Zuletzt waren die Initiatoren wild entschlossen, auch ohne städtische Genehmigung loszulegen. "Dann soll die Stadt halt entscheiden, dass die Statue wieder weg muss", sagte vor vier Wochen ein aufgebrachter Karl Eisenrieder Senior, Inhaber des Traditionscafés Münchner Freiheit. So weit musste es nicht kommen, denn nun hat der Kulturausschuss am Donnerstag per einstimmigem Beschluss erklärt, der Errichtung einer Bronzeplastik zu Ehren des Autors und Regisseurs Helmut Dietl auf der Freischankfläche vor dem Café Münchner Freiheit zuzustimmen. Damit ist der Weg frei, dem 2015 verstorbenen Dietl ein Denkmal zu setzen.
"Zeit wird's", sagt Christian Vorländer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD nach dem Beschluss. Dietl das Denkmal zu errichten sei "super, klasse", er selbst sei "froh, dass das jetzt auf den Weg gebracht ist". Auch Beatrix Burkhardt (CSU) freut sich, dass dem Wunsch des Bezirksausschusses und der Münchner Bevölkerung nachgekommen werde, "Dietl hat es verdient".
Für den 80-jährigen Café-Betreiber Eisenrieder ist das Thema Dietl-Denkmal ein Herzensprojekt, hatte er ihn doch in den Achtziger- und Neunzigerjahren regelmäßig zu Gast in seinem Café, wo der Schöpfer von Serien wie "Münchner Geschichten" und Kinofilmen ("Schtonk!") sich mit Kollegen traf, mit Towje Kleiner und Helmut Fischer etwa, allesamt eingehüllt in Zigarettenqualm. Laut und lustig soll es zugegangen sein.
Seine wohl berühmteste Figur war der Monaco Franze, den Helmut Fischer so genial verkörperte - und der als Denkmal seit 1997 auf einem Stuhl vor dem Café Münchner Freiheit sitzt. Dort soll nun auch eine Bronze von Helmut Dietl Platz nehmen, die beiden Freunde zu Lebzeiten im Tode vereint. Doch zunächst stockte das Projekt. Oder, um es mit den Worten von Dietls Witwe Tamara auszudrücken: Ihr verstorbener Mann hätte sicher aus all dem eine kuriose Geschichte gemacht.
Der Plot lief so ab: Im Frühjahr 2018 stoßen die Cafébetreiber und der Bezirksausschuss-Vorsitzende Werner Lederer-Piloty (SPD) die Gedenkinitiative an. Der Kulturausschuss des Stadtrates entscheidet zwar, die Sache nicht als städtisches Projekt durchzuziehen. Eine Würdigung Dietls sei bereits mit einer Straßenbenennung im Werksviertel erfolgt. Dennoch begrüßt der Stadtrat "das erinnerungspolitische Engagement", legt dem formal privaten Projekt also keine Steine in den Weg. Dem Vernehmen nach will man vor allem keinen Präzedenzfall für Persönlichkeitsdenkmal-Gesuche schaffen, die dann gleichrangig zu behandeln wären.
Erst sammelte die Stadt Geld, dann überwies sie die Spenden wieder zurück
Das städtische Direktorium richtet daraufhin ein Spendenkonto ein, auf dem 70 000 Euro eingehen. Das Direktorium stoppt aber im Februar 2019 das Projekt, zahlt die Spenden wieder zurück. Es heißt, Künstler Nikolai Tregor, der schon die Monaco-Statue schuf, habe Schulden, womöglich flössen die Gelder an Gläubiger. Außerdem verweist die Behörde bemerkenswerterweise auf den erwähnten Stadtratsbeschluss mit den Worten "es ist eine Frage der Sichtweise des Gedenkens im öffentlichen Raum".
Offenbar ist plötzlich aufgefallen, dass die Dietl-Plastik auf öffentlichem Grund stehen wird, auf der Freischankfläche des Cafés, ebenso wie die Monaco-Plastik. Dass diese dort platziert wird, hatte der damalige Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) einfach verfügt. Doch für Kunstwerke im öffentlichen Raum wird gewöhnlich ein Wettbewerb abgehalten, der Auftrag ausgeschrieben. Damals beschwerte sich niemand - nun sieht sich das Direktorium offenbar in der Bredouille.
Zwischenzeitlich schimpften die Schwabinger am Tresen bei Karl Eisenrieder im Café über die "Sauerei von der Stadt, dass die die Statue nicht wollen", wie er berichtete - woraufhin so einige Stadträte ihre Zuneigung zu dem Denkmal-Projekt in Form von Anträgen übermittelten, eine Realisierung "auf öffentlichem Grund" zu ermöglichen. So kann die Stadtverwaltung den Ball wieder an die Politik zurückspielen.
Im Kulturausschuss wollte am Donnerstag dann niemand mehr auch nur über die Sache diskutieren, einstimmig wurde das Denkmal für Dietl beschlossen. "Ich kann mir niemanden vorstellen, der prädestinierter ist für ein Denkmal, als Helmut Dietl", sagt Vorländer zufrieden. "Niemand verkörpert das Münchner Lebensgefühl mehr als er."
Die Initiatoren wollen jetzt keine Zeit mehr verlieren. Schon an diesem Freitag soll Künstler Tregor den Vertrag zur Unterschrift erhalten. Wenn nichts dazwischen kommt, soll die Statue bereits im Frühjahr 2020 fertig sein. Witwe Tamara Dietl hat schon vor einiger Zeit nur einen Wunsch für die Gestaltung geäußert: Die Statue soll eine Zigarette in die Hand bekommen. "Wenn er da oben auf seiner Wolke sitzt und sieht, dass man ihm zum Nichtraucher macht, dann würde er sagen: Ihr habt's doch einen Knall."