München heute:Vom X-Cess-Wirt zum Friedhofsmitarbeiter / Ehemalige Pandemieleugner auf Russland-Kurs

München heute: Ismail Yilmaz, der ehemalige Wirt der Kneipe X-Cess, arbeitet nun auf dem Westfriedhof.

Ismail Yilmaz, der ehemalige Wirt der Kneipe X-Cess, arbeitet nun auf dem Westfriedhof.

(Foto: Robert Haas)

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Von Lisa Sonnabend

Nun hat auch noch die Schnelle Liebe in der Thalkirchner Straße zugemacht, jene Bar, in der es bis spät nachts etwas zu essen gab und besonders viel Liquid Cocain getrunken wurde. Eine Straße weiter ist an einer Häuserfassade über das Gerüst ein riesiges Plakat gespannt: Ein US-Technologieunternehmen wirbt für sein neues Smartphone. Das Glockenbachviertel ist im Wandel, das ist an jeder Ecke zu spüren. Und manchmal wandeln die Menschen sich sogar mit, notgedrungen.

Ismail Yilmaz, den alle einfach Isi nennen, eröffnete vor fast 20 Jahren in der Jahnstraße eine Kneipe. Er nannte sie X-Cess, stellte zerschlissene Sofas vom Sperrmüll in den Raum, schenkte aus und tanzte mit. Es entstand etwas Ungezwungenes im Glockenbachviertel, das München davor nicht kannte. Studierende kamen, Künstlerinnen, Arbeitslose oder Schauspieler. Oft mussten Gäste wieder gehen, nicht weil ein Türsteher davorstand und sie wegschickte, sondern weil sie einfach nicht mehr reinpassten.

Doch je voller es wurde, desto lauter wurden die Anwohner-Beschwerden. Irgendwann, die Gentrifizierung im Glockenbachviertel war schon in vollem Gange, musste Yilmaz zumachen und zog mit seinem X-Cess an die Sonnenstraße. Es war nicht mehr das Gleiche, nur eines blieb: die Beschwerden. Schließlich konnte Yilmaz 2018 nicht mehr. Die Diagnose: Burnout und Depression. Yilmaz machte die Kneipe zu und eine Therapie. Inzwischen übt er einen neuen Beruf aus: Friedhofsgärtner.

Aus der Kneipe also auf den Westfriedhof, wo Fotograf Robert Haas und ich ihn an einem Oktobermorgen getroffen haben (SZ Plus). Statt in einem lauten, verrauchten Raum hält Yilmaz sich nun die meiste Zeit im Freien auf. An einem der ruhigsten Orte der Stadt. Der ehemalige Wirt ist ernsthafter geworden, leiser. Aber das Lässige, das Lockere blitzt immer noch hervor, wenn er spricht. "Früher habe ich die Leute zu Alkoholleichen gemacht", sagt er, "jetzt gebe ich ihnen die letzte Ehre."

Yilmaz nimmt das Leben, wie es ist, auch wenn es anders ist. Doch die Zeit in seinem X-Cess vermisst er. Nicht nur er.

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