Süddeutsche Zeitung

Finanzen in der Krise:München macht Milliardendefizit durch Corona

Die Stadt fordert Hilfen vom Bund. Ansonsten sei "die dauernde Leistungsfähigkeit der Landeshauptstadt zur Erfüllung aller Zahlungsverpflichtungen gefährdet", warnt der Kämmerer.

Von Heiner Effern

Die Stadt München benötigt wegen der Coronakrise auch in den Jahren 2021 und 2022 dringend finanzielle Hilfe vom Bund und vom Freistaat Bayern. Die jeweiligen Haushaltspläne wiesen wegen der eingebrochenen Gewerbesteuer "ein deutliches Minus auf. Dies führt dazu, dass die dauernde Leistungsfähigkeit der Landeshauptstadt zur Erfüllung aller Zahlungsverpflichtungen gefährdet ist", erklärte Kämmerer Christoph Frey. Das könnte auch die vielen notwendigen Investitionen blockieren, für die München Kredite benötigt. Denn wegen der fehlenden Einnahmen wird die Stadt auch "bei der weiteren Erhöhung der Neuverschuldung an ihre Grenzen" stoßen, sagte Frey.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) schrieb deshalb einen Brief an Bundesfinanzminister Olaf Scholz. "Die Stadt München benötigt dringend eine schnelle und unbürokratische Hilfe. Die coronabedingten Steuerausfälle kann die Landeshauptstadt nicht allein stemmen", heißt es darin. "Die Zeit drängt! Eine baldige Entscheidung über die Fortsetzung ist notwendig, um die Haushalte der Städte stabilisieren zu können."

Im Jahr 2019, dem letzten vor der Pandemie und der dadurch ausgelösten Wirtschaftskrise, nahm München 2,69 Milliarden alleine durch die Gewerbesteuer ein. Diese brach dann 2020 auf die Summe von 1,74 Milliarden Euro im Jahr darauf ein. Bund und Freistaat glichen die fehlende Summe zu zwei Dritteln aus und überwiesen dafür 669 Millionen Euro nach München. "Für die Jahre 2021 und 2022 fehlt es bislang an klaren Bekenntnissen vom Bund für weitere Hilfen zum Ausgleich der Steuermindereinnahmen", schreibt Reiter nun an seinen Parteifreund Scholz.

Nach den jüngsten Steuerschätzungen vom Mai 2021 zeichnet sich aber ab, dass auch in diesen Jahren die Gewerbesteuer deutlich unter dem Niveau aus Vor-Corona-Zeiten bleiben wird. Im Moment werden etwa 2,2 Milliarden (2021) und 2,3 Milliarden (2022) erwartet.

Die Stadt ergriff seit Beginn der Pandemie Sparmaßnahmen, doch die enormen Ausfälle kann sie nicht alleine kompensieren. Das würde auf Dauer die Genehmigung des Haushalts durch die Regierung von Oberbayern gefährden. Von dort kämen deutliche Hinweise, dass man auf Disziplin bei den Ausgaben achten solle, heißt es im Rathaus.

Der Freistaat lockerte zwar kurzfristig die Vorgaben für die Genehmigung von Haushalten, doch sollte auch München möglichst bald keine Verluste mehr im laufenden Geschäft der Verwaltung mehr machen. Mit einer entsprechenden Hilfe aus Bund und Land wäre dies möglich. OB Reiter will zudem mit seinem Brief ausdrücklich die Bemühungen der Spitzenverbände unterstützen, dass Kommunen flächendeckend eine Finanzspritze erhielten.

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Quelle:
SZ vom 12.06.2021
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