Süddeutsche Zeitung

Ausstellung:Grell-bunte Bilder aus dem Udo-Universum

Udo Lindenberg malt seit Jahren Kunstwerke. Neun Exponate sind nun im Hauptbahnhof ausgestellt. Die Wanderausstellung ist zwar etwas lieblos arrangiert, Lindenberg-Connaisseuren dürfte das aber egal sein.

Von Bernhard Blöchl

Da steht er, der kleine Udo, grinsend zwischen Strumpfboutique und Bäckerei. In einer Hand hält er ein volles Cocktailglas, in der anderen eine qualmende Zigarre. Mit einem Fuß balanciert er auf dem Hals einer giftig leuchtenden Riesenpulle Schnaps. "Phönix aus der Flasche" heißt das Bild, das Udo Lindenberg selbst gemalt hat. Es ist eines seiner Aquarelle, die er "Likörelle" nennt, weil sie auf eingefärbten Likören basieren. Lindenberg malt seit vielen Jahren Kunstwerke wie diese, immer wieder stellt er sie aus.

Neun relativ junge Exponate, entstanden während der Produktion des Unplugged-Albums "Live vom Atlantik" (2018), sind nun bis 13. Februar in der Ladenstraße im Hauptbahnhof ausgestellt. Keine Originale, sondern eigens gefertigte Schautafeln sind hier zu sehen, angereichert mit passenden Songtexten und QR-Codes für den Musikgenuss via Smartphone. "Einer muss den Job ja machen / bitte keine halben Sachen / einer lässt es richtig krachen / einer muss den Job ja machen." So steht's geschrieben neben Udo, dem Phönix.

Die Überdosis Udo, die scheint es derzeit vielerorten zu geben, in München ganz besonders. Hier im Süden der Republik, wo der junge Lindenberg einst für Klaus Doldinger trommelte und im Englischen Garten Timothy Leary las, wie er gerne erzählt, ist er in diesen Tagen und Wochen so präsent wie lange nicht. "Ich bin so gern in München, ihr Experten", frohlockte er bei der Premiere von Hermine Huntgeburths sehr gelungenem Biopic "Lindenberg! Mach dein Ding" Mitte Januar in der gut besuchten Astor-Film-Lounge im Arri.

Da zeigte sich der 73-Jährige mit Hut und Sonnenbrille bester Laune und voller Esprit. Er tänzelte auf die Bühne, herzte und drückte alle Beteiligten, er schwärmte von einem "Zaubermeisterwerk", küsste Jan Bülow auf den Mund, den Darsteller seines jungen Ichs, und machte München in einer Tour den Hof. Ein ähnliches Bild ergab sich einen Tag später bei der Gala zum Bayerischen Filmpreis im Prinzregententheater. Der Lindenberg-Film wurde ausgezeichnet, Bülow bekam vom Meister persönlich die Auszeichnung für den besten Nachwuchsdarsteller in die Hände gedrückt. Udo hier, Udo da, na klar!

Wer nun durch das Untergeschoß im Hauptbahnhof spaziert, der wird abermals von der charismatischen Rockergestalt abgelenkt. Leider ist die winzige Wanderausstellung etwas lieblos arrangiert, um nicht zu sagen: viel zu nüchtern, platziert irgendwo zwischen den Treppen zur S-Bahn und den Läden für alles Mögliche. Lindenberg-Connaisseuren dürfte das aber egal sein. Die freuen sich über die grell-bunten Bilder mit beliebten Themen aus dem Udo-Universum. "Ich mach mein Ding" steht auf einem Zeppelin, darunter eine illustre, teilweise nackte Schar an trinkfreudigen Menschen. Hier das Atlantic-Hotel, dort eine Szene mit Anker und Fischen, die ebenfalls Cocktails schlürfen; hier ein Piratenschiff, auf dem nicht nur gebechert, sondern auch musiziert wird, dort der "König von Scheißegalien". Und auf einem besonders schönen, weil ausdrucksstarken "Likörell" mit klarem Fokus und schwungvollen Linien, da steht neben dem heiter gestimmten Lindenberg geschrieben: "Es ist nie zu spät, noch einmal durchzustarten."

Dieses Credo beherzigt der 1946 im Münsterland geborene Klempnersohn seit eh und je. Immer wieder raffte sich Udo Lindenberg nach Rückschlägen auf. Er, der 2008, im Alter von 62 Jahren, zum ersten Mal an der Spitze der deutschen Charts stand, mit der Platte "Stark wie Zwei". Die wenig später folgenden MTV-Unplugged-Alben "Live aus dem Hotel Atlantic" (2011) und "Live vom Atlantik" (2018) erreichten ebenfalls Nummer-1-Status. Nachdem nun auch der gelobte Kinofilm die Popularität des Wahl-Hamburgers erhöht haben dürfte, haben alte und neue Fans in diesem Sommer die Möglichkeit, Udo Lindenberg nach 2019 (damals in der Olympiahalle) noch einmal in der Stadt live zu erleben. Nicht beim Malen, nicht beim Posieren am Roten Teppich, nicht beim Schauspielerabknutschen oder Lobesredenhalten. Sondern bei dem, was er am besten kann: beim Singen und Musizieren der unvergleichlichen Art, am 4. Juli auf dem Königsplatz.

Udo Lindenberg: Likörelle-Ausstellung, bis Do., 13. Feb., geöffnet rund um die Uhr, Hauptbahnhof München, Eintritt frei; Kinofilm Lindenberg! Mach dein Ding, läuft noch in diversen Kinos, siehe Liste; Open-Air-Konzert, Sa., 4. Juli, 20 Uhr, Königsplatz

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SZ vom 06.02.2020/baso
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