Performance:Im Reich der Klänge

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Eine neue Reihe im Haus der Kunst widmet sich dem Thema "Sound".

Von Jürgen Moises, München

Musik ist mehr als Entertainment. Sie ist wie ein Portal, das uns in eine andere Welt, ein anderes Bewusstsein führen kann. So sieht es jedenfalls die aus dem Kongo stammende, in Belgien aufgewachsene und in Berlin und London lebende Musikerin und bildende Künstlerin Nkisi alias Melika Ngombe Kolongo. "Ich sehe Klänge als einen Weg, Ideen über die Welt weiterzugeben", erzählte Nkisi bei der Eröffnung der neuen Reihe " Tune" im Haus der Kunst. Dazu war sie zusammen mit Lamin Fofana eingeladen. Auch er bewegt sich zwischen Musik und Kunst und wohnt seit 2016 in Berlin. Aufgewachsen ist Fofana in Sierra Leone und Guinea. Er ging 1997 in die USA und hat wie Nkisi einen Großteil seines Lebens in der afrikanischen "Diaspora" verbracht.

Dass beide beim Klang als Ausdrucksform gelandet sind, wirkt nicht so überraschend, wenn man die einleitenden Worte des Direktors des Hauses, Andrea Lissoni, gehört hat. Klang sei ein "Bastard", hatte der gesagt, sei "unrein", weil er nicht dort bleibt, wo er ist. Dass sich Klang "frei durch und zwischen Kulturen bewegen" kann, heißt es auch in der Ankündigung zu der in Kooperation mit dem Indiesender Radio 80K veranstalteten Reihe, die sich über mehrere Jahre erstrecken soll. Jeden Monat werden dazu Musiker, Klang-Künstler eingeladen. Als "Residents" erarbeiten sie jeweils zwei Live-Performances, die sich zu Installationen oder Ausstellungen ausweiten können.

Die Aufgabe der Besucher? Sich "einzutunen", einzuschalten, so Lissoni. Im Fall von Nkisi ist das bis zum 14. Juli möglich. Bis dahin wird ihre audiovisuelle Installation "|Ngo|" im Westflügel zu erleben sein. "Aktiviert" wurde diese durch Liveperformances, bei der man die Musikerin auf einem kleinen Podium in der Ecke kniend ihre Elektronik bedienen sah. In der Mitte des Raums: Eine Armada an Becken, darüber eine Leinwand, auf der abstrakte Muster flimmerten. Ein Verweis auf die Kosmologie des Kongos. Auch in der Musik klingt "Afrikanisches" an, vermengt mit Beats und Synthesizermelodien. Eine experimentelle, eindringliche Techno-Sinfonie, mit Offbeat-Rhythmen und anderen Störgeräuschen.

"Every action creates a new world", so heißt in "|Ngo|" ein zentraler Satz. Eine Botschaft, die auch zu Lamin Fofanas Klanginstallation "A call to disorder" passt, die sogar bis März 2022 im Terrassensaal zu erleben ist. Möchte er mit dieser doch "die Unterscheidung zwischen Reflexion und Aktion zum Kollabieren bringen". Auch auf die Pandemie und ihre Toten nimmt er im Gespräch Bezug, und auf das für ihn "ausbeuterische" System dahinter. In der Installation hört man Ambient-Klänge, Feldaufnahmen, optisch verknüpft mit rotem Licht. Seine Hoffnung? Dass die Menschen mit neuen Gedanken hinaus gehen. Am Eröffnungsabend ist man auf jeden Fall "desorientiert", als man danach auf die Terrasse tritt. Ein weiblicher DJ legt dort auf, eine Fitnessgruppe macht daneben Übungen. Da ist man plötzlich wirklich in einer anderen Welt.

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