Tiere in München:Hunderte Tauben irren in der Stadt umher

Lesezeit: 2 Min.

Der Verschlag im Hauptbahnhof wurde wegen des Umbaus der Station geschlossen. Nun wissen die Tiere nicht mehr, wohin. Neue Vogelhäuser sollen helfen.

Von Thomas Anlauf

Wer brütende Tauben auf dem Fenstersims sitzen hat, ist oft kein großer Freund der Vögel. Sie schichten dort regelrechte Kothaufen auf oder lagern auf dem Balkon. Andererseits sind sie auf das Zusammenleben mit den Menschen in der Stadt geradezu angewiesen. Sie sind seit Jahrhunderten aus München nicht wegzudenken und leben meist in friedlicher Koexistenz mit Menschen.

Das frühere Referat für Gesundheit und Umwelt hat ein Dreisäulenmodell entwickelt, um Tauben einen geschützten Lebensraum zu bieten, in dem sie Wohnungsbesitzer nicht belästigen. Der wichtigste Ansatz ist - neben einem Fütterungsverbot und einer Aufklärungskampagne - die Schaffung von Taubenhäusern oder -verschlägen nach Augsburger Vorbild. Dort werden die Tiere mit artgerechtem Futter und Wasser versorgt, die Verschläge werden regelmäßig gereinigt und der größte Teil der gelegten Eier wird durch Attrappen ausgetauscht. Die Tauben bleiben dann meist in den Häusern, weil sie keinen Grund haben, auf Plätzen und Straßen nach Nahrung zu suchen. Jetzt will das neu geschaffene Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU) eine Offensive starten, wie das friedliche Zusammenleben zwischen Menschen und Vögeln gelingen kann.

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Denn gerade nach der Schließung des Taubenhauses am Hauptbahnhof, das wegen des Umbaus der Station abgerissen wurde, irren Hunderte Tauben rund um die Arnulf- und Bayerstraße umher, viele Tauben fliegen auch kreuz und quer durch die Bahnhofshalle. Tierfreunde, die um die Tauben besorgt waren, fütterten die Vögel unkontrolliert, damit stieg die Population nach Auskunft des RKU sogar von etwa 240 auf mehr als 800 an. Mittlerweile gibt es einen Futterplatz und das neue Taubenhaus soll nun nach monatelangen Verzögerungen auf dem Haus der Gesundheits- und Klimaschutzreferate in der Bayerstraße 28a errichtet werden. "Derzeit laufen die Vorbereitungen für die Aufstellungen des Taubenhauses", so Klimaschutzreferentin Christine Kugler, die das Thema in der kommenden Ausschusssitzung an diesem Dienstag vorstellen will. Denn ein Taubenhaus für München genügt natürlich bei Weitem nicht.

Derzeit gibt es lediglich drei Taubenhäuser auf städtischem Grund: Eines auf dem Gelände der Straßenreinigung in der Gmunder Straße, ein Haus im Bereich der Großmarkthallen und eines im Olympiapark, das im vergangenen November eröffnet wurde. Weitere Taubenhäuser könnten womöglich am Neubau des Volkstheaters sowie an einer Wohnanlage der Stadtsparkasse entstehen. Insgesamt gibt es laut RKU stadtweit 19 Taubenhäuser. Doch für eine Großstadt wie München sind das viel zu wenige: In Augsburg mit seinen 300 000 Einwohnern wurden gemeinsam mit der Initiative gegen Tierversuche und Ausbeutung der Tiere (IGT) und dem örtlichen Tierschutzverein zehn betreute Taubenhäuser geschaffen, um die Population zu kontrollieren und auch langfristig zu dezimieren, ohne dass die Vögel vergrämt oder gar getötet werden müssen.

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Denn Vergrämungsmaßnahmen "stellen grundsätzlich keine Lösung von Problemen mit Stadttauben dar, sondern verlagern diese nur in die Umgebung", teilt das Klima- und Umweltschutzreferat mit, auch wenn sie nicht grundsätzlich abgelehnt werden. Die wirksamsten Methoden sind nach Ansicht der Experten wie dem Taubenfachmann Professor Daniel Haag-Wackernagel nach wie vor Netze an Gebäuden oder Vergitterungen. Die meisten anderen Methoden wie Spikes seien entweder nicht tierschutzgerecht oder hätten nur mittelmäßige oder kaum Effekte, um die Tiere von Gebäuden fernzuhalten.

Die Forderung von ÖDP/Freie Wähler, eigene städtische Taubenpfleger zu beschäftigen, hält das Referat für nicht sehr sinnvoll, da die meisten Taubenhäuser bislang von privaten Grundstückseigentümern gepflegt und betreut werden. Eine Koordinierungsstelle für das Thema Stadttauben innerhalb der Stadtverwaltung kann sich Referentin Kugler dagegen gut vorstellen. Allerdings fehlen dem Umweltreferat derzeit die finanziellen Mittel für eine derartige Stelle.

© SZ vom 18.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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