Messen in Riem:Das Handwerk kehrt zurück in die Hallen

Messen in Riem: Wie lebt es sich in einem Tiny House? Auch das können Besucher bei der Messe "Heim + Handwerk" in diesem Jahr wieder erfahren.

Wie lebt es sich in einem Tiny House? Auch das können Besucher bei der Messe "Heim + Handwerk" in diesem Jahr wieder erfahren.

(Foto: Catherina Hess)

Für die krisengeplagte Branche ist die große Publikumsmesse "Heim + Handwerk" nach zwei Jahren Corona-Pause ein Hoffnungszeichen. Die Zahl der Aussteller ist jedoch deutlich zurückgegangen.

Von Patrik Stäbler

Vor einigen Tagen sind circa 30 größtenteils weiß gekleidete Besucher in der bayerischen Staatskanzlei vorstellig geworden. Die Bäcker, Fleischer und Brauer aus der Region schilderten dort Florian Herrmann (CSU) ihre Sorgen und Nöte. Zudem übermittelten sie dem Staatsminister aus Anlass der bundesweiten Aktion "Alarmstufe Brot" ihre Forderungen - unter anderem einen Härtefallfonds für Betriebe, die aufgrund der gestiegenen Energiepreise Verluste schreiben.

Der Protest der Bäcker steht dabei symptomatisch für die aktuelle Stimmungslage im Handwerk. Schon seit Längerem kämpfen fast alle Branchen mit dem Fachkräftemangel; dazu kommen aktuell die hohen Energiekosten. Und nicht zuletzt herrscht bei etlichen Betrieben große Unsicherheit, wie sich Inflation und steigende Preise auf die Kauflust auswirken.

Kurzum, es herrscht vielerorts trübe Stimmung im Handwerk - was so gar nicht zur Laune von Dieter Dohr passen will. Denn der Geschäftsführer der Gesellschaft für Handwerksmessen (GHM) ist laut eigener Aussage "unglaublich froh" und "voller Vorfreude", wenn er auf den kommenden Mittwoch blickt. Dann starten auf dem Münchner Messegelände - nach zweijähriger pandemiebedingter Zwangspause - die Heim+Handwerk sowie die gleichzeitig stattfindende Food & Life, bei der übrigens auch mehrere Bäckereien als Aussteller vertreten sind.

Hier Protest und Zukunftsängste, dort gute Laune und glitzernde Produkte: Aus Sicht von Dieter Dohr ist das kein Widerspruch. "Ich denke, dass die Messe gerade zum jetzigen Zeitpunkt auch ein Zeichen ist", sagt der GHM-Chef, "dass wir mutig und optimistisch nach vorne schauen."

Ähnlich klingt das bei Franz Xaver Peteranderl, der nicht nur Aufsichtsratsvorsitzender der GHM ist, sondern auch Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern (HWK). "Es ist höchste Zeit, dass die Besucher wieder vor Ort rausgehen und die Produkte live erleben, fühlen, anfassen und bei der Food & Life auch probieren können", betont der Bauunternehmer aus Garching. "So eine Messe kann kein Video und kein Surfen im Internet ersetzen. Wenn man durch die Ausstellung schlendert, dann ist das ein Erlebnis."

Heim+Handwerk: Fünf Messehallen mit zirka 600 Ausstellern

Wobei Peteranderl mit Blick auf die Stimmungslage im Handwerk nichts schönreden will. "Steigende Zinsen, hohe Energiekosten und sinkende Nachfrage machen das Wirtschaften für die Betriebe nicht gerade einfach", betont der HWK-Präsident. Er fordert daher von der Politik Entlastungen für Betriebe, aber auch für Verbraucher - "um die Kaufkraft der Kunden zu sichern".

Wie es um diese aktuell bestellt ist, wird sich von Mittwoch bis Sonntag auch bei der Heim+Handwerk sowie der Food & Life zeigen. In fünf Messehallen präsentieren circa 600 Aussteller ihre Produkte aus den Bereichen Wohnen und Einrichten sowie Essen und Trinken - mithin weit weniger als die 1000 Betriebe vor drei Jahren. Es sei "sehr schwierig" gewesen, die Messe nach der pandemiebedingten Auszeit wieder neu anzuschieben, räumt GHM-Geschäftsführer Dieter Dohr ein. "Einige Aussteller sind während Corona auch vom Markt verschwunden."

Entsprechend sei die diesjährige Heim+Handwerk ein "Neustart" - und das an ungewohnter Stelle. Denn anders als früher ist die Messe diesmal über den Ost-Eingang zu erreichen. Tickets für Besucherinnen und Besucher kosten 15 Euro, zwei Euro mehr als noch 2019.

Zwei Hersteller von Tiny Houses zeigen, wie Leben auf engstem Raum funktioniert

Erstmals bei der Heim+Handwerk vertreten ist der Bereich "Greenstyle", in dem 25 Hersteller nachhaltige Mode präsentieren - etwa in Nepal gefertigte Schals aus wiederverwerteter Kaschmirwolle. Ebenfalls dem Thema Nachhaltigkeit haben sich etliche Start-ups verschrieben, die auf der Food & Life in einem eigenen Bereich für neu gegründete Firmen beispielsweise eine vegane Bratensauce oder ein Pesto in Tabs-Form vorstellen.

Derweil haben auch die jüngsten Krisen - Stichwort Energie, Stichwort Corona - ihre Spuren auf der Heim+Handwerk hinterlassen. So zeigen etliche Betriebe Lösungen fürs Energiesparen im eigenen Heim. Darüber hinaus führen zwei Hersteller von Tiny Houses vor, wie ein Leben auf engstem Raum aussehen kann. Und dann ist da noch ein Aussteller, der - passend zum Home-Office-Trend - mit dem Slogan wirbt: "Arbeiten in der Hängematte".

Ob all das mehr als 120 000 Menschen anziehen wird wie 2019? Bei dieser Frage wollen die Veranstalter keine Prognose abgeben. "Wir sind sicher noch nicht dort, wo wir vor der Pandemie waren", sagt Dieter Dohr. Und doch gibt er sich überzeugt: "Mit dieser Messe tun wir etwas Gutes" - und das in schwierigen Zeiten.

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