Hitze:München beginnt auszutrocknen

Hitze: Vögel wie der Eichelhäher nehmen Bademöglichkeiten sehr gerne an.

Vögel wie der Eichelhäher nehmen Bademöglichkeiten sehr gerne an.

(Foto: Thomas Grüner)

Das Gras verdorrt, die Fische japsen. Damit Regen bis ins Grundwasser gelangen kann, müssten Niederschläge inzwischen vier bis sechs Wochen anhalten.

Von Thomas Anlauf

Fische in Münchner Tümpeln schnappen nach Luft. Kröten sitzen auf dem Trockenen. Selbst Wespen lechzen nach Wasser: Der Endlos-Sommer hat München voll im Griff. Und nun ist die nächste Hitzewelle da. An diesem Donnerstag könnte es nach Auskunft von Guido Wolz vom Deutschen Wetterdienst (DWD) etwa 35 Grad Celsius heiß werden - im Schatten. Auf schattenlosen Plätzen sind die Temperaturen noch einmal deutlich höher.

Die erneute Hitzeperiode sei schon eine "sehr angespannte Situation", sagt der Wetterexperte. Auch am Freitag wird wohl noch die 30-Grad-Marke geknackt, bevor es bis zur kommenden Wochenmitte wohl "normale sommerliche Temperaturen" zwischen 22 und 26 Grad geben soll. Danach rollt aber schon die nächste Hitzewelle an.

Die hohen Temperaturen und der wenige Regen der vergangenen Wochen und Monate haben längst dramatische Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt in und um München. Die Böden sind laut Wetterexperte Wolz im Raum München bis auf einen halben Meter Tiefe "sehr trocken".

Das Gras verdorrt, was schon am Promenadeplatz erkennbar ist, obwohl der Rasen dort von Bäumen weitgehend beschattet wird. Selbst ein paar abendliche Gewitterschauer bringen nach Ansicht von Wolz kaum mehr Linderung. Es müsse schon stundenlang regnen, um die obere Bodenschicht genug zu befeuchten. Damit das Regenwasser bis zum Grundwasser gelangt, wäre ein vier bis sechs Wochen langer Landregen nötig. So aber seien die Bäume längst im Trockenstress. Einige verlieren schon ihr Laub oder sogar die Nadeln, es herbstelt also bereits Anfang August.

Besonders betroffen sei vor allem die Fichte, sagt Rudolf Nützel. Der Geschäftsführer des Bundes Naturschutz München hat beobachtet, dass Fichten mit ihrem flachen Wurzelsystem kaum noch an Wasser herankommen. Auch Birken seien stark in Gefahr, einzugehen. Sie brauchen besonders viel Wasser. Nützel, der Forstwissenschaftler ist, hat bereits Birken gesehen, die ihre Blätter verlieren. "Das hängt aber vom Standort ab", sagt der 59-Jährige. In Senken und Mulden könnten Birken den heißen Sommer ganz gut überstehen, an exponierten Standorten wie auf frei stehenden Hügeln könnten sie in den kommenden Tagen ernsthafte Probleme bekommen.

Die Äschen ziehen sich aus der innerstädtischen Isar zurück

Da geht es den Fischen in München ähnlich. Eigentlich ist die Isar hier eine sogenannte Äschen-Region. Der Knochenfisch braucht kühles klares Wasser, was eigentlich auf die Isar in der Stadt zutrifft. Doch durch die zunehmende Erhitzung des Flusses zieht er sich immer mehr zurück. Der Raum München wird zunehmend zur Brachsen-Region, wie Münchner Fischer seit Jahren betonen. Der Karpfenfisch liebt vor allem wärmere Gewässer mit schlammigem Untergrund. In diesem Sommer müsste sich die Brachse zwischen Flaucher und Tivolibrücke eigentlich besonders wohl fühlen.

Denn wegen der sommerlichen Temperaturen hat sich auf den sonst blendend weißen Kieselsteinen am Isargrund eine bräunlich-grüne Algenschicht gebildet. Zwar fließt dank des Sylvensteinspeichers nach wie vor genügend Wasser durch München, aber bei einer Wassertemperatur von zum Teil mehr als 20 Grad blühen die Algen, wie Manfred Siering beobachtet hat.

Der Vorsitzende der Ornithologischen Gesellschaft in Bayern kennt sich nicht nur mit Vögeln aus, sondern weiß auch, dass Barben und Nasen in der Isar "immer schlechter mit der Wärme zurecht kommen". Er empfindet die lang anhaltende Trockenheit und die immer wiederkehrenden Hitzeperioden in diesem Sommer als "wirklich dramatisch". Die Isar sei so warm wie noch nie zu dieser Jahreszeit.

Und München beginnt auszutrocknen. Erst vor zwei Tagen war Tobias Ruff zufällig in Allach an einigen Grundwasser-Tümpeln unterwegs. Der hauptberufliche Gewässer-Ökologe und ÖDP-Stadtrat entdeckte in den fast trockengefallenen Lachen zahlreiche Fische, die zu ersticken drohten. "Da waren nur noch zehn Zentimeter Wasser in den Tümpeln", sagt er. Also sammelte er sie kurzerhand ein und siedelte die Fische dahin um, wo es noch mehr Wasser gibt. Auch bei kleinen Bächen rund um München wie etwa im Gröbenbach seien Fische und andere Lebewesen im Fluss derzeit wegen der Hitze und der zunehmenden Wasserknappheit massiv bedroht.

Hitze: Auch der Stieglitz ist auf Wasser angewiesen.

Auch der Stieglitz ist auf Wasser angewiesen.

(Foto: Thomas Grüner)

Naturschützer Manfred Siering hat für die heißen Tage Tipps, wie man auf dem Balkon oder im Garten Tieren ganz einfach helfen kann. "Es genügt oft schon, wenn man einen flachen Teller mit Wasser zur Verfügung stellt", sagt er. "Dann kommen die Vögel eifrig zum Baden." Einige Vogelarten haben jetzt in der größten Hitze München schon verlassen: Der Kuckuck hat sich vor zwei Wochen bereits aufgemacht. Er will allerdings nicht in kühlere Gefilde. Sondern er fliegt mit seinen Artgenossen weit nach Süden bis Namibia. Dort ist es mindestens so heiß wie in München.

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