Heizkraftwerk Süd:Betonbrocken für Liebhaber

Die Arbeiten zum Rückbau des Kamins am Heizkraftwerk Süd werden sichtbar

Blick von oben auf den höchsten Kamin des Heizkraftwerks Süd, der gerade abgebrochen wird, und Stück für Stück gegen Spende an Münchner abgegeben werden soll.

(Foto: Elias Escotto/SWM)

Das Wahrzeichen des alten Heizkraftwerks Süd wird Stück für Stück abgebaut. Gegen eine Spende gibt es Teile des Kamins zum Mitnehmen.

Von Sven Loerzer

Ein halbes Jahrhundert lang gehörte der höchste Kamin des Heizkraftwerks Süd zu den Wahrzeichen Münchens, doch nun schrumpft er - wenn auch langsam: Von seinem Auslass 176 Meter über der Erde sind seit Mitte August rund 15 Meter abgetragen worden. Ein acht Tonnen schweres Spezialgerät hockt wie eine Spinne, allerdings eine mit nur drei Beinen, auf der Mauerkrone. Es meißelt ferngesteuert Stück um Stück des bisher nach dem Olympiaturm zweithöchsten Bauwerks der Stadt ab. Jetzt gibt es die Gelegenheit, sich einen faust- bis doppeltfaustgroßen Betonbrocken als Souvenir zu sichern: Gegen eine Spende für das in Sendling ansässige H-Team, das Menschen in schwierigsten Lebenslagen umfassende Hilfe bietet, kann sich jeder Kamin-Fan an diesem Wochenende bis zu fünf Bruchstücke abholen.

Der Kamin, der noch aus der Zeit der Müllverbrennung stammt, ist schon seit Jahren außer Betrieb. Weil die Stadtwerke München den Standort mit umfangreichen Modernisierungsarbeiten für die neue Energiewelt - weg von der Verbrennung, hin zu erneuerbaren Energien und Geothermie - ertüchtigen wollen, ist das Wahrzeichen der alten Kraftwerkswelt überflüssig. Zum Abbruch gebe es aus technischen Gründen keine Alternative, betonten die Stadtwerke. Doch weil viele Münchner darin einen liebgewonnenen Teil des Stadtbilds sahen und für den Fortbestand eintraten, ermöglichen nun die Stadtwerke, sich Erinnerungsstücke von ganz oben zu sichern.

Die Idee dazu hatte der Projektleiter des diffizilen Abbruchs, das Vorbild kommt dazu aus Philippsburg: Dort waren im Mai dieses Jahres die beiden Kühltürme der abgeschalteten Kernkraftwerke gesprengt worden. Am 18. Juli konnten sich rund 600 interessierte Bürger Erinnerungsstücke abholen. In München ist die bei Kaminen sonst übliche, viel Zeit sparende Sprengung aufgrund der baulichen Situation nicht möglich. So wird der Riese nun Stück um Stück von oben bis hinunter zum Dach des 28 Meter hohen Maschinenhauses abgetragen. Die Stücke, die durch die Röhre nach unten auf ein federndes Bett aus Autoreifen und Stahlplatten fallen, "müssen sehr klein werden", sagt eine Sprecherin der Stadtwerke. Wie lange der Abbruch noch dauern wird, dazu wagen die Stadtwerke keine Prognose. "Wir wissen nicht, was uns erwartet", der Bau sei schließlich mehr als 50 Jahre alt.

Am Freitag, 23. Oktober, von 14 bis 17 Uhr, und am Samstag, 24. Oktober, von 9 bis 12 Uhr, können sich Fans des Bauwerks nun die grauen, zumeist rundlichen Brocken sichern. Wie groß die Nachfrage sein wird, lässt sich schwer einschätzen, schließlich seien die Stücke "nicht so schön wie bei der Berliner Mauer". Für die Ausgabe im Freien am Heizkraftwerk Süd an der Einfahrt Schäftlarnstraße (gegenüber der Großmarkthalle) haben die Stadtwerke handliche Stücke ausgesucht, damit der Abtransport ohne Auto erfolgen kann. Parkplätze gibt es dort keine. Der selbst gewählte Spendenbetrag für das H-Team, das als gemeinnütziger Verein vor 30 Jahren gegründet wurde und seinen Sitz am Harras hat, muss passend in bar mitgebracht werden.

Die Betonbrocken, die keine Stahlarmierung mehr enthalten, um Verletzungen auszuschließen, darf man sich selbst aussuchen, sofern das auch schnell geht, sagt die Stadtwerke-Sprecherin. Das Kreisverwaltungsreferat habe die Veranstaltung freigegeben, allerdings sind kurzfristige Änderungen aufgrund der aktuellen Corona-Lage möglich. Die üblichen Abstands- und Hygieneregelungen sind einzuhalten, auf dem Kraftwerksgelände besteht außerdem Maskenpflicht.

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