Die Zahl queerfeindlicher Übergriffe ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Nach Angaben der LGBTIQ-Fachstelle gegen Diskriminierung und Gewalt „Strong!“ wurden 2024 in der Stadt 121 Vorfälle registriert, im Vorjahr waren es 113. Dazu kommen 61 Fälle von Diskriminierung im Internet. Bayernweit wurden der Fachstelle 289 Vorfälle gemeldet. Im Vergleich zum Jahr 2022 entspricht die Zahl einem Anstieg von mehr als 80 Prozent. Vor allem seien inzwischen Trans- und Inter-Menschen betroffen, teilte die Fachstelle mit.
Die dokumentierten Vorfälle reichen laut Strong! und dem schwulen Kommunikations- und Kulturzentrum München Sub von Alltagsdiskriminierungen über Beleidigungen, Bedrohungen und Benachteiligungen bis hin zu sexueller Belästigung und schwerer Körperverletzung.
Queerfeindlichkeit sei zwar ein gesamtgesellschaftliches Problem, in Großstädten wie München treffe es queere Menschen aber häufiger, da sie dort sichtbarer und aktiver seien – und damit häufiger zur Zielscheibe würden. Gleichzeitig profitierten Betroffene in München von einem größeren Hilfsangebot als im ländlichen Raum.
Ob sich aus den Zahlen ein genereller Anstieg der Queerfeindlichkeit in der Gesellschaft ableiten lässt, sei laut den Organisationen jedoch unklar – die Statistik ist nicht repräsentativ. Eine parlamentarische Anfrage der Grünen im bayerischen Landtag ergab, dass im Jahr 2024 insgesamt 177 queerfeindlich motivierte Straftaten polizeilich angezeigt wurden – gegenüber 190 im Jahr zuvor.
Trotz aller gesellschaftlichen Fortschritte sei das Klima gegenüber queeren Menschen rauer geworden, so die Fachstelle. Viele Taten würden zudem gar nicht angezeigt – aus Angst, aus Resignation oder wegen des hohen emotionalen und zeitlichen Aufwands eines juristischen Verfahrens.
Die meisten Übergriffe ereignen sich laut der Fachstelle im öffentlichen Raum – etwa auf der Straße. Zugleich nehme die Zahl der Vorfälle im digitalen Raum zu. So gebe es unter Beiträgen in den sozialen Medien von queeren Personen oder zu queeren Themen oft Dutzende bis Hunderte diskriminierender Kommentare. Die Dunkelziffer sei hier besonders hoch.
Zunehmend ziehe sich auch die Mehrheitsgesellschaft zurück. So seien etwa Sponsoren von Christopher-Street-Day-Veranstaltungen in ganz Deutschland abgesprungen. Es brauche dringend einen Aktionsplan seitens der Staatsregierung, um queere Menschen wirksam vor Gewalt und Diskriminierung zu schützen, forderte Kai Kundrath, Geschäftsführer im queeren Zentrum Sub. Das stärke den Zusammenhalt in der Gesellschaft.
Am Samstag, 17. Mai, dem International Day Against Homo-, Bi-, Inter- and Transphobia (Idahobit), demonstrieren weltweit queere Menschen und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer für gleiche Rechte und gesellschaftliche Akzeptanz. In München beginnt um 15 Uhr eine Kundgebung am Sendlinger-Tor-Platz. Im Anschluss zieht ein Demonstrationszug über Oberanger, Viktualienmarkt, Reichenbachstraße und Gärtnerplatz bis zur Papa-Schmid-Straße.