Süddeutsche Zeitung

Helmut Markwort:"Ja, das ist schon ein nettes kleines Fest"

Lesezeit: 3 min

Wenn der Publizist und Großnetzwerker Helmut Markwort seinen 85. Geburtstag feiert, eilen 400 beste Freunde aus Nah und Fern zur prunkvollen Party herbei. Die meisten Gäste sind ziemlich prominent, durchwegs prächtig gelaunt und können mitunter sogar singen.

Von Christian Mayer

Wenn einer wie er seine 400 besten Freunde einlädt, dann reicht kein gewöhnliches Lokal, dann muss es schon eine Nummer größer sein - die Neue Theaterfabrik in Johanneskirchen, die der verstorbene Partykönig Wolfgang Nöth hochgezogen hat, ist dafür genau die richtige Location. Denn hier steht alles bereit für ein Geburtstagsfest, wie es in München vielleicht nur noch Helmut Markwort feiern kann - eine Rampe für die heranfahrenden Limousinen, ein mit Schaukelpferden geschmückter Vorplatz, ein Kir-Royal-Ausschank, Künstlerkulissen mit Pop-Art-Deko und zerfließenden Uhren von Salvador Dalí, eine Küche für ein Vier-Gänge-Menü und eine Konzerthalle.

"Kitsch, Kunst und Nostalgie" heißt das Motto an diesem sommerlich warmen Freitagabend. "Ja, das ist schon ein nettes kleines Fest", sagt die mit Markwort liierte Ex-Bunte-Chefredakteurin Patricia Riekel süffisant.

Mit weißem Wallebart nähert sich auf dem roten Teppich der blendend gelaunte Harald Schmidt, Entertainer, Traumschiff-Darsteller und Edel-Pensionär - sein Urteil über den Gastgeber fällt eindeutig aus: "Helmut Markwort ist der größte Kommunikator, den ich kenne. Selbst Leute, die ein ambivalentes Verhältnis zueinander pflegen, sitzen in seinem Garten einträchtig zusammen."

Man kommt nicht umhin, kurz zu erklären, warum Helmut Markwort so gut vernetzt ist, nicht erst seit den Zeiten, als er den Focus in Konkurrenz zum Spiegel an den Start brachte. Der gebürtige Darmstädter, FDP-Mitglied seit 1968, spielt immer auf verschiedenen Bühnen gleichzeitig, als Publizist und Fernsehmensch, Strippenzieher beim FC Bayern, Anteilseigner von Radiosendern und Chef einer illustren Schafkopfrunde.

Wenn er ruft, um seinen 85. Geburtstag nachzufeiern (Geburtstag hatte er schon im Dezember, aber unter Corona-Bedingungen wäre das ein kleines Fest geworden), gibt es keine Ausrede. Der frühere Ministerpräsident Edmund Stoiber, die CDU-Politikerin Julia Klöckner, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Fußballweltmeister Paul Breitner, Springer-Chef Mathias Döpfner, Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, Verleger Hubert Burda, Finanzmanager Alexander Dibelius, Bayern-Doc Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, Komponist Ralph Siegel, die Schauspieler Götz Otto und Ralf Bauer - alle sind dem Aufruf gefolgt.

Klar, dass an diesem Abend Elogen erwartet werden, lediglich Edmund Stoiber ringt sich zu einem halbkritischen Satz durch. Er bewundere Markwort dafür, dass er mit seiner Konzentration auf das Wesentliche ("Fakten, Fakten, Fakten") den Journalismus bereichert habe. Doch in seiner Zeit als Vorsitzender des Verwaltungsbeirats des FC Bayern sei er in dem Gremium ein paar Mal mit ihm zusammengerumpelt: "Weil ich für völlige Diskretion im Umgang mit den Medien war, aber Helmut Markwort das anders gesehen hat." Mit anderen Worten: Der Mann hat ein grandioses Mitteilungsbedürfnis.

Es dauert eine ganze Weile, bis das von Caterer Michael Käfer generalstabsmäßig geplante Dinner beginnen kann. Und nur einer darf hier eine launige Rede halten: Markwort selbst. Bei seinem Fest, sagt er zur Begrüßung, gebe es "keine Ampeleien, keine Hampeleien, und wenn hier irgendein Grüner sitzen sollte, muss er sich reingeschmuggelt haben".

Mit der Stimmkraft der FDP ist es nicht weit her, der "geee-eeelbe Waaa-gen" gerät ins Trudeln

Was folgt, ist ein rasanter Ablauf von musikalischen Einlagen. Die erstaunlich alterslose Katja Ebstein startet das Programm, Markwort hat sich von ihr den Song "Theater, Theater" gewünscht, und schon bei dieser dramatischen Beschwörung tobt der Saal. Eher erheiternd, sogar Lachtränen hervorbringend ist der Moment, als die FDP-Fraktion des bayerischen Landtags dem Seniormitglied und Alterspräsidenten des Parlaments Helmut Markwort ein Ständchen singt, den liberalen Klassiker "Hoch auf dem gelben Wagen", den der frühere Bundespräsident Walter Scheel populär gemacht hat. Mit der Stimmkraft der FDP ist es nicht ganz so weit her, der "geee-eeelbe Waaa-gen" gerät ganz schön ins Trudeln, erst als Markwort vor dem Mikrofon steht und einstimmt, festigt sich der Gesang.

Humoristischer Höhepunkt ist Harald Schmidts Einlage am Flügel. Der Entertainer spart nicht mit Selbstironie ("bin auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar"), würdigt Markwort als einen der wenigen Journalisten neben Mathias Döpfner, der weiß, wie man so richtig Geld macht, und spielt dann ein Udo-Jürgens-Medley mit versteckten Boshaftigkeiten. "Mit 85 Jahren - ist noch lange nicht Schluss", das ist bei Harald Schmidt auch eine Art Selbstertüchtigung.

Weiter geht's im Programm, die Liste der Barden und Poetinnen ist schier endlos, und der Jubilar kriegt gar nicht genug davon. Auf den beiden großen Bildschirmen sieht man, wie Markwort genießerisch die Darbietungen verfolgt, vom dahingebrummten "It's a Wonderful World" eines Gunther Emmerlich bis zu den gefühlvollen "Sweet Dreams" der 27-jährigen Laila Nöth, die seit dem Tod ihres Vaters die Theaterfabrik leitet.

Das muss man sich in diesen Zeiten erst mal trauen, sich so feiern zu lassen. In aller Unbescheidenheit.

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