Bienenfilm-Projekt:Popcorn in der Wabe

Filmemacher Wouter Wirth mit seinen Bienen.

Filmemacher Wouther Wirth, 33, mit seinen Bienen.

(Foto: Corinna Guthknecht)

Wouter Wirth, Filmstudent an der HFF, hat "Vom Winde verweht" so adaptiert, dass ihn Bienen wahrnehmen können. Am Wochenende hat der Film Premiere gefeiert.

Interview von Elisa Schwarz

Scarlett O'Hara summt. Zumindest hier, in der großen Bienenwabe, konstruiert aus Stahl und Holzbrettern. Durch ein kleines Glasfenster kann man in die Wabe hineinschauen, auf einen Bildschirm mit rotem Vorhang. Und darauf: Scarlett O'Hara, die Protagonistin aus "Vom Winde verweht", wie sie ihren Geliebten ansummt.

Man muss sich einmal das Publikum anschauen, um zu verstehen, welcher Film hier läuft. Vor dem Bildschirm steht eine Bienenbeute, mit Blattgold verziert. Hunderte Bienen fliegen darin herum, sitzen auf Wabengestellen, die wie kleine Sitzplätze im Kino der Höhe nach gestaffelt sind. Und in der ersten Reihe: Popcorn. "Thank you for the honey" heißt dieses Projekt von Wouter Wirth, der an der HFF studiert. An diesem Wochenende feierte der Bienenfilm Premiere.

SZ: Herr Wirth, wie hat den Bienen der Film gefallen?

Wouter Wirth: Sie sind zumindest aktiver geworden, als der Film losging. Wahrscheinlich haben sie vor allem auf das Licht reagiert.

Wie genau funktioniert denn dieses Bienenkino?

Bienen nehmen die Welt ja ganz anders wahr. Sie brauchen viel mehr Bilder, um eine Bilderfolge als flüssige Bewegung wahrzunehmen, also als Film. Darum habe ich Zwischenbilder berechnet. Der Bienenfilm hat 300 Bilder pro Sekunde - im Original sind es nur zwischen 24 und 48.

Und die Farben?

Sind verschoben. Bienen haben eine komplett andere Farbwahrnehmung als wir Menschen. Bienen können zum Beispiel keine Rottöne wahrnehmen, dafür aber ultraviolettes Licht.

Bienenfilm-Projekt: Der Filmemacher wählte eines seiner Bienenvölker aus und setzte es in eine extra angefertigte Beute.

Der Filmemacher wählte eines seiner Bienenvölker aus und setzte es in eine extra angefertigte Beute.

(Foto: privat)

Was der Mensch wiederum nicht sehen kann.

Ja. Das ist mit den Tönen genauso. Man geht davon aus, dass Bienen nicht hören können. Aber sie sind in der Lage, Töne eines bestimmten Frequenzbereichs taktil über ihre Härchen zu fühlen.

Woher wissen Sie das alles?

Ich habe viel gelesen. Und seit diesem Frühjahr habe ich ja auch eigene Bienen im Garten. Man lernt da wahnsinnig viel.

Was denn zum Beispiel?

Dass die frisch geschlüpfte Königin schreit. Das klingt dann wie so eine Tröte mitten im Bienensummen.

Nervt das die Bienen nicht irgendwann, wenn sie jetzt ständig beschallt werden?

Ich glaube nicht, dass Bienen ein Konzept von Genervtsein haben. Aber klar, ich will sie nicht unnötig belasten. Darum decke ich die Beute tagsüber mit einem dunklen Tuch ab. Und außerdem ist die Ausstellung ja jetzt auch vorbei. Die Bienen haben den Film insgesamt drei Mal gesehen.

Bienenfilm-Projekt: Durch eine Glasscheibe können die Bienen auf einen Flachbildschirm schauen - und die Besucher durch ein Fenster auf den kleinen Bienen-Kinosaal.

Durch eine Glasscheibe können die Bienen auf einen Flachbildschirm schauen - und die Besucher durch ein Fenster auf den kleinen Bienen-Kinosaal.

(Foto: privat)

Und das Popcorn, ist das Deko?

Nein, die Bienen saugen da wirklich den Honig raus.

Da ist Honig drin?

Ja, ich habe das Popcorn mit bieneneigenem Honig beträufelt. Einmal habe ich sogar eine Biene mit einem Popcorn wegfliegen sehen.

Das klingt alles ein bisschen verrückt. Was genau soll denn der Besucher von der Ausstellung mitnehmen?

Es geht mir schon auch darum, den Menschen auf seinen einseitigen Blick auf die Welt aufmerksam zu machen. Überall sehen wir Klischees und überholte Rollenbilder, vor allem in Filmen.

Und wie hilft da ein Film für Bienen?

Dass der Mensch einfach mal merkt, wie es ist, aus einer Situation ausgeschlossen zu sein, weil sie nicht für ihn gemacht wurde. Deswegen ist die Kinowabe auch nicht zugänglich - der Besucher schaut von außen rein und entwickelt im besten Fall Empathie für die Bienen und ihre Welt. Dann begreifen wir vielleicht, dass es ohne die Bienen auch unsere Welt nicht geben würde. Und das wäre dringend notwendig.

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