München:Hier wird bei der "Langen Nacht der Musik" gefeiert

Am Samstagabend schwärmen 20 000 Gäste zu 400 Konzerten aus - in Bars, Kirchen, Yoga-Studios, Geschäften oder Museen.

Von Jürgen Moises

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Sakral

Earth Hour, Ab 20.30 Uhr wird die Beleuchtung an verschiedenen Sehenswürdigkeiten abgeschaltet. Hier Odeonsplatz Theatinerkirche

Quelle: Florian Peljak

"Unsere Hauptaufgabe ist natürlich die liturgische Musik", erzählt Pater Robert Mehlhart von der Theatinerkirche, die in diesem Jahr zum ersten Mal bei der Langen Nacht mitwirkt. Und dieser Funktion wird das Programm in der mehr als 300 Jahre alten Kirche auch am Samstagabend gerecht - auf nicht ganz die übliche Weise. Die ansässige Vokalkapelle wird nach einer Eröffnungsfanfare von Trompeter Martin Horbach zunächst geistliche Stücke von Antonio Vivaldi singen. Danach ist mit einem Kammeroratorium des Jazzbassisten Gustavo Brinholi sogar eine deutsche Erstaufführung zu erleben, bevor die Kirche dann zum Offenen Singen einlädt. In St. Paul (St.-Pauls-Platz 11) verwandeln Stefan Hunstein, Axel Wolf und Hugo Siegmeth Schuberts "Winterreise" mit den Mitteln des Jazz in ein Gebet, und in St. Markus (Gabelsbergerstraße 6) werden verschiedene Münchner Chöre ausgewählte Chormusik von der Renaissance bis hin zu Jazz und Pop singen. Die Erlöserkirche (Ungererstraße 13) wiederum widmet dem Komponisten Robert M. Helmschrott anlässlich seines 80. Geburtstags einen ganzen Abend. Und in St. Lukas (Mariannenplatz 3) treten mit Melodiva und den Philhomonikern ein lesbischer und ein schwuler Chor gemeinsam auf.

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Dreidimensional

Die neue Siemens Konzernzentrale, Oskar-von-Miller-Ring

Quelle: Florian Peljak

Normalerweise steht bei der Langen Nacht ausschließlich Live-Musik auf dem Programm. In der Siemens-Zentrale (Wittelsbacher Platz 2) macht man da in gewisser Hinsicht eine Ausnahme. Dort wird nämlich das technisch höchst anspruchsvolle 3D-Audioverfahren präsentiert. Und zwar in Form von musikalischen Aufnahmen, welche die Orchesterakademie des Bayerischen Staatsorchesters extra dafür eingespielt hat. Dazu gibt es stündlich erklärende Vorträge, und: Die Musiker werden zum direkten Vergleich auch live spielen. Also kommen Live-Musik-Fans dort dann doch auf ihre Kosten. Das wird genauso in anderen Unternehmen und Geschäften sein, die am Samstag in die Rolle von Konzert-Veranstaltern schlüpfen. So lässt etwa der Lederwaren-Hersteller Benno Marstaller die Popband Fenix aus dem Oberland in seinem Stammhaus (Pacellistraße 2-4) auftreten, und Die Jokers Band tritt mit Rock'n'Roll und Soul im Café Rischart am Marienplatz auf. Die Hugendubel-Filiale am Marienplatz lobt mit "Vocal Master 2018" sogar einen eigenen Beatbox-Wettbewerb aus, bei dem internationale Stars wie der Schweizer Beatbox-Weltmeister ZeDe und der dänische Supertalent-Gewinner Thorsen gegeneinander antreten.

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International

Instituto Cervantes, Spanisches Kulturinstitut, Alfons-Goppel-Straße 7

Quelle: Florian Peljak

Was Punk ist, muss man heute keinem mehr erklären. Ein bisschen anders sieht es dagegen bei Ponk aus. Der wird vom aus Brünn stammenden Ponk Trio gespielt, das am Samstag im Tschechischen Zentrum auftritt (Prinzregentenstraße 7). Mährische Volksmusik trifft hier auf Rock, Blues und Jazz. Womit das Tschechische Zentrum die eigene Kultur als zugleich klassisch und modern präsentiert. Eine Strategie, die auch andere Ländervertretungen aufgreifen. So ist etwa im selben Haus im Konferenzzentrum des Generalkonsulats der Republik Polen mit Maciej Fotruna einer der führenden polnischen Jazzmusiker zu erleben. Dessen Trio klingt durch den Einbezug von Elektronik ebenfalls modern, und zeigt dabei gleichzeitig, warum Polen traditionell als eine der wichtigsten Jazz-Nationen in Europa gilt. Das Generalkonsulat von Ungarn hat für seinen Konzertabend im Lebenslust Lehel (Sternstraße 20) den Singer-Songwriter Barna Pély sowie den slowakischen Jazzpianisten Pavol Bodnár engagiert. Und im Instituto Cervantes (Alfons-Goppel-Str. 7, im Bild) wird es mit Roman Bunka und dem aus Syrien und Marokko stammenden Ensemble Jisr, der argentinischen Band Lumía und dem mexikanischen Gitarristen Julia Marinelarena komplett international.

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Zentral

"Lange Nacht der Musik" in München, 2017

Quelle: Stephan Rumpf

Seit Ende Februar läuft in München das große Faust-Festival. Und weil sich auch der Gasteig (Rosenheimer Straße 5) dem mehr als 200 Institutionen umfassenden Veranstaltungs-Pakt angeschlossen hat, wird die Lange Nacht dort zur "Walpurgisnacht" und damit ganz im Zeichen von Goethes "Faust" stehen. "Der Gasteig wird zum Hexenkessel", lautet das Versprechen, welches das größte Kulturzentrum in Deutschland in Form von insgesamt 30 Konzerten einlösen will. Von Indie- und Alternative-Rock über Pop, Jazz, A-Cappella bis hin zu Klassik, Klezmer und Swing ist dort eine Vielzahl an Stilen vertreten, mit dem "Ladies Rap" als kleinem Schwerpunkt. Engagiert wurden dafür mit Taiga Trece, Ebow und Nia "Fiva" Sonneberg drei junge, hoch interessante Rapperinnen, die zeigen, dass man auch ohne hohle Macho-Gangster-Rapper-Phrasen coole und sozialkritische Musik machen kann. Fiva tritt in der Philharmonie sogar mit einer 14-köpfigen Big-Band auf und bereitet damit den Boden für die Jazzrausch Bigband. Die verbindet Jazz mit Techno und Hip-Hop, und verwandelt die ansonsten auf andächtiges Lauschen ausgelegte Philharmonie einen Stunde lang in einen Dancefloor. Ähnliches machen Di farykte Kapelle im Carl-Orff-Saal oder die Indierockband Die Sauna in der benachbarten Black Box.

© SZ vom 27.04.2018/vewo
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