München:Himmelsstürmer

Mit selbst gebauten Weltraumaufzügen messen sich Studenten und Schüler in einem Wettbewerb der Technischen Universität in Garching

Von Jacqueline Kluge

Einfach in einen Aufzug einsteigen und in den Weltraum fahren, um die Erde einmal von oben zu sehen. Die Idee erinnert sehr an einen Science-Fiction-Film, doch sie könnte in der Zukunft eine ernstzunehmende Alternative zur teuren Rakete werden. Dass die Theorie im Kleinen schon heute funktioniert, haben die sieben Teams der European Space Elevator Challenge (EUSPEC) in der vergangenen Woche auf dem Garchinger Campus der Technischen Universität München gezeigt.

Die studentische Arbeitsgruppe Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft für Raketentechnik und Raumfahrt (Warr) der Universität veranstaltet den Wettbewerb seit 2011 etwa alle zwei Jahre. "Wir sind alle Studenten, die einfach Spaß daran haben, den jüngeren Teams das zu ermöglichen", sagt Projektleiterin Juliana Söhnlein. Heuer sind drei Schülerteams und vier Studententeams angetreten, darunter solche aus München, Wiesbaden, Dresden und Japan.

Ihre Aufgabe war es, einen Climber, so wird der Weltraumaufzug genannt, zu konstruieren. Dieser muss autonom und energieeffizient fahren können - und beim Studentenwettbewerb imstande sein, eine Nutzlast von mindestens einem Kilogramm zu transportieren. Von den Eigenschaften des Climbers bis zu seiner Form und Farbe haben sich die Teilnehmer alles selbst überlegt. Ein Aufzug ist nur so groß wie eine Schuhschachtel, ein anderer ähnelt einem Schlitten, und das Modell des japanischen Teams "Aoki Lab" könnte auch das Miniaturformat eines ICE sein. Das Gewicht der Roboter rangiert dabei etwa zwischen einem und sechs Kilogramm.

European Space-Elevator-Challenge am Forschungscampus der TU Garching, 19.09.2018.

Ab nach oben: Ein Weltraumaufzug fährt in Richtung des weißen Ballons.

(Foto: Jan A. Staiger)

Auch um die Suche nach einem Sponsor mussten sich die Teams selbst kümmern. Besonders für neue Teams hat sich das als sehr schwer herausgestellt. Das Team "Star" aus Dresden hatte es nicht rechtzeitig geschafft, einen zu finden und war auf die Unterstützung der Technischen Universität Dresden angewiesen. "Unser größtes Problem bei der Sponsorensuche war, dass wir nichts vorzuweisen hatten", sagt Teamleiter Rico Nerger. Für den Großteil der Material- und Fahrtkosten sind die Mitglieder privat aufgekommen, eine angemietete Garage diente als Werkstatt. Doch wegen eines technischen Problems kann ihr Climber beim Wettbewerb nicht starten. Die Dresdner aber lassen sich davon nicht den Spaß verderben: "Das ist quasi der Prototyp für unsere nächste Teilnahme", sagt Nerger.

Die Idee des Weltraumlifts ist nicht neu. Schon 1895 hatte der Wissenschaftler Konstantin Tsiolkovsky geplant, einen Turm von der Erde bis in 36 000 Kilometer Höhe zu bauen. Das Ziel heutzutage ist, Personen oder Gegenstände günstig, umweltfreundlich und sicher ins All zu befördern. Bisher gibt es allerdings noch kein Material für das Seil, das den damit verbundenen enormen Belastungen standhalten könnte.

Für die "Challenge" in Garching sind die beiden bis zu 100 Meter langen "Weltraumseile" jeweils an einem großen Ballon und einem Kran befestigt. Ähnlich wie bei einer Gondel werden die Aufzüge von den Teams unten am Seil eingespannt und fahren dann idealerweise selbständig bis ans Seilende. Während das Münchner Heimteam 14 Mitglieder zählt, hat sich der 13-jährige Patrick vom Wilhelmsgymnasium München allein der Herausforderung gestellt. Seinen Roboter hat er aus einem Lego Mindstorms Ev3-Set gebaut. "Es war am Anfang sehr schwierig und hat überhaupt nicht geklappt", sagt der Schüler. Mit der Unterstützung von anderen Teilnehmern hat es sein Climber aber schließlich bis nach oben geschafft. "Es hat sich definitiv gelohnt, und man lernt viel von den anderen", sagt er begeistert. Sich untereinander zu helfen - das gehört für Juliane Söhnlein dazu: "Es ist nicht so ein starrer Wettbewerb." Jeder solle mit einem Erfolgserlebnis heimgehen können.

Und: Man muss nicht Raumfahrttechnik studieren, um teilnehmen zu können. "Wir kommen alle aus unterschiedlichen Fachrichtungen", sagt Alexander Mittermaier, der Management und Technologie and der TU studiert und mit Physikern, Informatikern, einem Games-Engineering-Studenten und einem Feinmechaniker zusammenarbeitet. Ihren Climber hat die Gruppe innerhalb von fünf Monaten gebaut - trotz Klausurphase.

Bei den Studenten hat das japanische Team gewonnen, da dessen Climber als einziger einen gültigen Lauf über die ganze Strecke geschafft hat. Den ersten Platz bei den Schülern hat das Team des Schiller-Gymnasiums Hof belegt. Die Dresdner haben für ihren Einsatz den Team Spirit Award erhalten. Patrick, der auf dem dritten Platz gelandet ist, freut sich schon auf die nächste Challenge: "Ich kann jedem nur raten, hier auch herzukommen", sagt der 13-jährige Gymnasiast begeistert.

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