Wenn die gelb gewordenen Blätter von den Bäumen rieseln, wird es höchste Zeit, sich auf den Winter vorzubereiten. Und weil in den hiesigen Breitengraden trotz des weltweiten Klimawandels wohl auch künftig im Winter geheizt wird, lohnt es, sich auch auf lange Sicht mit der Wärmeversorgung zu beschäftigen. Zu diesem Zweck hat München bereits im Mai einen Wärmeplan beschlossen, als erste deutsche Großstadt. „Aber im Sommer denkt keiner übers Heizen nach“, erklärte Christine Kugler, die Leiterin des Referats für Klima- und Umweltschutz (RKU), weshalb erst jetzt eine entsprechende Informationskampagne startet. Motto: „München hat einen Plan!“
Von Freitag an wirbt das RKU im großen Stil für den Münchner Wärmeplan: Dessen Ziel ist es, Eigenheimbesitzern ebenso wie Wohnungsgesellschaften und Handwerksbetrieben Optionen für die künftige Wärmeversorgung aufzuzeigen. Auf diversen Kanälen – von Filmen übers Radio bis hin zu Printmedien – berichten sieben Protagonisten von ihren Erfahrungen mit energetischen Sanierungen und dem Umstieg auf klimafreundliches Heizen. Es seien „reale Menschen, die ihre Geschichten erzählen“, versicherte Kugler bei einem Medientermin am Mittwoch: „Wir haben niemandem etwas in den Mund gelegt.“
Dadurch, dass gewöhnliche Leute zu Wort kommen, das Ganze also nicht von oben herab kommuniziert wird, will das RKU für Vertrauen sorgen in die notwendigen Maßnahmen. Angesichts des einst von der Bundesregierung vermurksten Heizungsgesetzes sagt Kugler: „Wir wollen Sicherheit schaffen in einem verunsicherten Markt.“ Die Bürgerinnen und Bürger, die von der Wärmewende betroffen sind, „sollen gut informierte Entscheidungen treffen können“. Dabei lässt Kugler anklingen, dass sie eine Investition in eine neue Gasheizung nicht für die beste Idee hält.
Aktuell wird die Wärmeversorgung in München zwar noch dominiert von Erdgas und in geringerem Ausmaß auch von Heizöl, spätestens 2045 soll aber Schluss sein mit der Nutzung von fossilen Energien. Bis dahin, so schreibt es das Gebäudeenergiegesetz (GEG) des Bundes vor, müssen alle Heizungen in Gebäuden komplett mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
München will diese Transformation freilich bereits 2040 vollendet haben, eine „riesige Herausforderung“, wie Kugler einräumt. Wenn der vom Bund bis 2045 gesteckte Zeitrahmen erreicht ist, soll der Wärmebedarf in der Stadt zu zwei Dritteln über Fernwärme gedeckt werden und zu einem Drittel über sogenannte Umweltwärme: Die wird in der näheren Umgebung aus der Luft und aus dem Grundwasser erzeugt.
Der gesamte Wärmeplan ist für alle Bürgerinnen und Bürger einzusehen im Internet auf dem Geoportal der Stadt München. Interessierte können dort „baublockscharfe Informationen über die künftige Wärmeversorgung“ abrufen, wie Kugler erläutert. Wer in einen der verschiedenfarbigen Gebäudeblocks klickt, erfährt beispielsweise, ob die Stadtwerke München (SWM) dort vorhaben, ihr Fernwärmenetz zu erweitern oder zu verdichten. Alternativ zum Fernwärmeanschluss entwickeln die SWM auch dezentrale Angebote für eine Heizung auf Basis von Luft- und Grundwasserwärmepumpen. Wo das grundsätzlich möglich ist, ist ebenfalls nachzulesen, ebenso, wo gerade noch geprüft wird, auf welche Weise ein Gebiet erschlossen werden könnte.
Es gebe für jede Örtlichkeit „in aller Regel mehrere Alternativen“, sagt Kugler und bekräftigt, alle Hinweise seien „unverbindlich und verpflichten zu nichts“. Der ganze Wärmeplan sei „nur ein Orientierungsrahmen für die weitere Planung und für künftige Investitionen“. Ihr ist wichtig, dass die Menschen sich beteiligen und letztlich selbst entscheiden können.
Weil das RKU nicht alle auf einmal informieren kann, hat es mit seiner Energieberatung auf kleinerer Ebene angefangen – in einzelnen Straßenzügen oder Quartieren wie dem Österreicher-Viertel in Pasing oder rund um den Zirler Platz in Sendling-Westpark. Geplant ist zunächst eine grundsätzliche Initialberatung, auch über den Förderdschungel, später dann eine spezifische Fachinformation.
Auf einem „Quartiersbrettl“, einer Art „Datingplattform für Gebäudebesitzer“, wie Kugler erklärt, sollen sich Eigentümer oder Vermieter vernetzen können, um beispielsweise eine gemeinsame, dezentrale Nahversorgung zu organisieren. „Dann wird’s für alle günstiger“, sagt sie: „Wärmenetzlösungen sind immer solidarische Lösungen.“ Wie teuer eine Neuanschaffung, Umrüstung oder Sanierung werde, müsse individuell festgestellt werden.
Auch in dieser Hinsicht versucht die Klima- und Umweltschutzreferentin den Bürgerinnen und Bürgern Ängste zu nehmen. Mitunter helfen schon kleine Maßnahmen wie der Austausch von Fenstern, um Energie einzusparen, sagt sie; es müsse nicht immer gleich generalsaniert werden. „Wichtig ist, die Wärmewende sozialverträglich zu gestalten, sonst wird sie nicht funktionieren“, so Kugler.
In erster Linie zielt die Informationskampagne des RKU zwar auf Besitzer von kleineren Wohneinheiten, aber nach Kuglers Aussage haben auch die großen Unternehmen der Münchner Wohnungswirtschaft bislang positiv auf den Wärmeplan reagiert.