Neuer Investor, neuer Anlauf:Das zweite Leben des Postbank-Karrees

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Das geplante Bürogebäude „The Verse“, zwischenzeitlich „Elementum“, ersetzt das ehemalige Postbank-Gebäude zwischen Bayerstraße, Paul-Heyse-, Schwanthaler- und Mittererstraße. (Foto: Rendart Architekturvisualisierungen/Accumulata)

Wenige Schritte vom Hauptbahnhof entfernt entsteht eine neue Bürowelt für 3000 Arbeitsplätze. Das Architekturbüro Herzog & de Meuron hofft, möglichst viel von der alten Bausubstanz wiederverwenden zu können.

Von Sebastian Krass

Robert Hösl hat schon über allerhand architektonische Details gesprochen: die neu geplanten Zugänge zum öffentlichen Innenhof, den „Foodcourt“, den es geben soll, und die Konstruktion des Sonnenschutzes an den Fenstern (Textil statt Rollladen). Und dann gibt Hösl auch ein paar Einblicke in seine Architektenseele.

„Es ist für mich ein bisschen seltsam, ein so altes Projekt vorzustellen“, sagt Hösl, der im Büro Herzog & de Meuron für die Projekte in München verantwortlich ist, in seinem Vortrag vor der Stadtgestaltungskommission. Nach „vielen Jahren der Irrungen und Wirrungen“ sei er „stolz, dass wir das Projekt auf Kurs halten können, dass es keines der untoten Projekte ist, die es in München auch gibt“.

Das Vorhaben, über das Hösl spricht, ist eines der größten Bürobauprojekte in München, in sehr zentraler Lage noch dazu. Es geht um das ehemalige Postbank-Gebäude im südlichen Bahnhofsviertel. Es nimmt fast das gesamte Karree zwischen Bayerstraße, Paul-Heyse-, Schwanthaler- und Mittererstraße ein. 59 000 Quadratmeter Geschossfläche soll der Komplex haben, wenn er fertig ist. Rechnerisch könnten dort etwa 3000 Arbeitsplätze unterkommen. Vorher hatte das Gebäude 50 000 Quadratmeter Fläche. Die Bauherren wollen also die vermarktbare Fläche um etwa 20 Prozent steigern.

„Es ist ein Investorenprojekt“, sagt Hösl und lässt mitschwingen, dass auch sein hochrenommiertes Architekturbüro in diesem Fall Profitinteressen gerecht werden muss. „Was uns interessiert“, ergänzt er, „ist, ob man es als anspruchsvolles Re-use-Projekt umsetzen kann.“ Re-use, das englische Wort für wiederverwenden, kommt sonst im Zusammenhang mit Plastiktüten oder Kleidungsstücken vor, hier geht es um Baumasse.

Seit 2019 arbeiten Herzog & de Meuron an dem Projekt, bei dem ein Teil des erst in den Neunzigerjahren erbauten Postbank-Komplexes erhalten bleiben und durch Neubau-Elemente ergänzt werden soll. Das Gebäude sei zwar noch nicht alt, erläutert Hösl, aber dennoch „in die Jahre gekommen und für die Nutzung nicht mehr zeitgemäß“, etwa wegen zu niedriger Bürohöhen. Nach Hösls Angaben wurde knapp die Hälfte der ursprünglichen Geschossfläche abgerissen, der Rest soll weiter bestehen.

In den vergangenen fünf Jahren war die Immobilie ein Spielball verschiedener Investoren und Poeten aus dem Immobilien-Marketing: Aus dem „Postbank-Karree“ wurde das „Correo-Quartier“, daraus das „Elementum“, inzwischen trägt das Projekt den Namen „The Verse“. Aktueller Eigentümer ist die US-Investmentgesellschaft Oaktree, die das Münchner Immobilienunternehmen Accumulata beauftragt hat, dieses Projekt endlich zu einem Abschluss zu bringen.

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Es ist auch ungewöhnlich, dass die Stadtgestaltungskommission sich zu diesem Zeitpunkt noch einmal damit befasst. Denn es gibt eine Baugenehmigung, die Abrissarbeiten sind auch schon weitgehend erledigt, derzeit sieht der Komplex aus wie eine Ruine. Doch die Baugenehmigung stammt aus der Zeit der vorigen Eigentümer. Seitdem Oaktree im September 2023 die Kontrolle übernommen hat, wurde noch einmal umgeplant. Und um diese Umplanungen von Fachleuten prüfen zu lassen, hat die Lokalbaukommission (LBK) das Vorhaben der Stadtgestaltungskommission vorgelegt.

Und so präsentiert Hösl die Planung für „eine intensivierte Nutzung“ der Dachterrasse, die den Mietern des Gebäudes vorbehalten bleibt. Zur schon geplanten Laufbahn um den Innenhof herum sind zwei Spielfelder für Padel-Tennis (eine Variante mit kleineren Schlägern und Feldern) hinzugekommen. Dass die dafür nötigen Käfige von der Straße aus zu sehen sind, ist für die Frage der Genehmigung relevant, es ist aber aus Sicht der Kommission kein großes Thema.

Prominente Lage in Hauptbahnhof-Nähe: das Bauprojekt an der Ecke Bayer- und Paul-Heyse-Straße. (Foto: Herzog & de Meuron Architekten)
Die Frage, wie zugänglich der Innenhof bleiben soll, löste eine Debatte aus. (Foto: Herzog & de Meuron Architekten)

Diskussionen gibt es hingegen dazu, dass die Architekten an der Ecke Bayerstraße/Paul-Heyse-Straße für die Allgemeinheit keinen Zugang mehr zum Innenhof vorsehen, sondern einen Eingang in den „Foodcourt“ mit kommerziellen gastronomischen Angeboten. Hösl räumt ein, dass „die Durchwegung weniger geworden“ sei, aber „die Belebung im Erdgeschoss durch den Foodcourt wird am Ende spürbarer und effektiver“. Der Komplex solle „keine tote Bürowelt“ sein, argumentiert Hösl.

Die Linken-Stadträtin Brigitte Wolf moniert, „dass die Durchwegung nach allen vier Richtungen ein wichtiger Faktor war“. Paul Bickelbacher (Grüne) ergänzte, dass just der Hofzugang an der Ecke Bayer-/Paul-Heyse-Straße „der wichtigste war“, wegen der Nähe zum Hauptbahnhof und der Tramhaltestelle, „da ist jetzt die wenigste Durchlässigkeit“.

Michaela Wolf als Vertreterin der Architektur in der Kommission lobt hingegen, dass es die zum Zeitpunkt der Baugenehmigung geplanten mäandernden Zugänge in den Hof nicht mehr gibt: „Ich finde die kurzen klaren Wege gut.“ Gut gefällt ihr auch, dass das „Dach in der Stadt“ noch zusätzliche Funktionen bekommen soll. „Grundsätzlich ist es eine schöne Weiterentwicklung geworden.“

In ihrem Fazit gibt die Kommission den Architekten und der LBK, die für die Genehmigung der Änderungen zuständig ist, auf den Weg, dass „die Anmerkungen in die weitere Bearbeitung mitgenommen werden“ sollen und dass insbesondere Veränderungen im Zusammenhang mit dem Innenhof zu „überdenken“ seien. Grundsätzlich aber stimmt die Kommission dem Vorhaben zu. Das Abschlusswort hat Robert Hösl von Herzog/de Meuron: „Wir würden jetzt sehr gern mit der Baustelle beginnen.“

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