Charakter zukommen. Am 21. November 2004 gab es schon einmal einen Bürgerentscheid über Hochhäuser in München, initiiert von SPD-Alt-Oberbürgermeister Georg Kronawitter. Bei einer Wahlbeteiligung von 21,9 Prozent sprachen sich damals 101 780 Münchnerinnen und Münchner dafür aus, dass kein neues Haus die Türme der Frauenkirche überragen dürfe (98 725 waren anderer Meinung).

Von dem Entscheid waren auch die Pläne für das Hochhaus des Süddeutschen Verlages im Osten der Stadt betroffen. Obwohl ihr Ergebnis rechtlich nicht lange bindend war, prägte die Abstimmung die Stadtentwicklung lange.

Geben sich die Münchnerinnen und Münchner bei einem möglichen Bürgerentscheid dieses Mal weniger Hochhaus-kritisch, könnte der Stadtrat den Weg für die Büschl-Türme am Jahresende mit einem Satzungsbeschluss freimachen. Mit diesem würde das Baurecht geschaffen.

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